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vor, der ist mir wichtiger als alle Geschenke dieser Welt.«

      Das verschlug ihm für einen Augenblick die Sprache.

      »Was soll ich dazu sagen?«, meinte er schließlich. »Ich glaub, darauf muss ich mir was einbilden, oder?«

      »Ja, kannst du. Du bist mir das Allerwichtigste. Für dich gäbe ich alles her …, sogar den Fahrenbach-Hof.«

      Wieder konnte er nichts sagen.

      »Tini, ich …«

      »Tom, es stimmt. Ich weiß gar nicht, was los ist. Aber ich habe das Gefühl, dass ich dir andauernd sagen muss wie sehr ich dich liebe, was du mir bedeutest. Kann eine so kurze Trennung einen solchen Gefühlsausbruch auslösen? Ich bin verrückt vor lauter Sehnsucht und Liebe und habe das Gefühl, es dir an einem Streifen sagen zu müssen, geradezu so, als würde ich etwas verpassen.«

      »Mir geht es ähnlich«, gab Thomas zu, »ganz offensichtlich sind wir so fest miteinander verbandelt, dass wir ohne einander nicht sein können. Lass es uns eine Lehre sein, allein nichts mehr zu unternehmen. Es macht wirklich keinen Spaß, ohne dich hier zu sein, und, ehrlich mal, Tini, ich bedaure es, auf dich und Leni gehört zu haben. Ich hätte bei meinem Nein bleiben sollen und die ganze Reise absagen. Nancy hätte es verstanden. Aber, was hilft’s, ich bin hier und fiebere dem Augenblick entgegen, dass ich den Rückflug antreten kann.«

      »Und ich fiebere dem Moment entgegen, dich wieder bei mir zu haben.«

      Bettina hörte Geräusche, die Haustür wurde geöffnet, Leni kam wenig später ins Zimmer, beladen mit einem Tablett.

      »Leni ist gerade gekommen«, sagte Bettina, »um mich zu versorgen. Du siehst, du kannst ganz beruhigt sein. Es fehlt mir an überhaupt nichts.«

      »Das beruhigt mich, sag ihr, dass ich auch für sie etwas entdeckt habe, was sie sehr erfreuen wird.«

      »Natürlich wirst du mir das auch nicht verraten«, bemerkte Bettina und hatte damit den Nagel auf den Kopf getroffen, denn seine Reaktion war ein Nein, dem er hinzufügte: »Du würdest es ja doch ausplaudern, und dann wäre es keine Überraschung mehr, mein Herz … Ich melde mich später noch mal, ehe das ganze Spektakel losgeht, okay?«

      »Einverstanden«, rief sie, »ich freue mich darauf.«

      Dann war das Gespräch beendet und sie konnte sich Leni zuwenden, die kopfschüttelnd das Tablett abgestellt hatte.

      »Ich glaube es nicht, schon wieder Thomas«, sagte sie, »das kann doch nicht wahr sein. Ihr seid doch erst ein paar Stündchen getrennt. In dieser kurzen Zeit kann ja überhaupt nicht so viel geschehen sein, um andauernd miteinander zu telefonieren. Was habt ihr euch denn so Wichtiges zu sagen?«

      Bettina schielte auf den Teller. Leni hatte ihr einen köstlichen Salat zubereitet mit leckeren Putenstreifen oben drauf. Genau so, wie sie es gern mochte. Und genau das, worauf sie im Augenblick Lust hatte.

      »Wir haben uns das Wichtigste zu sagen, was Menschen sich überhaupt sagen können«, antwortete sie und wandte sich wieder Leni zu, »nämlich, dass wir uns lieben, dass wir uns vermissen und niemals mehr ohne einander verreisen werden.«

      Lachend winkte Leni ab.

      »Das seht ihr im Moment so. Aber warte mal ab, wenn die Werbewochen erst mal vorbei sind, da werdet ihr froh sein, trotz aller Liebe, einfach mal Zeit für euch allein zu haben.«

      Entschieden schüttelte Bettina den Kopf. »Das wird niemals eintreten«, sagte sie im Brustton der Überzeugung.

      »Warten wir’s ab«, entgegnete Leni, »wenngleich ich allerdings zugeben muss, dass du und Thomas … Na ja, vielleicht wird es bei euch die Werbewochen überdauern.«

      »Ganz gewiss«, war Bettinas Antwort.

      Leni stellte ihr den Teller zurecht, legte das Besteck beiseite und brachte Bettina etwas zu trinken.

      »Wie geht es dir jetzt?«, wollte sie wissen, nachdem sie sich ebenfalls an den Tisch gesetzt hatte.

      »Besser«, sagte Bettina, »allerdings weiß ich nicht, ob das so bleiben wird, wenn die Wirkung der Schmerzmittel nachlässt. Aber ich bin ja auch eine ganz brave Patientin, die sich an alle Anweisungen des Doktors hält. Vielleicht kann ich ja doch an meinem Hochzeitstag die wunderschönen neuen Schuhe anziehen, wenigstens für den Gang in die Kapelle.«

      Leni winkte ab.

      »Bettina, vergiss es, es geschehen über Nacht in einem solchen Fall keine Wunder. Du hast eine arge Bänderzerrung, und bis das ausgeheilt ist, dauert es seine Zeit. Wenn du so eitel bist und leichtfüßig zum Standesamt und in die Kapelle gehen willst, dann musst du eben die Hochzeit verschieben.«

      Voller Entsetzen blickte Bettina die getreue Seele an. Das konnte Leni doch jetzt nicht wirklich ernst gemeint haben, oder?

      »Leni, die Hochzeit verschieben? Niemals im Leben, das ist unfreiwillig bereits zweimal geschehen. Ein drittes Mal? Nein, und wenn ich auf allen Vieren in die Kapelle krauchen müsste. Ich möchte endlich Frau Sibelius werden, möchte endlich mit Thomas verheiratet sein. Also werde ich mich wohl oder übel an den Gedanken gewöhnen müssen, humpelnd vor den Traualtar zu treten. Ein Glück ist ja, dass man auf den Hochzeitsfotos von dem Handicap nichts sehen wird.«

      »Und selbst wenn es so wäre, dann wäre das kein Beinbruch, wie bereits gesagt. Sei froh, dass alles so glimpflich ausgegangen ist. Du hättest so unglücklich stürzen können, dass du dir das Genick hättest brechen können.«

      »O Gott, Leni, jetzt fährst du aber starke Geschütze auf. Du liest eindeutig zu viele von den Horrorgeschichten in deinen bunten Blättchen.«

      »Es handelt sich dabei nicht um Horrorgeschichten, sondern um Tatsachen«, widersprach Leni.

      »Klar, Tatsachen, die der Feder irgendwelcher Journalisten entsprungen sind, damit die Auflagen der Zeitungen gesteigert werden. Jetzt mal ehrlich, Leni, so viele Unfälle kann es gar nicht geben, wie sie in diesen Blättern andauernd in epischer Breite beschrieben werden.«

      »Denk ich aber doch, das Leben ist kein schillernd bunter Traum, und denk doch bloß mal daran, was in unserer unmittelbaren Umgebung in kürzester Zeit schon geschehen ist. Und das betrifft nur Fahrenbach …, es gibt viele andere Orte auf der Welt. Also, rechne jetzt mal hoch …«

      »Leni, bitte erspar mir das, dazu habe ich keine Lust, weil es nämlich überhaupt nicht wichtig ist … Lass uns mal über ein Drama reden, das sich hier auf dem Hof abgespielt hat, bei dem es allerdings nur um den Verlust von Geld und einem Status geht. Ist die Frau Lummerich heute abgereist wie von ihrem Noch-Ehemann verlangt?«

      Leni nickte.

      »Ja, ist sie, sie hatte ja keine andere Wahl, denn wenn sie der Aufforderung des Anwalts nicht gefolgt wäre, hätte sie gar nichts bekommen. Ja, ja, so tief kann man fallen, wenn man jemanden hintergeht, wenn man nicht ehrlich ist und sich nur wegen eines schönen Lebens mit einem älteren Mann zusammentut.«

      »Der Altersunterschied ist ja nicht der Grund der Trennung«,

      sagte Bettina, »sondern ihre Dusseligkeit, weil sie vergessen hat, die Anti-Babypille wieder wegzupacken, sonst wäre es mit den Beiden ja noch ewig weiter gegangen. Sie hätte ihm weiter etwas vorgespielt, und er wäre weiter fast daran verzweifelt, kein Vater zu werden.«

      »Na ja, das können wir abhaken, aber ich glaube, ein neues Drama bahnt sich an.«

      »Ein neues Drama? Wie kommst du denn darauf, Leni?« Leni konnte sich nämlich manchmal in etwas hineinsteigern, und da bekam ihre Fantasie Flügel.

      »Nun, vor ein paar Tagen ist doch dieses nette Ehepaar Holzner angekommen.«

      Bettina zuckte die Achseln.

      »Kann sein, bewusst weiß ich nicht, worum es sich da handelt, es kommen, zum Glück muss man sagen, so viele Gäste, die lerne ich nicht alle kennen … Also, was ist mit dem netten Ehepaar Holzner? Belügen und betrügen die sich auch?«

      »Nein, die gehen

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