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Zeit vielleicht mit diesem Enthusiasmus erklärt hätte, welch wunderbares neues Rezept es für einen gelungenen Kalbsbraten gab.

      Und wegen eines solchen Schwachsinns drehte sie durch und machte alle Welt verrückt.

      »Wann soll ich die Kinder holen?«

      Grit atmete auf.

      »Mußt du nicht, ich bringe sie dir morgen, denn ich habe, nein eigentlich war es ja Mona, nun, wir haben tatsächlich herausgefunden, daß es ganz in deiner Nähe, in Bad Helmbach, einen Laden gibt, der exclusiv für Deutschland Fordani führt.«

      »Und was ist Fordani, bitte schön?«

      Grit konnte es nicht fassen.

      »Das weißt du nicht? Das sind derzeit die besten und angesagtesten Schuhe weltweit. Und selbstverständlich wollen Mona und ich sie mit nach London nehmen, wer weiß, wen wir dort treffen. Es wird schon ein exquisiter Kreis sein.«

      Wahrscheinlich so aufgespritzte, exaltierte Wesen wie ihr, oder gar all die Gelifteten, aber laut sagte sie nur: »Vermutlich werden sie auf jeden Fall alle… Fordani-Schuhe an den Füßen haben.«

      »Eben«, sagte Grit und bemerkte wieder nicht die Ironie, »deswegen ist es wichtig, daß wir sie auch haben, daß wir eben dazu gehören.«

      »Ja, Grit, das ist wirklich ungeheuer wichtig«, sie hatte keine Lust mehr noch länger mit ihrer Schwester zu sprechen, denn lange wäre sie nicht mehr freundlich geblieben. »Wann bringst du die Kinder?«

      »Wir fahren früh los, früher Mittag oder schon später Vormittag, so um diesen Dreh werden wir da sein, und danke, Bettina, daß du mir die beiden abnimmst und Verständnis dafür hast, wie wichtig es für mich ist, nach London zu kommen. Aber auf dich kann man sich eben immer verlassen, dann also bis morgen.«

      »Dann bis morgen«, sagte Bettina und legte auf.

      Die Veränderung, die mit Grit vor sich gegangen war, tat richtig weh. Sie hatte ihre eigentlich bodenständige Identität verlassen und war in die Rolle eines Wesens geschlüpft, das von anderen durch nichts zu unterscheiden war, noch nicht einmal durch die Schuhe.

      Fordani, Bettina hatte diesen Namen noch niemals gehört.

      Aber sie freute sich auf ihre Nichte und ihren Neffen.

      Sie griff nach ihrer Einkaufstüte, um ihre Schätze Leni zu zeigen und ging hinüber in deren Haus.

      »Was ist passiert?« Besorgnis klang aus Lenis Stimme.

      »Entwarnung«, lachte Bettina, »Grit will uns die Kinder für ein paar Tage bringen, weil sie unbedingt auf eine Schönheitsfarm in England reisen muß, um Cremes angerührt zu bekommen, die speziell für sie zusammengemixt sind.«

      »Das ist doch Bauernfängerei«, begehrte Leni auf, »das mußt du ihr ausreden.«

      »Geht nicht… kennst du schon die Schuhe von Fordani?«

      »Bitte… was?«

      Bettina lachte.

      »Mußt du dir auch nicht merken. Grit verkehrt in einer anderen Welt, aber ich glaube nicht, daß wir diese kennenlernen müssen.«

      Leni stand auf.

      »Ich will dann mal die Betten für die Kinder herrichten.«

      Bettina winkte ab.

      »Das hat Zeit bis morgen früh. Komm, schau dir mal lieber das an, was ich mir gekauft habe, und bitte, ich will deine ehrliche Meinung hören, sonst bringe ich die Sachen nämlich morgen wieder zurück.«

      Leni setzte sich erwartungsvoll hin, und Bettina holte die Jeans und die Shirts heraus, um sie Leni vorzuführen, die total begeistert war.

      Wegen eines anhaltenden Staus und weil sie auch zu spät weggefahren waren, war es bereits Mittag, als Grit und die Kinder ankamen.

      Grit hatte sich ein neues Auto gekauft. Sie fuhr jetzt einen teuren Volvo-Geländewagen mit allen Schikanen, der zu ihr, so wie Grit ja eigentlich war, so wenig paßte wie ein Eskimo auf die Zugspitze. Irgendwie wirkte sie in dem Wagen, der super aussah und auch ein schönes Auto war, vollkommen deplaciert.

      Als sie mit ihren hochhackigen Schuhen aus dem hohen Auto mehr oder weniger heraushüpfte, wirkte das geradezu grotesk.

      Grit war noch dünner geworden, und sie hatte an ihrem Gesicht auch etwas machen lassen, das war auf jeden Fall mehr als nur Botox.

      Als erstes kam Merit auf Bettina zugelaufen. Sie war ein hübsches Mädchen von acht Jahren und glich ihrem Vater.

      »Tante Bettina, ich kann jetzt für eine Woche bei dir bleiben. Mama hat gesagt, daß ihr hier Tiere habt, auch einen Hund.«

      Wie auf Kommando kam Hektor bellend angesprungen.

      Vor Angst klammerte Merit sich an ihre Tante, und Grit schrie hysterisch: »Sperr den Hund weg.«

      »Der tut doch nichts«, sagte Leni, die auch hinzugekommen war, »Hektor freut sich nur.«

      Leni wollte Grit in den Arm nehmen, aber die wich zurück und streckte nur ihr Gesicht vor, um, wie in der Bussi-Gesellschaft üblich, die angedeuteten Küßchen zu verteilen.

      Niels, er war zwölf, war wohl von seiner Mutter infiziert worden. Ihm war anzumerken, daß ihm der Aufenthalt auf dem Lande überhaupt nicht paßte.

      Er hatte eine neue Frisur, die man wohl jetzt haben mußte, und seine Kleidung hatte sich auch verändert. Wahrscheinlich hatte seine Mutter alles für ihn gekauft, was teuer war.

      »Hi, Tante Bettina«, sagte er, um sich weiter hingebungsvoll mit seinem Computerspiel zu beschäftigen.

      »Hi, Niels«, sagte sie auch nur.

      Grit seufzte.

      »Nimm es ihm nicht übel, er macht gerade eine schwierige Phase durch.«

      »Wollt ihr gleich essen?« erkundigte Leni sich. »Es gibt Wiener Schnitzel mit Bratkartoffeln und Gemüse, das mögen doch alle Kinder.«

      »Ich mag kein Gemüse«, sagte Niels.

      »Macht nichts, dann läßt du es eben auf dem Teller.«

      »Ich mag Schnitzel«, sagte Merit. »Gibt es auch Nachtisch?«

      »Klar, für Kinder, die aufgegessen haben, gibt es hinterher Eis.«

      »Ich will nichts essen«, sagte Grit, »mir wäre es am liebsten, wir führen sofort nach Bad Helmbach. Ich kann es gar nicht erwarten, zu Fordani zu kommen.«

      »Ich will aber etwas essen. Außerdem wäre es Leni gegenüber unhöflich. Sie hat sich solche Mühe gegeben.«

      Grit wagte nicht zu widersprechen, aber sie stocherte ziemlich lustlos auf ihrem Teller herum und bequemte sich schließlich, etwas von dem Gemüse zu sich zu nehmen.«

      Bettina hingegen aß mit gesundem Appetit

      »Wenn du weiterhin solche… Sachen hier ißt, wirst du irgendwann richtig dick.«

      Bettina lachte.

      »Werde ich nicht, Papa war auch zeitlebens schlank, und wenn ich zunehmen sollte, wäre es auch nicht schlimm. Wann fährst du wieder, Grit? Morgen?«

      Entsetzt schlug Grit die Hände zusammen, da ihre vielen Ringe aneinanderschlugen und ihre schweren Goldarmbänder rasselten.

      »Nein, nein, ich fahre heute noch zurück. Morgen geht es doch schon nach London. Deswegen laß uns aufbrechen, wir können ja noch zusammen einen Kaffee trinken, nachdem wir bei Fordani waren.«

      Sie schob ihren Teller beiseite, Bettina tat es ihr nach. Ihre Schwester verbreitete eine solche Unruhe, daß es unmöglich war, sich genüßlich ihrem Essen hinzugeben.

      Niels hatte sein Spiel herausgeholt, mit dem er sich jeweils mit vollgestopftem Mund beschäftigte, aber das schien seine Mutter nicht zu stören.

      Heute wollte

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