Скачать книгу

heute mit mir reden wollten.«

      Dann erzählte sie ihr von den Anrufern und war sich nicht sicher, ob sie das alles bewusst wahrgenommen hatte, denn, wie konnte es auch anders sein, war sie bei der Erwähnung der Namen Niels und Holger wie elektrisiert gewesen. Und ganz besonders die Erwähnung des Namens Merit, die in einem Prinzessinnenkleid bei der Hochzeit dabei sein würde, hatte sie zum Schmelzen gebracht. Leni liebte Niels auch, aber Merit war von Anfang an ihr Superstar gewesen. Und Bettina war sich sicher, dass Leni da ganz gehörig kompensiert hatte. Sie hatte ihr Kind nach der Geburt zur Adoption freigeben müssen, weil es anders nicht gegangen war, und diesem Kind hatte sie ihr Leben lang nachgetrauert. Dank Bettina war es ja mit sehr viel Glück möglich gewesen, Yvonne ausfindig zu machen, und danach hatte Yvonne sich lange geweigert, ihre leibliche Mutter zu sehen, sie zu akzeptieren. Eigentlich war das nur geschehen, weil sie es vor dessen Tod ihrem geliebten Adoptivvater versprochen hatte.

      Nun war Yvonne in Lenis Leben, aber Merit war noch immer in ihrem Herzen. Und so brauchte Bettina auch überhaupt nichts mehr zu sagen, denn für die nächsten fünf Minuten schwärmte Leni nur von der Kleinen, was für ein wunderbares Kind sie doch war.

      Erst als Leni anfing über Grit herzuziehen, ergriff Bettina wieder das Wort.

      Nicht, um ihre Schwester in Schutz zu nehmen. Nein, sie würde alles, was Leni da zu sagen hatte, blind unterschreiben. Sie hatte einfach nur keine Lust darauf, sich ihre gute Laune verderben zu lassen. Und das sagte sie Leni auch.

      »Hast ja recht, Kind«, sagte die sofort. »Es bringt eh nichts, deine Schwester muss erst durch Schaden klug werden. Sie hat alles falsch gemacht, und das verlorene Vertrauen ihrer Kinder bekommt sie nicht wieder zurück. Die haben sich von ihrer Mutter abgewandt, schade, schade für alle Beteiligten … Aber nun zu dir. Hast du auch die richtigen Sachen eingepackt? In London soll es ja andauernd regnen.«

      Diese Bemerkung brachte Bettina zum Lachen.

      Wieder so ein typisches Vorurteil.

      »Leni, es ist richtig, dass es dort mehr regnet als an anderen Orten, aber ich habe dort auch schon wundervolle, sonnige Tage erlebt. Wenn es dich beruhigt …, der Wetterbericht sagt gutes Wetter voraus. Doch selbst wenn es nicht so wäre. Wir haben nicht viel Zeit. Morgen früh geht unser Flieger, ehe wir dann im Hotel sind, ist es fast schon Mittag … Wir werden ein wenig herumlaufen, schoppen, und dann ist es auch schon Zeit, uns für den feierlichen Moment umzukleiden. Wir werden Nancy eine Stunde vor dem offiziellen Beginn treffen, und darauf freue ich mich schon sehr. Auch auf die Verleihung und das anschließende große Bankett, da ist wirklich alles vertreten, was in der Meeresbiologie Rang und Namen hat. Dazu natürlich, um das Bild bunter zu machen, Größen aus Wirtschaft und Kunst …, alle Wichtigs sind halt eingeladen. Und Thomas und ich mittendrin. Ist das nicht aufregend? Wahrscheinlich werden wir unter all den geladenen Gästen die unbedeutendsten sein.«

      Davon wollte Leni nun aber überhaupt nichts wissen.

      »Wie kannst du so etwas sagen«, widersprach sie sofort ganz energisch. »Du bist eine Fahrenbach, das waren immer wichtige Leute, ein Ort wurde sogar nach ihnen benannt. Wer kann das schon von sich behaupten.«

      »Leni, gewöhne dich daran, dass ich nur noch wenige Tage eine Fahrenbach sein werde. Danach bis ans Ende meiner Tage eine Sibelius.«

      »Ja, ja, ist schon gut, das weiß ich«, entgegnete Leni, sagte dazu aber nichts mehr. Einmal hatte sie versucht, Bettina zu überreden, ihren Namen zu behalten, danach niemals mehr, weil sie deren konsequentes Nein nicht vergessen würde.

      »Also«, fuhr sie fort, »ich wünsche dir und Thomas einen schönen Aufenthalt in London. Macht es euch nett, und du halte mal Ausschau, ob besonders Prominente unter den Geladenen sind, ich meine solche, die man aus den Gazetten kennt. Wer überreicht eigentlich diesen Preis? Die Königin?«

      »Nein, die ganz bestimmt nicht, aber jemand aus dem Königshaus könnte es durchaus sein. Vielleicht sogar einer von den beiden jungen Prinzen, die nehmen ja immer öfter öffentliche Termine wahr.«

      Dann aber beeilte Bettina sich, das Thema sofort zu wechseln. Sie kannte Leni und deren Vorliebe für ›Königs‹. Davon konnte sie nicht genug bekommen. Und wenn sie erst einmal anfing, sich darüber auszulassen, konnte es dauern. Und darauf hatte Bettina jetzt wirklich keine Lust.

      »Leni, ich muss jetzt aufhören, sonst gibt mein Tom noch eine Vermisstenmeldung nach mir auf. Er ist vor einer ganzen Weile schon geflohen, als das Telefon anfing zu klingeln. Eigentlich hatten wir einen gemütlichen Abend zu zweit geplant, um uns auf England einzustimmen, aber das ist gründlich in die Hose gegangen, nein«, korrigierte sie sich sofort, »das kann man so auch nicht sagen, ich habe mich ja über all meine Anrufer gefreut. Ab sofort gehe ich aber nicht mehr an den Apparat, wer jetzt noch anruft, soll mir gefälligst was auf den AB sprechen … Also, meine Gute, das gilt auch für dich. Schluss jetzt …, ich hab’ dich lieb, und grüß den Arno von mir, deinen Goldschatz.«

      »Guten Flug, mein Kind«, antwortete Leni, »und macht es euch schön. Hier läuft alles in den richtigen Bahnen, du musst also an gar nichts denken, sondern einfach nur genießen.«

      Sie wechselten noch ein paar Worte miteinander, dann legte Bettina ihr Telefon auf die Station zurück, und dort würde es auch bis zu ihrer Rückkehr bleiben. Dann machte sie sich auf die Suche nach Tom …

      *

      Es war verrückt, es war doch nur eine Nacht, die sie wegbleiben würden, dennoch war Bettina total aufgeregt. An diesem großen Bankett konnte es nicht liegen, an derartigen Veranstaltungen hatte sie bereits mehrfach an der Seite ihres Vaters teilgenommen, und auch wegen Nancy war sie nicht in heller Aufregung, auf die freute sie sich ja.

      Nein, es lag wohl eher daran, dass sie sich auf diesen kurzen Trip an der Seite von Tom freute.

      Seit sie wieder zusammen waren hatten sie zwar eine ganze Menge unternommen, aber keine gemeinsame Reise gemacht.

      Eigentlich hatte es so etwas, wo sie zusammen gefahren und zusammen angekommen waren, kaum gegeben.

      Aber das würde sich jetzt alles ändern. Das Leben lag vor ihnen, und nach diesem Londonausflug würden sie auf Hochzeitsreise gehen, und danach …

      Sie hatten keine Eile, danach würden sie viele gemeinsame Reisen unternehmen, zuerst allein, dann mit ihrem ersten Kind, dann mit zwei Kindern, dann mit dreien, dann …

      »He, mein Schatz, wo bist du mit deinen Gedanken?«, erkundigte er sich. »Ich habe dich jetzt bereits zweimal etwas gefragt ohne eine Antwort zu bekommen.«

      Bettina kam in die Wirklichkeit zurück.

      »Entschuldige, ich war wirklich weit weg. Zuerst dachte ich an unsere kurze Englandreise, dann die Hochzeitsreise und dann an all die Reisen, die wir künftighin miteinander unternehmen werden, erst nur wir zwei, dann Familienurlaube mit unseren Kindern.«

      »Oh, mein Herz, da rast du aber mit Riesenschritten der Zeit voraus. Aber ja, so wird es kommen, und darauf freue ich mich ebenso wie du. Wir zwei mit einer Riesen-Kinderschar.«

      »Was höre ich da?«, erkundigte sie sich mit scheinbarem Entsetzen in der Stimme. »Riesige Kinderschar? Davon war niemals die Rede. Bislang sprachen wir über drei, vier Kinder. Habe ich da was verpasst?«

      »Nein, Tini-Herz, hast du nicht. Aber für die meisten Leute sind drei, vier Kinder schon eine riesige Kinderschar, für manche Menschen ist man dann sogar schon asozial.«

      »Das sind Leute, die nicht wissen, was sie da verpassen, als erstes werden wir auf jeden Fall einen Sohn haben«, sagte sie.

      Er schenkte ihr noch etwas Kaffee ein.

      »Versteif dich nicht darauf, ist doch egal, was es wird, Hauptsache gesund, und im übrigen müssen wir darüber nun wirklich noch nicht reden. So weit ist es noch lange nicht, wenngleich ich zugeben muss, dass es verlockend sein muss, so eine kleine, süße Bettina in Miniaturausgabe in den Armen halten zu dürfen.«

      »Das mit dem Mädchen sagst du jetzt nur, um mich zu ärgern. Tief in deinem Inneren wünschst du dir einen Sohn. Das wollen alle

Скачать книгу