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gelungen ist. (Linge 80)

      Ullrich, der Blaschke Zeugnis einfach weglässt, macht sich der Aussonderung von Zeugnissen, die er kennt – denn er führt Kempners Kreuzverhör in seiner Literaturliste auf (a. a. O., S. 1041) –, sonst niemals schuldig in Hitlers politischen und allgemein persönlichen Angelegenheiten. Im Gegenteil, Ullrich offeriert der Gesellschaft in diesen Zusammenhängen am laufenden Band mit seiner Hitler-Biografie neue Einsichten. Aber in Hitlers Sexual-Bezüglichem glaubt Ullrich eingreifen zu dürfen, was er ebenfalls im gesamten Komplex zu Hitlers Wesensveränderung von Hitler 1 zu Hitler 2 – genauso wie seine Vorläufer – unternommen hat, (a. a. O., S. 87 ff.) sodass es in diesem Punkt darum gehen wird, auch in Ullrich immer wieder einen aktuellen Widerpart sehen zu müssen. Ullrich schifft mit seiner Heterosexualisierung Hitlers im brakigsten Fahrwasser seines Vorgänger Werner Maser, der zu diesem Thema schon vor fast 30 Jahren von seinem Herausforderer Anton Joachimsthaler ab 1989 verschrottet wurde.

      Blaschke lieferte ein Panorama zur nicht-sexuellen Definiertheit des Braun-Hitler-Verhältnisses. Er speist die Nachwelt nicht mit einem Begriff ab wie »platonisch« (Hoffmann [1.] und Schwarz [2.]) oder informiert über Hitlers gesamtes Verhältnis zur Sexualität, die dieser gar nicht gebraucht hätte (Schroeder [3.]). Blaschke verhöhnt Hitler auch nicht mit Abschätzigkeiten wie »Neutrum« und »sexuelles Niemandsland« (Hanfstaengl [4.]), geschweige denn wird er ordinär wie Döhring (5.) mit seinen »unbefleckten Laken und Tüchern«, noch wartet Blaschke mit der Umschreibung »entsagungsvolles Leben« auf, das Eva Braun »als Bettgenossin« an Hitlers Seite geführt hätte (Linge [6.]).

      Blaschke rafft seine 14-jährigen Beobachtungen der Paarschaft Braun-Hitler. Das heißt in Blaschkes Fall, er hatte von dieser Beziehung seit deren Beginn Kenntnis. Und Blaschke war kein Zahnarzt, in dessen Sprechstunde die Patienten Braun und Hitler hingingen. Das Verhältnis zwischen Blaschke und Hitler funktionierte umgekehrt, wie sich aus dem gesamten Kempner-Blaschke-Interview ergibt. Blaschke wurde gerufen und ständig in die Privatsphäre Hitlers hereingeholt, in der er dann auch nach der Zahnbehandlung verbleiben durfte, ja sollte. Er wurde in die Höflinge eingereiht. Blaschke ist daher mit allen anderen Nahen zu vergleichen, mit den Leibdienern, Adjutanten und Sekretärinnen. In den Berghof-Komplex war für Blaschke eine Zahnstation eingebaut worden – nur zum Zwecke der Versorgung von Hitler und den Seinen. (Misch, S. 101) Blaschke übertreibt also seine Position nicht, aus der heraus er das Paar Braun-Hitler jahrelang beobachten konnte. Blaschke war bis zum Untergang 14 Jahre lang Hitlers einziger Zahnarzt, weil er angeblich Wunder an Heilungen bewirkte und sich Hitler vor Blaschke keinen Zwang antat.

      In einem solchen Zusammenhang dann 14 Jahre lang keine einzige Zuneigungs-Geste von Hitler gegenüber Eva Braun wahrgenommen zu haben bedeutet – auf Schul-Zeugnisse übertragen – die Abqualifikation mit der Note Sechs = ungenügend. Hitlers Leistung im Fach »Braun-Sex« existierte nicht.

      Zehnmal muss Blaschke auf äußere Gegebenheiten ausweichen, weil es über das Eigentliche, an dessen Charakterisierung der Interviewer Robert Kempner interessiert ist, nichts zu sagen gibt, so sehr nichts, dass es klar wird: Blaschke sagt aus seiner 14-jährigen Anschauung des Paares das Gleiche wie Berghof-Verwalter Herbert Döhring mit der Laken-Antwort: »Da war nix!«

      Blaschkes Ausweichthemen sind: Eva Braun war vernarrt in tägliches Filme-Anschauen (erstens), der Zahnarzt hat sie nach kurzer Behandlungszeit seinem Assistenten abgegeben (zweitens), dargestellte Sitzordnung bei den Essen Braun-Hitlers mit Besuchern (drittens), Eva Brauns blondiertes Haar (viertens), Braun-Hitler haben keine Kinder (fünftens), Braun hat keinen Sexappeal, wechselt gerade deshalb ihre Kleider stündlich wie ein Mannequin (sechstens), Eva Braun hat auf dem Berghof eine halböffentliche Position, deren Grund Blaschke nicht kennt (siebentens), die Beziehung Braun-Hitler ergibt sich nur aus äußeren Umständen (achtens), Hitler küsst Eva Braun die Hand, wenn er erscheint (neuntens), Blaschke mag Eva Braun nicht (zehntens).

      Blaschkes Erlebnisbericht von Hitlers einem Zwergstaat vergleichbarem Hofimperium auf dem Berghof endet mit einer Pointe, die enthüllt: Alles, was an »Landgraf« Adolf und seiner »Mätresse« Eva zu sehen war, war Show. Und dabei machte der höfisch ungebildete Möchtegern-Herzog mit dem Kuss von Eva Brauns Hand einen Fehler.

      Der Handkuss war unter aristokratischen Bedingungen eine Geste des adligen Mannes gegenüber der verheirateten Frau, mit der der Hand-küssende Mann vorgegebenermaßen kein sexuelles Verhältnis hatte und es auch nicht zu haben beabsichtigte.

      Der Handkuss hatte bei Hofe einen doppelten Show-Wert – einerseits zu zeigen, mit dieser Frau besteht nichts Genitales, sie wird mit dem Handkuss abgespeist. Andererseits werden mit dem Handkuss gleichzeitig die Rechte des befreundeten, bekannten oder fremden Mannes an dieser Frau respektiert. So galt der Handkuss subinformativ als Trostpreis für den nicht möglichen oder konventionshaft nicht gesollten Scheiden-Kuss zwischen dem Hand-küssenden Mann und dieser Ehefrau eines anderen.

      Der in höfischen Sitten unbewanderte Adolf Hitler wusste von dieser sozialen Regel der um 1900 verfließenden Herrschaftszeit des Adels nichts. Bauern, von denen Hitler beid-Eltern-seits abstammte, küssten überhaupt nicht Hand.

      Wenn Hitler seiner nicht mit ihm verheirateten angeblichen Geliebten bei einer Haus-öffentlichen Berghof-Begegnung vor den versammelten Höflingen summarisch wie allen anderen verheirateten Frauen die Hand küsste, verriet er sich mit zweierlei: Erstens: Eva Braun ist nicht wirklich seine Frau. Und geschlechtlich haben beide nichts miteinander zu tun. Zweitens: Das Gestellte und permanent künstlich Zelebrierte der Braun-Hitler-Lebensweise bricht mit den Wahrnehmungs-Werkzeugen des Doktor Blaschke in sich zusammen.

       »Wo Hitler geschlafen hat, hat nie jemand genau gewusst«

      14. ZeuginBerghof-Zimmermädchen Anna Plaim-Mittlstrasser

      Die Zeugen 11, 12 und 13 – Junge, Brandt und Blaschke – sagen mit dürren Worten oder ausführlicher, schriftstellerisch gekonnter Beobachtung: Hitlers Penis war in Richtung Eva Brauns Vagina nicht tätig. Die nächste Zeugin kommt von einer unverhofften Seite den drei Von-außen-Betrachtenden zu Hilfe. Sie begleitet das Paar Braun-Hitler beim Spaziergang und gibt eine innenarchitektonische Beschreibung der Schlafgemächer der seltsamen Wohngemeinschaft preis, woraus klar wird: Das Interior-Design und die Zeiten von dessen Nutzung enthüllen nichts Sexuelles.

      Anna Plaim-Mittlstrasser hat als 20/21-Jährige über ein Jahr lang von Mai 1941 bis Ende 1942 die Zimmer von Braun-Hitler auf dem Berghof gesäubert und hergerichtet. Sie war von ihrer angeheirateten Cousine Gretel Mittlstrasser, die Anna den Job vermittelt hatte, sofort bei ihrer Ankunft über das Verhältnis Braun-Hitler instruiert worden.

      Die Beaufsichtigerin der Zimmermädchen auf dem Berghof, genannt »Beschließerin«, Gretel Mittlstrasser, ist die 7. Ja-Sagerin, die heftigste Kontrahentin der Nein-Zeugen. Sie hat noch 2001 im deutschen und englischen Fernsehen ausgesagt, dass sie im Auftrag Eva Brauns Perioden-beeinflussende Mittel hätte besorgen müssen – immer dann, wenn Hitler auf den Berghof zurückgekommen war, woraufhin vom ehemaligen Zimmermädchen Anna bis zu Ullrich der Schluss gezogen wird: Die organisierten Schwangerschafts-verhütenden Medikamente für Braun belegten das Sich-in-Aktion-Befinden der Körper-eigenen Säfte von Penis und Vagina der umstrittenen Zusammenlebens-Kombination Eva Braun und Adolf Hitler. (HETERO, 7. Ja-Sagerin, Gretel Mittlstrasser)

      Weil diese Mitteilung, die Anna Plaim-Mittlstrasser in ihrem Buch zweimal macht, (Plaim/Kuch, S. 75, 108 f.) im Zeitalter der Antibaby-Pillen eine größtdenkbare Wirkung pro Hitler-Penis in Braun-Vagina zeitigt, sind der Aussage später eigene Kapitel in HETERO gewidmet. Hier wird zur Plastizität der 14. Nein-Sagerin diese Info der »Beschließerin« nur gestreift.

      Das Berghof-Zimmermädchen Anna hat sich in den Intimgemächern von Braun-Hitler umgeschaut und Fakten über die a-sexuellen Bedingungen des höchsten Staatspaares zu Tage befördert. Anna wollte »es« selber wissen und konnte nichts eindeutig Säfte-Bezogenes finden, was sie als alte Frau ihrem Interviewer Kurt Kuch zur Jahrtausendwende deutlich sagt und deshalb zur 14. Zeugin über die Sterilität der

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