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nicht. Eine solche Konstellation ist nicht gut, Träume haben keinen Bestand, nur die Realität zählt, und die hatten wir leider ausgeschaltet.«

      »Sei froh, daß ihr losgelöst vom Alltag einander wiederentdecken konntet«, und das sagte ausgerechnet Linde, die Realistische, Praktische, »Ihr mußtet doch erst mal sehen, ob eure Gefühle füreinander noch stimmen, und das tun sie ja wohl. Das, was früher war, werdet ihr noch früh genug voneinander erfahren.«

      Sie drehte sich zu der Verkäuferin um, die diskret im Hintergrund gewartet hatte. »Meine Freundin nimmt die Hose, vielleicht haben Sie dazu passend T-Shirts in schwarz, dem zu den Rosen passenden rot und grün, und wenn möglich mit einem Ausschnitt, der ruhig etwas größer sein kann.«

      »Sofort«, beeilte sich die Verkäuferin zu sagen.

      »Und ich hätte auch passende Oberteile zu dem Rock zur Auswahl, ich bin da flexibel, aber eines kann ruhig… sexy sein.«

      Sie blinzelte Bettina zu.

      »Ich glaube, wir können nach diesem Einkauf hier unsere Shopping-Tour beenden. Wir gehen dann zum Kaffeetrinken ins Parkhotel. Ich lad dich ein.«

      »Ins Parkhotel?«

      »Ja, das ist sonst auch nicht mein Fall. Aber sie haben hinten heraus eine wunderbare Terrasse mit Blick auf den See, und der Kuchen da, insbesondere der Nußkuchen, ist einsame Spitzenklasse.«

      Die Verkäuferin kam zurück, auf dem Arm mehrere Sachen. Die entsprechenden T-Shirts für Bettina, ein Shirt, eine Bluse, einen leichten Pulli und ein Top für Linde.

      Also verschwanden die beiden jungen Frauen wieder in ihren Umkleidekabinen.

      Und wenig später zogen sie zufrieden mit ihrer Ausbeute, die sie rasch noch im Kofferraum ihres Autos verstauten, von dannen.

      »Ich habe auf einen Schlag für Klamotten noch nie so viel Geld ausgegeben«, sagte Linde, »ich muß verrückt geworden sein.«

      »Aber die Sachen sind totchic, du siehst hinreißend aus, und Martin werden die Augen aus dem Kopf fallen.«

      Linde schlug den Kofferraumdeckel zu.

      »Besser nicht, sonst kann er mich ja nicht sehen.«

      *

      Die Terrasse des Parkhotels war bereits sehr gut besucht, wahrscheinlich wegen des wirklich schönen Blicks auf den See, auf dem richtig Betrieb war.

      Noch während Linde sich suchend umblickte, stand unmittelbar an der Brüstung, die die Terrasse zum Park und dem Seeufer hin abgrenzte, ein älteres Ehepaar auf.

      Rasch zog Bettina ihre Freundin an den Tisch, besser konnte man nicht sitzen.

      Während Linde bereits wußte, was sie wollte – nämlich ein Kännchen Kaffee und den berühmten Nußkuchen, studierte Bettina, die sich für Tee entschieden hatte, das reichhaltige Angebot an den unterschiedlichsten Teesorten.

      Linde griff derweil nach der Weinkarte, um sie zu studieren.

      »He, sieh dir das bloß mal an, ein großes Chateau Dorleac Weinangebot«, rief sie überrascht. »Das ist ja unglaublich«, sie begann zu zählen. »Sieben Weine von Chateau Dorlac.«

      »Aber nicht mehr lange«, sagte der Kellner, der unbemerkt an den Tisch getreten war.

      »Was heißt das… nicht mehr lange?« erkundigte Bettina sich alarmiert.

      »Wir werden die Weine aus dem Angebot nehmen.«

      »Aber sie sind doch gut.«

      »Oh, sie sind sogar sehr gut«, erwiderte der Kellner. »Ganz ausgezeichnete Weine.«

      Irritiert blickte Bettina den Mann an.

      »Ich verstehe nicht, warum Sie die Weine dann von Ihrer Karte nehmen wollen.«

      »Weil der Lieferant sehr unzuverlässig ist. Wir können keine Weine auf der Karte haben, die wir nicht servieren können. Früher war das anders, aber jetzt scheint offensichtlich das Management gewechselt zu haben. Schade für den Wein, aber wir sind unseren Gästen gegenüber verpflichtet.

      Er schaute Linde und Bettina an.

      »Möchten Sie einen Wein trinken?« erkundigte er sich. »Ich kann Ihnen ganz besonders den…«

      Ehe er seine Empfehlung aussprechen konnte, winkte Linde ab.

      »Nein, nein danke, für Alkohol ist es ein bißchen zu früh. Ich hätte gern den Nußkuchen und ein Kännchen Kaffee, nein, warten Sie, keinen normalen Kaffee, ich nehme zu dem Kuchen einen großen caffe-latte.«

      Der Kellner notierte, machte sich Notizen, ehe er sich Bettina zuwandte. Die war von dem, was sie gerade gehört hatte, vollkommen durcheinander.

      »Und Sie meine Dame?«

      »Äh, ich… ich nehme auch ein Nußkuchen, und dazu hätte ich gern einen grünen Tee… ich nehme den chinesischen Chun Mee.«

      »Sie wissen, daß dieser Tee sehr herb im Geschmack ist?« sagte der Kellner.

      Bettina nickte.

      »Ja, ich weiß. Er ist aber auch sehr frisch und sehr aromatisch.«

      »Das ist richtig«, bestätigte der Kellner. »Was hätten Sie gern? Eine Tasse oder ein Kännchen?«

      »Ich nehme ein Kännchen.«

      Nachdem der Kellner gegangen war, blickte sie ihre Freundin an, die die Weinkarte wieder an ihren Platz gelegt hatte.

      »Hast du das gehört?« rief Bettina.

      »Du mußt halt deinen Bruder Jörg anrufen und ihn auf diese Mißstände aufmerksam machen, und er muß sehen, wie er das wieder gerade biegt.«

      Bettina schüttelte den Kopf.

      »Das ist nicht Jörgs Schuld. Vom Chateau aus werden nur Großkunden beliefert und Kunden in Frankreich und im Ausland. Der deutsche Markt wird vom Weinkontor aus bearbeitet, dafür ist Frieder zuständig.«

      »Dann mußt du halt Frieder anrufen. In der heutigen Zeit ist jeder froh um jeden Kunden, jeden Gast, auch dein Bruder kann es sich nicht erlauben, Kunden zu verlieren, und wenn die hier so viele Weine von euch im Angebot haben, werden es auch ganz ordentliche Abnehmer sein.«

      Bettina nickte.

      »Sogar sehr gute Abnehmer, mein Vater kennt den Besitzer… nein, kannte den Besitzer… wenn mein Vater wüßte, was mit seiner Firma passiert… was mit allem geschieht…«

      »Reg dich deswegen nicht so auf, Bettina. Du bist nicht verantwortlich für deine Geschwister. Ruf Frieder an und blas ihm den Marsch, bei den Weinen ist nicht nur er betroffen, sondern auch dein Bruder Jörg, denn wenn dieser Kunde hier wegfällt, hat auch Jörg wenige Umsatz. Du mußt Frieder klarmachen, daß er auch seinen Bruder schädigt.«

      »Wenn er denn auf mich hört, ich komme mir schon vor wie eine Gouvernante, die mit ewig erhobenem Zeigefinger Ermahnungen gibt. Dabei hört doch keiner auf mich.«

      »Dann kannst du es auch nicht ändern. Du bist nicht deine Geschwister und hast auch nicht den Auftrag, auf sie aufzupassen. Es gibt eine sehr treffende Indianische Weisheit: Jeder kann nur in seinen eigenen Schuhen stehen.«

      Der Kellner kam, servierte Kuchen, Kaffee und Tee.

      »Und jetzt reden wir nicht mehr über deine Geschwister«, bestimmte Linde und schob sich ein großes Stück des wirklich ausgezeichneten Kuchens in den Mund.

      »Linde«, begann Bettina ganz vorsichtig, nachdem auch sie von dem Kuchen gekostet hatte. »Vielleicht ist das jetzt nicht der richtige Augenblick, aber ich muß mit dir nochmals über den Hof reden. Jetzt, wo der Alltag mich wieder hat, sind natürlich auch alle Sorgen zurückgekommen. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Dein Gedanke mit dem Reitstalll war gut, aber ich kann das im Augenblick noch nicht finanzieren, und an den Appartements werkeln wir so herum, das alles ist doch nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Ich komme

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