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Gespräche mit Heine. Heinrich Hubert Houben
Читать онлайн.Название Gespräche mit Heine
Год выпуска 0
isbn 9788711460887
Автор произведения Heinrich Hubert Houben
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
184. Heinrich Stieglitz12
Juli 1829
Das Ministerium des Kultus, das, um mich nicht dem Unterrichtsfache zu entziehen, bisher immer gezögert hatte, meine Anstellung bei der Königlichen Bibliothek als eine definitive zu erklären, hatte endlich... die seither monatlich zugeflossenen Diäten in einen festen Jahresgehalt verwandelt... Da nunmehr bei unsern bescheidenen Anforderungen an das äußere Leben sich ein naher Zeitpunkt feststellen ließ zu dauernder Vereinigung, so durfte um so eher die eigentlich bis zur Hochzeit gestellte Frist des Wiedersehens [mit Charlotte] abgekürzt und ein Ausflug nach Leipzig unternommen werden... So brachten denn die Osterferien... acht Tage eines reinen ungetrübten Glückes. Wie beseligend diese schöne Zeit auf mich gewirkt, davon zeugt das nach der Rückkehr... gesungene Frühlingsfest in Kaschmir, unstreitig die glänzendste und glühendste Partie der „Bilder des Orients“, an welcher auch H. Heine, der sie bei einem Besuch im Sommer 1829 im Manuskript kennenlernte, sich ganz besonders erfreute.
185. Rebekka Dirichlet geb. Mendelssohn111
Sommer 1829
[Aufzeichnung Varnhagens:] Die Professorin Dirichlet erzählte mit vielem Wohlgefallen, wie einst, im Sommer 1829, Heinrich Heine zu ihnen – der Familie Mendelssohn-Bartholdy – gegen Abend in den Garten gekommen sei, auf den Stufen des Gartensaales vor dem Hinabschreiten sich in den Anblick gleichsam verloren und ihnen, den etwas tiefer und ferner Sitzenden, mit Entzücken zugerufen habe, welche Eindrücke er empfangen, wie schön sie umgeben seien, wie leicht es ihnen da werde, liebenswürdig zu sein; die hohen Bäume, das frische Gras, die duftenden Blumen, das Blau der Luft und die Wolken, die Gruppierung des Einzelnen und den Zusammenhang des Ganzen habe er so ganz wahr und so durchaus schön bezeichnet, daß es ein herrliches Gedicht geworden, so herrlich wie irgendeines seiner geschriebenen. Dann erst sei er zu ihnen herabgeschritten und habe freundlich weitergesprochen. Leider seien die Worte, aus dem Stegreif gesagt, in die Lüfte verflogen, und niemand habe sie festgehalten, er selbst am wenigsten.
Berlin, den 15. Juni 1847. In demselben Garten.
186. Max Heine70
Ende Juli 1829?
Auf einer Reise von Berlin nach Hamburg begleitete ich meinen Bruder. Wir fuhren mit einem Lohnkutscher und konnten demnach unsere Reisestationen nach Willkür einteilen. Am zweiten Reisetage gegen Mittag fühlte sich mein Bruder sehr unwohl; wir beschlossen sofort, in der nächsten kleinen Stadt haltzumachen und zu nächtigen. „Lieber Max,“ sagte mein Bruder zu mir, „ich fühle mich sehr aufgeregt, verschreibe mir etwas.“
Ich erfüllte sofort seinen Wunsch und verschrieb eine beruhigende Arznei, die ich mit Mandelsirup versetzen ließ. Die Medizin sah demnach ganz weiß aus.
Als Heinrich den ersten Löffel eingoß, sagte er: „Zu dir habe ich volles Vertrauen; ich sehe, du bist kein Brownianer.“
Zur näheren Erklärung diene, daß mein Bruder oft braun aussehende Mixturen eingenommen hatte, die ihm sehr zuwider waren.
Bekanntlich war John Brown der Gründer des nach seinem Namen benannten Brownianismus, eines Systems, das, auf falsche Grundsätze basiert, viel Unheil in der Arzneiwissenschaft angerichtet und leider vielen Menschen das Leben gekostet hat.
187. Ferdinand Meyer147
August/September 1829
Als ich im Jahre 1829 das Seebad in Helgoland gebrauchte, lernte ich daselbst Heinrich Heine kennen, der, nach erfolglosen Versuchen im Süden, sein schon damals sehr zerrüttetes Nervensystem durch den mächtigen Wellenschlag der Nordsee wiederherzustellen hoffte. – Obgleich unsere politischen und religiösen Ansichten sich schnurstracks entgegenstanden, so fühlten wir uns dennoch sehr bald zueinander hingezogen; und da es uns nie an anderm Stoff zur Unterhaltung fehlte, so war es uns ein Leichtes, Gespräche, die auf jenes Feld führten, zu vermeiden – ich muß gestehen, daß Heines sprudelnder Witz, der an manchen komischen Gestalten, die sich zur Zeit in Helgoland aufhielten, reiche Nahrung fand, sowie seine jüngst zuvor erschienenen Reisebilder, ganz besonders aber sein Buch der Lieder, einen eigenen Zauber auf mich ausübten, so daß ich seinen Umgang jedem andern vorzog. – Daß Heine mich besonders liebgewonnen hatte, mochte wohl daher kommen, daß ich mich gleich zu Anfang unserer Bekanntschaft erboten hatte, ihm bei einem Pistolenduell mit einem Herrn N. aus Hamburg, den er durch seinen beißenden Witz beleidigt hatte, zu sekundieren. – Aus dem Duell wurde indes nichts, wir aber waren dadurch Freunde geworden.
Die Veranlassung zum Duell war folgende: Heine, der mit Herrn N. in demselben Hause wohnte, hatte diesem, der ohne Reisegepäck, nur auf kurze Zeit, nach Helgoland gekommen war, seinen Frack geliehen, um der damals gefeierten Sängerin S. aus Hamburg, die ebenfalls in Helgoland badete, einen Besuch zu machen. Vor Herrn N.s Ankunft hatte Heine der S. den Hof gemacht, sich nachher aber von ihr zurückgezogen; wogegen N. alsbald ihr eifrigster Verehrer wurde. Als die S. bei Gelegenheit, wo die Geschichte des geliehenen Fracks zur Sprache kam, darüber scherzte, daß sich die Herren einen Frack in Kompagnie hielten, antwortete Heine sehr beißend, er pflege es so zu halten, daß Herr N. das aufnehme, was er, der Heine, ablege. – Hierauf blieb nun freilich dem N. nichts anderes übrig, als Heine zu fordern. – Ich weiß nicht mehr genau, wie sich die Sache ausglich, doch ist es mir erinnerlich, daß Heine die Lacher auf seiner Seite behielt.
[Im Sommer 1830 verkehrte Heine ebenfalls in Helgoland mit zwei Sängerinnen aus Hamburg, Wilhelmine Schröder-Devrient und Fräulein Siebert; die Namen nennt sein Brief an Charlotte (Hirth, Nr. 279). Eine von beiden mag auch für den Sommer 1829 in Betracht kommen.]
188. Johann Peter Lyser195
Anfang August 1829
Von dem Eindruck..., welchen der „Oedipus“ auf Heine machte, war ich Augenzeuge. Es war an einem schönen, sonnenlichten Morgen, als Heine unbefangen und in der besten Laune in Campes Laden trat, wo ich mich schon befand. Campe hatte das Buch den Tag vorher erhalten und sich eine Szene angemerkt, wo Jammermann (Immermann) von seinem Freunde sagt: „Und seine Küsse hauchen Knoblauchsduft.“ Ich kannte das Buch noch gar nicht, wußte nichts von Heines Zerwürfnis mit Platen, hatte aber herzlich über die „verhängnisvolle Gabel“ gelacht. Das benützte Campe boshafterweise, wie es seine Art mit seinen besten Freunden ist, und ersuchte mich, Heinen die angemerkte Szene vorzulesen.
Ich las ganz unbefangen, und da ich nicht vom Buche aufblickte, konnte ich auch nicht sehen, daß Heine – wie Campe mir später sagte – erst glühendrot und dann totenbleich wurde; als ich aber an die Stelle von den Knoblauchküssen kam, riß er mir das Buch aus der Hand und stürzte wie toll aus dem Laden. Campe lachte und sagte mir jetzt, worum es sich handle, worüber ich so böse wurde, daß ich meinen Herrn Verleger beinahe in seinem eigenen Laden derb geschüttelt hätte! Ich verließ ebenfalls das Lokal, und Campe nahm sich später sehr mit mir in acht, wenn ihm die Lust ankam, wieder jemand zu ärgern.
Am Morgen des zweiten Tages kam Heine zu mir, dem Anscheine nach ganz ruhig, doch merkte ich wohl, wie es in ihm gärte. „Haben Sie das ganze Buch gelesen?“ fragte er mich.
„Nein.“
„So lesen Sie es“, er warf es auf den Tisch und ging. Ich las den „Modernen Oedipus“ [sic!] und begriff nicht recht, wie Heine über dieses plumpe und dabei herzlich matte Pasquill so außer sich hatte geraten können. Ich sagte ihm dies ganz ehrlich – aber Heine hatte dafür keine Ohren und erwiderte bloß: „Was wetten Sie, ich ärgere den Platen noch tot.“
Als ich Campe das wiedererzählte, sagte er: „Wenn Heine das gesagt hat, so hält er auch Wort, denn er haßt unversöhnlich.“ Und Heine begann schon in den nächsten Tagen die famose zweite Abteilung des dritten Reisebilderteils. Er hätte es gern gesehen, wenn Campe dazu einige Karikaturen von mir gegeben hätte,