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dem Preise aufschrieb, und da las ich einst obenan: Ein leinenes Astrolabium gewaschen, sechs Pfennige.

      Gott weiß, wie meine Wäscherin an diesen maritimen Ausdruck gekommen und in diese Kapitalverwechslung geraten ist. Ich habe herzlich lachen müssen, und heute, wo ich so plötzlich und unerwartet das mir so lächerliche Wort gehört, überfiel mich ein so krampfhaftes Lachen, daß ich beim besten Willen nicht imstande gewesen, dasselbe zu unterdrücken, und ich bitte demütig, wenn noch einer von den Herren oder Damen etwas zu erzählen hat, mich auf das Wort Astrolabium gefälligst vorzubereiten.“

      Man kann sich denken, welche allgemeine Heiterkeit dieser Erklärung gefolgt ist. Die Gräfin D. reichte aufs liebenswürdigste ihre schöne Hand dem Dichter zum Kusse dar, indem sie sagte: „Nicht mit Unrecht hat man Sie den ungezogenen Liebling der Grazien genannt.“

      159. Max Heine70

      Sommer 1828

      Als Heine sich in München aufhielt, befand sich in der königlichen Familie des bayrischen Hofes eine Prinzessin, die es sehr liebte, berühmte Namen bei sich zu sehen. Einstmals, nach Aufhebung der königlichen Tafel, nachdem bereits bei Tische viel von dem jungen, genialen Dichter gesprochen war, und eine andere Prinzessin den Wunsch äußerte, den Verfasser des Gedichtes „Ein Fichtenbaum steht einsam“ kennenzulernen, sagte die erstere: „Diesem Wunsche kann gleich Genüge geleistet werden, ich weiß, in welchem Künstlerkreise der Dichter zu finden ist“, und sofort wurde ein königlicher Kammerdiener mit dem Befehl abgesendet, Herrn Heinrich Heine zum Kaffee ins Palais der Prinzessin zu entbieten. Der Kammerdiener richtete bei Heine seinen Auftrag pünktlich aus. „Mein lieber Freund,“ sagte der Dichter, „vermelden Sie Ihrer Königlichen Hoheit meinen tiefsten Respekt, und sagen Sie gefälligst Hochderselben: daß ich gewohnt bin, da meinen Kaffee zu genießen, wo ich auch zu Mittag gegessen habe.“

      [Strodtmann (I, 707) zweifelte die Wahrheit dieser Anekdote an, da Heine keineswegs ein so „stolzer Republikaner“ gewesen sei und damals auf gute Beziehungen zum bayrischen Hof Wert gelegt habe. Das scheint mir nicht ausgemacht; die Antwort ist gut, auch keineswegs durchaus abweisend, sondern eine gute Lehre für eine eingebildete Aristokratin, die glaubte, ihrer Dinergesellschaft zum Dessert den berühmten Dichter herumreichen zu können, den in aller Form einzuladen nicht standesgemäß gewesen wäre. Auch pflegte Heine nicht erst zu überlegen, ob er sich mit einem guten oder schlechten Witz schade – im Gegenteil: das Wort mußte heraus, ohne Rücksicht auf die Folgen bei Freund oder Feind. – Von August bis November 1828 war Heine in Italien.]

      160. Leopold Ranke178

      November 1828

      [Ranke an Varnhagen, Venedig, Dezember 1828:] Heine war hier und hat mir die schönsten Grüße aufgetragen. Eine sonderbare Begierde, jemand, von dem ihm Nachrichten fehlten, in München zu suchen (ich glaube einen Bruder), hat ihn aus seiner florentinischen Freude gerissen. Er ist Ihnen beiden ungemein ergeben. Ein Mensch, mit dem ich wohl glaubte, angenehm leben zu können: gewiß, ich wünschte mir seine Gesellschaft öfter und länger: er hat Geist, ist ohne Anspruch und hat doch eigenes Wesen. Arnim läßt er zu meiner Genugtuung Gerechtigkeit widerfahren. Mit einem Worte, ich habe mich an ihm gefreut.

      [Der, von dem Heine Nachricht erwartete, war sein Vater, der am 2. Dezember 1828 starb. Die Todesnachricht erreichte ihn auf der Rückreise, in Würzburg; er eilte sogleich nach Hamburg. Dorthin waren die Eltern im Sommer 1828 übergesiedelt. Gustav hatte hier ein Speditions- und Produktengeschäft, das aber schon im Sommer 1829 liquidieren mußte.]

      161. Max Heine70

      1828

      Zu den Bekannten Heines in Hamburg gehörte auch ein junger Kaufmann, der vielerlei Geschäfte angefangen hatte und doch nie auf einen grünen Zweig kommen konnte. Endlich geriet dieser Kaufmann auf die Idee, einen Ölhandel zu beginnen, nachdem so viele seiner kommerziellen Unternehmungen bereits mißglückt waren.

      Als Heine dies gehört hatte, rief er seufzend aus: „Armer N., das ist deine letzte Ölung!“, und richtig, die Prophezeiung ging alsbald in Erfüllung. Der junge Kaufmann wurde auch in diesem seinem letzten Geschäfte bankrott, verließ den Handelsstand und schlug einen ihm mehr zusagenden Lebensweg ein.

      [Dieser „Bekannte“ ist Gustav Heine; in späteren Briefen an Max pflegte Heine den älteren Bruder oft den „Ölhändler“ zu nennen, so am 12. Juni, 12. und 25. August 1852.]

      162. Max Heine70

      1828?

      Wir trafen einst in Hamburg in einer Zeit zusammen, in welcher ein naher Todesfall viel Betrübnis hervorgebracht hatte. „Du wirst sehen,“ sagte Heinrich zu mir, „wie Herr--- an seinem ganzen Körper kein Plätzchen ohne große Trauerzeichen freigelassen hat.“

      Als wir den Herrn besuchten und in seinem Schlafkabinett antrafen, wären wir bei dieser Kondolenzvisite beinahe in ein wahnsinniges Gelächter ausgebrochen; der ganze Mann war in Schwarz eingewickelt, und die weiße Nachtmütze schwarz eingerahmt, am Zipfel mit einem schwarzen Bändchen versehen. Heinrich machte das ernsteste Gesicht von der Welt, warf mir einen vielsagenden Blick zu, so daß ich nichts Eiligeres zu tun hatte, als auszurufen: „Wieder mein Nasenbluten!“ um mit dem Tuche vor dem Gesicht aus dem Zimmer zu rennen.

      [Max Heine ging Herbst 1829 als Arzt in die Türkei; er hat seinen Bruder erst 1852 wiedergesehen.]

      163. Max Heine70

      1828?

      Die das Nervensystem so erschütternden, haarsträubenden Kriminal-Geister-Mord-Romane von [Laurids] Kruse wurden eine Zeitlang in Deutschland außerordentlich gelesen, besonders vom schönen Geschlechte. Sie waren auch eine Lieblingslektüre meiner Schwester. Kruse, der in Altona lebte, war zur Zeit mit dem in Hamburg sich aufhaltenden Heinrich Heine recht befreundet. Als Heinrich einst mit unserer Schwester Charlotte an der Alster spazierte, begegnete ihm Herr Kruse. Er stellte ihm seine Schwester vor als eine seiner eifrigsten Leserinnen, fügte aber hinzu: „Meine Schwester ist nicht ganz zufrieden mit Ihnen, Sie müssen noch viel schauervoller schreiben.“ Herr Kruse war so verlegen, daß er kein Wort hervorbrachte, während Heinrich laut lachend davonging.

      164. Max Heine70

      1828?

      Wir hatten einen gemeinschaftlichen Freund, der, ein großer Poltron, einen enorm großen, langen, schwarzen Backenbart trug.

      Heine sagte: „Wenn ich diesem Backenbarte allein in einem Walde begegnete, ich würde mich fürchterlich ängstigen. Sieht man, Gottlob, dies Gesicht dabei, so ist gleich alle Furcht vorbei.“

      [Einen ähnlichen Scherz über den „ungeheuer großen Schnurrbart“ eines gemeinsamen Bekannten, namens Goldschmidt, den Heine in Paris getroffen, enthält der Brief an Max Heine vom 21. April 1834.]

      165. Julis Campe83

      Februar 1829

      [Campe an Karl Immermann, Hamburg, 16. Februar:] Heine hat mich in dieser Zeit oft besucht und Ihrer fleißig gedacht. Heute bat ich ihn um einige Zeilen für Sie; er kann nicht. Er trug mir viel Herzliches auf, das ich nicht wiederholen kann. Aber auch, daß Platen eine Parodie auf Sie geschrieben, „Oedipus“ betitelt, worin auch er vorkomme, Cotta hat sie zum Druck und Heine scheint dagegen gearbeitet zu haben. Genug, H. sagt, wenn P. damit hervortrete, so würde er ihn verarbeiten, daß das Gräflein seiner schmerzlich gedenken sollte. In Specia, zwischen Carara und Genua, sei er vor seinem Hause vorbeigekommen; er, Heine, habe ihn nicht besucht. Ich fragte, was P. dort mache? „Er fräße Apfelsinen und triebe viele Sodomitereien.“ Hier ist Platens Geliebter! Ich hielt es für griechische Nachbildungen, und stoße auf solchen Schmutz...

      Heine habe ich so weit, daß er nun ernstlich zum Arbeiten gehen will; aber wo, wo kann er arbeiten? Überall will es nicht passen.

      Ich schlug

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