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Hektor direkt neben ihr saß.

      »Er mag mich«, sagte sie ganz glücklich. Bettina wollte ihr die Illusion nicht rauben und ihr sagen, daß Hektor immer in der Nähe desjenigen war, von dem er sich Leckereien erhoffte.

      »Ja, er mag dich, meine Kleine«, sagte sie, »du kannst ja nach dem Essen draußen mit ihm spielen.«

      Merit schüttelte den Kopf.

      »Das geht nicht, Tante Bettina, nach dem Essen müssen die Leni und ich Waffeln backen, für heute nachmittag.«

      »Das ist natürlich sehr wichtig, Merit«, lachte Bettina, dann wandte sie sich an ihre Schwester. »Wir können fahren, aber wir nehmen mein Auto, Grit, das ist kleiner, und mit dem finden wir leichter einen Parkplatz.«

      Das ließ Grit sich nicht zweimal sagen.

      »Seid lieb«, ermahnte sie ihre Kinder, dann folgte sie ihrer Schwester nach draußen.

      *

      Das Schuhgeschäft befand sich in unmittelbarer Nähe des Parkhotels, als sie hineinkamen, waren bereits einige Kundinnen im Laden, die in irgendeiner Weise Grit glichen. Auch sie waren dünn gehungert, trugen hochhackige Schuhe, viel Schmuck, ins Haar geklemmte Designer-Sonnenbrillen und auf der Schulter, wie konnte es auch anders sein, natürlich diese angesagte Designertasche mit der langen Wartezeit.

      Bettina kam sich vor wie in einem Horrorfilm, als sie sah, mit welcher Gier die Frauen nach den Schuhen griffen.

      Grit hatte erst einmal eine Bestell-Liste von Mona abzuarbeiten, ehe sie ihre Auswahl treffen konnte.

      Bettina schlenderte durch den Laden. Die Schuhe, meist hochhackig und auffallend, gefielen ihr nicht.

      Aber dann entdeckte sie eine flache Sandale, die eigentlich aus zwei schmalen Lederriemen bestand, die mit roten Steinen verziert waren und einem schmalen Riemchen, das den Halt sichern sollte.

      Das Ausstellungsstück war ihre Größe, die Sandalen paßten und würden zu ihrem neuen Outfit

      hübsch aussehen.

      Der Preis von 119,– Euro, wie sie flüchtig festgestellt hatte, gerade noch vertretbar, denn schließlich waren es ja wirklich nur ein paar Lederriemchen, sah man mal von den kleinen roten Steinen ab.

      Sie ließ die Sandalen zur Kasse bringen, ehe sie sich an ihre Schwester wandte, die mit hochrotem Gesicht ein Paar Schuhe nach dem anderen probierte.

      Neben ihr türmte sich schon ein ansehnlicher Berg.

      »Ich könnte mich hier totkaufen«, seufzte sie, »ein Schuh ist schöner als der andere, ich weiß überhaupt nicht, was ich nehmen soll. Was meinst du?«

      »Mich mußt du nicht fragen, das hier ist nicht unbedingt mein Stil, obschon ich auch eine ganz hübsche Sandalette gefunden habe.«

      »Du hast bei Fordani etwas gefunden?« rief Grit ganz erstaunt, »das hätte ich wirklich nicht gedacht… aber siehst du, diese Schuhe sind so wunderbar, daß selbst ein so vernünftiger Mensch wie du nicht daran vorübergehen kann.«

      Bettina konnte zwar nicht verstehen, was das mit Vernunft zu tun hatte, äußerte sich aber nicht.

      Endlich hatte Grit sich entschieden. Sie war zufrieden, und die Verkäuferin war es auch, denn sie würde eine stattliche Provision bekommen bei diesem Posten.

      Bettina zeigte ihrer Schwester, als sie gemeinsam an die Kasse traten, noch die Schuhe, die sie sich ausgesucht hatte.

      »Sie sind hübsch«, sagte Grit, »aber ich finde diese Sandalen im Verhältnis zu den geschlossenen Schuhen überteuert. Außerdem sieht man ihnen auch nicht unbedingt an, daß sie echte Fordani sind. Aber zu dir passen sie, und du legst ja auch nicht einen so großen Wert darauf, daß man erkannt, was du trägst.«

      Ihr Gespräch wurde durch die Stimme der Verkäuferin unterbrochen. »Dann hätte ich gern von Ihnen eintausendeinhundertundneunzehn Euro. Wie zahlen Sie? Bar oder mit Karte?«

      Bettina glaubte sich verhört zu haben. Die Verkäuferin mußte da etwas verwechselt haben.

      »Ich bekomme nur diese Sandalettchen«, sagte sie.

      Die Verkäuferin nickte.

      »Ich weiß.«

      »Und was möchten Sie dafür haben?«

      »Eintausendeinhundertundneunzehn Euro«, wiederholte die Verkäuferin.

      »Das tut mir leid. Da habe ich mich vorhin auf dem Etikett verlesen. Ich möchte auf den Kauf verzichten… so viel Geld für das bißchen Leder? Nein, das bin ich nicht bereit zu zahlen.«

      »Aber die Steine sind echt.«

      »Das sind mehr oder weniger Splitter, bei dem Preis müßten ja Brillanten eingearbeitet sein. Tut mir leid, daß ich Ihnen die Mühe gemacht habe, diese Schuhe sind mir schlechthin zu teuer – überteuert.«

      Grit schämte sich in Grund und Boden. Ihr war das alles mehr als peinlich.

      »Es sind Fordanis«, stöhnte sie.

      »Das ist mir doch egal, die Schuhe sind mir zu teuer.«

      »Ich schenke sie dir, Bettina«, schlug Grit vor, »ich habe genug Geld, es macht mir nichts, im Gegenteil, es würde mir sogar Freude machen, mich erkenntlich zu zeigen dafür, daß du die Kinder nimmst.«

      »Die Kinder nehme ich ohne Gegenleistung, und danke für dein Angebot. Aber ich könnte solche Schuhe überhaupt nicht anziehen, die gehören ja in eine Vitrine gestellt, und für einen solchen Zweck brauche ich keine Schuhe. Nochmals danke, Grit, aber ich möchte sie nicht haben, nicht zu diesem Preis.«

      Die Verkäuferin legte den Karton mit den Schuhen beiseite.

      »Wie Sie wollen«, sagte sie, ihre Stimme hatte ganz erheblich an Freundlichkeit verloren. »Gnädige Frau, darf ich Ihre Abrechnung machen?«

      »Ja, bitte, diese Schuhe hier bitte auf eine separate Rechnung, aber bezahlen werde ich alles zusammen.« Sie holte ihre Platin-Karte aus der Tasche und wedelte damit herum, »ich zahle mit Karte.«

      »Ja, selbstverständlich, gnädige Frau«, die Verkäuferin überschlug sich, und Grit genoß es, und Bettina glaubte zu ersticken.

      »Ich warte draußen«, sagte sie und hörte gerade noch im Herausgehen, wie die Verkäuferin sagte, »dann bekomme ich elftausendsiebenhundertzweiundneunzig Euro von Ihnen.«

      Bettina hätte sich am liebsten übergeben. Selbst wenn vier Paar Schuhe davon für Mona waren und Grit das Geld zurückbekommen würde, war es immer noch ein immenser Anteil, der für sie übrigblieb. Und da für ein paar dumme Schuhe, während überall auf der Welt Menschen verhungerten.

      Man konnte sich ja schön machen und auch Geld für sich ausgeben, diese Schuhe, der Preis für sie, stand doch in keinem Verhältnis zu dem Gegenwert. Die Schuhe waren hipp, und der Herr Fordani saß bestimmt in einem Palazzo und lachte sich schlapp über die Verrückten, die ein Vermögen für seine Schuhe ausgaben, bloß weil er sie geschickt vermarktete.

      Was für eine Welt – traurig war nur, daß ihre Schwester Grit in diese Welt miteingetaucht war, in die sie überhaupt nicht gehörte.

      Was war nur mit ihr geschehen? Warum war Grit nur so verblendet? Das Geld, das sie durch den Verkauf der Villa erzielt hatte, konnte es nicht sein. Die Fahrenbachs hatten immer großzügig gelebt, und Grits Mann verdiente auch genug und hatte ihr vorher schon einen großzügigen Lebensstandard geboten.

      Es konnte doch nicht Mona sein, ihre durchgeknallte Schwägerin, die diese ›Gehirnwäsche‹ bei Grit vollzogen hatte.

      Grit kam heraus, bepackt mit Tüten.

      »Was hast du dir dabei gedacht, mich so zu blamieren«, herrschte sie ihre Schwester an.

      »Dich zu blamieren?«

      »Na ja, dich auch. Was hast du dir dabei gedacht?«

      Bettina

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