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Herren von Schnabelewopski“, die viel Autobiographisches enthalten und zum Teil aus „Zeitmemoiren“ bestehen, mit deren Niederschrift sich Heine schon 1823 beschäftigte.]

      18. Aron Hirsch180

      Frühjahr 1819

      [Mitteilung von W. Koppel an Karpeles:] Ein gewisser Aron Hirsch, der Hausfreund bei den Großeltern Koppels war, erzählte einst in Gegenwart seines [Koppels] Vaters, daß er als Buchhalter bei Salomon Heine beauftragt ward, Harry Heine auf der Abreise von Hamburg zu begleiten resp. für sein Fortkommen von dort zu sorgen. Unterwegs im Wagen habe er ihm ins Gewissen gesprochen, daß er seine Karriere in dem Geschäft seines angesehenen und wohlhabenden Onkels so leichtsinnig verscherzt habe. Darauf habe Heine ihm auf die Schulter geklopft und gesagt: „Sie werden noch von mir hören, lieber Hirsch!“

      [Dieses Aron Hirsch, der später selbst ein vermögender Mann wurde, gedenkt Heine noch später oft in seinen Briefen an Bruder Max. – Da Onkel Salomon einsah, daß der Neffe zum Kaufmann verdorben sei, gab er ihm die Mittel, Rechtswissenschaft zu studieren. Im Herbst 1819 bezog Heine als stud. jur. die Universität Bonn.]

      19. Friedrich Steinmann164

      Herbst 1819

      Mir war nicht bekannt, als ich im Herbst 1819 nach Bonn kam, daß Heine da sei. Am Tage nach meiner Ankunft daselbst traf ich ihn am Rheinufer, wo er mit mehreren zusammenstand und Fischern im Kahne zuschaute. Da hörte ich den ersten „Witz, den er riß“, indem er seiner Umgebung zuraunte: „Seid auf eurer Hut, daß ihr nicht ins Wasser fallet! Man fängt hier Stockfische.“ Dabei reckten sich seine Mundwinkel scharf auseinander, und der alte bekannte satirische Zug spielte um seine Lippen...

      Die Mütze von brennend roter Farbe weit nach hinten auf den Kopf geschoben, der Rock – im Winter Flausch, im Sommer von gelbem Nankingzeuge, beide Hände in den Hosentaschen, mit nachlässigem Gange, stolpernd und rechts und links umherschauend – das waren die Umrisse zu Heines äußerem Bilde, wenn er über das Straßenpflaster zu Bonn schlenderte, die Mappe unter dem Arme, um ins Kollegium zu gehen, das Gesicht fein, weißer Teint, lichtbraunes Haar, ein kleines Bärtchen unter der Nase, die Gesichtsfarbe fein gerötet.

      [Dieser Bonner Studienfreund Steinmann hat sich später durch dreiste Fälschungen von Gedichten und Briefen, die er Heine unterschob, übel bekannt gemacht.]

      20. Wolfgang Menzel144

      November/Dezember 1819

      An die Stelle Haupts wurde ich... am 7. November [1819] zum Vorstand der [Bonner] Burschenschaft gewählt und nahm dieses Amt an, um den bessern Geist auf der Universität... noch solange zu nähren, als es möglich sein würde: denn ich wußte voraus, es würde nicht lange mehr dauern. Der Karlsbader Kongreß war zu Ende gegangen und seine Beschlüsse [vom 20. September 1819] drohten der patriotischen Partei gänzliche Vernichtung... Unter den vielen Jünglingen, die sich um mich drängten, gaben sich, ohne daß ich es wünschte, besonders zwei viele Mühe um mich, nämlich der kleine Jude Heinrich Heine, der einen langen dunkelgrünen Rock bis auf die Füße und eine goldene Brille trug, die ihn bei seiner fabelhaften Häßlichkeit und Aufdringlichkeit noch lächerlicher machte, weshalb man ihn unter dem Namen Brillenfuchs vielfach verspottete. Aber er war geistreich und wurde daher von uns Älteren gegen die Spötter geschützt. Der andere war Jarcke, ein protestantischer Ostpreuße, welcher einige Jahre später katholisch geworden ist und als Publizist seine Rolle in Wien gespielt hat... Dieser Jarcke hing sehr an mir und zwar aus andern Gründen, als Heine, dem es bloß darum zu tun war, sich meines Schutzes zu erfreuen, da er so viel verhöhnt wurde. Damals ahnte noch niemand, daß in diesen beiden, die man oft meine Leibfüchse nannte, das destruktive und konservative Extrem des Zeitalters auseinandertreten würde.

      21. Bonner Universitätsgericht116

      26. November 1819

      [Am 18. Okt. 1819 hatten Bonner Studenten den Jahrestag der Völkerschlacht auf dem Kreuzberg festlich begangen. Heines Landsmann und Stubengenosse Joseph Neunzig schrieb darüber einen stark übertreibenden Bericht, der in der „Düsseldorfer Zeitung“ erschien und sehr übel vermerkt wurde. Seit dem 23. März 1819, der Ermordung Kotzebues durch den Studenten Sand, standen die Universitäten unter strenger Aufsicht. Die Burschenschaften waren verboten. Zwei Professoren und elf Studenten wurden über die Kreuzbergfeier verhört.]

      Protokoll, verhandelt am Akademischen Gericht zu Bonn, den 26. November 1819. Präsentibus: Herr Professor Mittermaier, qua stellvertretender Syndikus: Oppenhoff, Universitätssekretär.

      Der vorgerufene studiosus juris Harry Heine aus Düsseldorf, neunzehn Jahre alt, seit Michaelis d. J. in Bonn, gehörig die Wahrheit zu sagen ermahnt, nach vorgängiger Erklärung, daß er auf dem Kreuzberge am 18. Oktober gewesen sei, deponiert auf die Frage:

      1 Wieviel Lebehoch wurden ausgebracht?ad. 1. „Ich erinnere mich an zwei; das erste dem verstorbenen Blücher und das zweite, wenn ich nicht irre, der deutschen Freiheit.“

      2 Wurde der Burschenschaft kein Lebehoch gebracht?ad. 2. „Nein, ich erinnere mich nicht, ein solches gehört zu haben.“

      3 Erinnern Sie sich noch an den Zusammenhang der gehaltenen Reden?ad. 3. „In der ersten Rede konnte ich keinen Zusammenhang finden, und den Zusammenhang der zweiten kann ich nicht angeben, weil ich mich nicht erinnere.“

      4 Kamen in einer der Reden die Worte vor: „Auf uns ruht eine schwere Last?“ad. 4. „Diese Worte glaube ich gehört zu haben, den Zusammenhang kann ich mir aber nicht mehr ins Gedächtnis rufen.“

      5 Geschah in einer der Reden am Schlusse die Frage, ob einer wäre, der sich dem Dienste für Vaterland usw. entziehen wolle?ad. 5. „Eine solche hervorstehende Frage erinnere ich mich nicht gehört zu haben.“

      6 Kamen die Worte vor: „Auf uns hofft und wartet das Volk, um das gedrückte Vaterland vom Drucke zu befreien?“ad. 6. „Nein, solche Worte habe ich nicht gehört.“

      7 Wissen Sie sonst nichts anzugeben?ad. 7. „Nein.“

      8 Ist Ihnen nicht bekannt, daß über das Fest in der „Düsseldorfer Zeitung“ etwas stand?ad. 8. „Ich habe davon gehört.“

      9 Von wem haben Sie das gehört?ad. 9. „In ‚vinea domini‘ [Wirtsgarten bei Bonn?] habe ich davon sprechen hören.“

      10 Können Sie keine Spur angeben, durch wen nach Düsseldorf darüber geschrieben worden ist?ad. 10. „Ich habe den stud. Neunzig an einem Briefe nach Düsseldorf schreiben gesehen, und auf die Frage, was der lange Brief enthalte, gab Neunzig ganz unbefangen die Antwort, daß er die Burschenfeier einem Freunde beschreibe.“

      11 Wissen Sie nicht den Namen des Freundes, an den er schrieb?ad. 11. „Nein.“

      12 Wissen Sie nicht, was er geschrieben hat?ad. 12. „Nein, ich habe den Brief nicht gelesen.“

      13 Haben Sie keinen Grund zu glauben, daß Neunzig den Brief absichtlich, damit er abgedruckt werde, nach Düsseldorf geschrieben hat?ad. 13. „Nein, das glaube ich nicht; Neunzig ist an sich schwatzseliger Natur.“

      14 Hat sich Neunzig nicht gegen Sie geäußert, daß ihm das Fest mißfallen habe?ad. 14. „Nein.“

      15 Wer ist denn sonst noch von Düsseldorfern hier auf der Universität?ad. 15. „Ich kenne sie nicht alle.“

      16 Wissen Sie sonst nichts anzugeben?ad. 16. „Nein.“

      22. Joseph Neunzig194

      1819/20

      [Mitteilung Neunzigs an Strodtmann:] Dem Joseph Neunzig... passierte einst das Malheur, Harry beim Spiele durch einen Steinwurf so heftig am Kopf zu verletzen, daß das Blut aus der Wunde floß... Als er später auf der Universität Bonn Harry an jenen Steinwurf erinnerte, sprach dieser mit ironischem Lächeln: „Wer weiß, wozu es gut war! Hättest du nicht die poetische Ader getroffen und mir einen offenen Kopf verschafft, so wäre ich vielleicht niemals

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