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recht zuversichtlich entgegen.«

      »Seien Sie ehrlich, Herr Doktor – könnte so etwas wieder passieren?«

      Dr. Daniel nickte. »Es kann bei der nächsten Schwangerschaft wieder passieren, doch die Möglichkeit, daß es tatsächlich geschieht, ist sehr gering.« Er schwieg einen Moment. »Warten Sie, bis Körper und Seele wirklich bereit sind, und versuchen Sie, so unbefangen wie möglich in die Schwangerschaft zu gehen. Ich bin sicher, daß Sie dann nach neun Monaten ein gesundes Kind zur Welt bringen werden.«

      Dankbar lächelte Katharina ihn an. »Mit Ihrer Hilfe ganz gewiß.«

      *

      Wie ein streunender Kater schlich Stefan um das Haus, in dem Darinka mit ihrer Freundin Bianca wohnte. Seit der Prozeß um seinen Vater beendet war, drückte er sich um eine Aussprache mit Darinka herum, wußte aber gleichzeitig, daß er ihr nicht entkommen konnte. Seit seiner Rückkehr aus Paris hatten er und Darinka das für ihn peinliche Thema ausgeschwiegen. Meistens waren sie wie zwei gute Bekannte miteinander umgegangen – bedacht darauf, nur ja keine Gefühle preiszugeben.

      Jetzt verließ Bianca das Haus, blieb kurz stehen und blickte Stefan an.

      »Ich habe Dienst«, erklärte sie. Stefan verstand.

      Er sah Bianca nach, dann stand er unschlüssig vor der angelehnten Haustür. Die Stunde der Wahrheit schien gekommen zu sein. Er atmete tief durch, bevor er in den Hausflur trat und langsam die Treppe hinaufstieg, die zu der gemütlichen kleinen Wohnung von Bianca und Darinka führte.

      Auch die Wohnungstür stand einen Spalt offen. Es war klar, daß Darinka mit seinem Kommen gerechnet hatte. Alles wies darauf hin, daß sie heute auf einer Aussprache bestehen würde.

      »Darinka?«

      Stefan konnte nicht verhindern, daß seine Stimme ein wenig rauh und unsicher klang.

      Sie trat aus dem Wohnzimmer. Stumm standen sie sich gegen-über. Darinkas Mund lächelte ein wenig, doch ihre Augen blickten sehr ernst.

      Stefan hatte das dringende Bedürfnis, sie in die Arme zu nehmen und zärtlich an sich zu drücken, doch das durfte er nicht – nicht bevor sie ihm wirklich verziehen hatte. Würde sie dazu überhaupt in der Lage sein? Er hatte sich so schrecklich ihr gegenüber benommen.

      »Ich habe dir viel Zeit gelassen.«

      Darinka war es, die das Gespräch eröffnete.

      Stefan nickte. »Papas Prozeß hat uns alle ziemlich mitgenommen.«

      Darinkas große dunkle Augen wirkten traurig. »Jetzt ist der Prozeß vorbei.« Erwartungsvoll sah sie Stefan an, doch als eine Erwiderung von ihm ausblieb, fügte sie hinzu: »Hast du mir denn nichts zu sagen?«

      Nervös fuhr sich Stefan durch die dichten Locken. Er hatte Angst… Angst davor, daß Darinka ihm nicht verzeihen könnte… daß ihm in wenigen Minuten ein Abschied für immer drohen könnte.

      »Ich liebe dich, Darinka«, flüsterte er, obwohl er genau wußte, daß es damit nicht getan war.

      Das junge Mädchen schüttelte auch tatsächlich den Kopf. »Das hast du mir auf der Intensivstation schon gesagt, aber es genügt nicht, Stefan. Du kannst nicht erwarten, daß mit einer Liebeserklärung alles vergessen ist, was du mir vorher angetan hattest.«

      Stefan wich ihrem Blick aus. Er konnte es nicht ertragen, daß sie ihn auf diese Weise anschaute – voller Zweifel und Traurigkeit.

      »Es tut mir leid«, murmelte er. »Ich glaube, mir hat noch nie etwas so leid getan…« Hilflos zuckte er die Schultern. »Ich kann es nicht erklären, Darinka. Als ich Chantal gesehen habe, setzte etwas in mir aus. Ich war wie geblendet von ihrer Schönheit… ihrem Charisma… ich konnte nicht anders, als sie zu lieben.« Er sah an ihrem Gesicht, wie viele Schmerzen er ihr mit diesen Worten bereitete. Impulsiv wollte er sie in die Arme nehmen, sie trösten und sagen… ja, was sollte er eigentlich sagen… daß es nicht stimmte? Nein, jetzt durfte es keine Lügen geben. Er mußte zur Wahrheit stehen, auch wenn das bedeutete, daß er Da-rinka für immer verlieren würde.

      Sie wich seinen ausgestreckten Armen aus.

      »Zwischen Chantal und mir ist Schluß«, fuhr Stefan fort und hoffte inständig, sie würde nicht nach dem Grund fragen.

      Das tat sie auch nicht, doch ihre nächsten Worte schockierten Stefan noch weitaus mehr.

      »Zwischen euch ist Schluß, weil sie dich zum Teufel gejagt hat, habe ich recht?«

      Einen Moment hatte Stefan das Gefühl, wie im Fieber zu glühen, doch gleich darauf begann er zu frösteln. Er nickte… langsam… zögernd.

      Traurig senkte Darinka den Kopf und drehte sich um.

      »Unter diesen Umständen hat es wohl keinen Sinn, wenn wir unsere Beziehung fortsetzen.« Ihre Worte kamen leise, trotzdem zuckte Stefan zusammen, als wäre soeben eine Bombe explodiert.

      »Nein!« schrie er auf. »Darinka, ich liebe dich doch!«

      Sie wandte den Kopf, ihr schwarzes Haar fiel dabei wie ein Schleier über ihr Gesicht, so daß er nicht sehen konnte, was in ihr vorging.

      »Du liebst mich also«, entgegnete sie. »Aber als ich operiert werden mußte, da warst du bei ihr und nicht bei mir. Nach meiner Antibiotika-Allergie, an der ich gestorben wäre, wenn dein Vater und Dr. Parker nicht gewesen wären… in dieser ersten schrecklichen Nacht, da saß dein Vater an meinem Bett, während du bei ihr warst. Und jetzt… jetzt bist du doch nur bei mir, weil sie dich nicht mehr haben will.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich bin kein Lückenbüßer, Stefan. Ich will geliebt werden – mit allem, was dazugehört. Und ich will dem Mann an meiner Seite vertrauen können.« Sie schwieg kurz, dann fügte sie leise hinzu: »Dir kann ich nicht mehr vertrauen, denn woher soll ich wissen, ob bei dir nicht wieder etwas aussetzt, was du vorhin gesagt hast, wenn dir eine schöne Frau begegnet?« Mit einer Hand strich sie ihr Haar zurück, und Stefan sah, daß sie ihre Worte bitter ernst meinte. »Bitte geh, Stefan, und komm nicht wieder her.«

      »Darinka!« rief Stefan verzweifelt, doch da hatte sie schon das Wohnzimmer betreten und die Tür hinter sich geschlossen – in einer Art, die Stefan sehr deutlich zu verstehen gab, daß er ihr nicht zu folgen brauchte.

      Völlig gebrochen stand er im Flur. Er hatte das Gefühl, als hätte er soeben sein Leben verloren.

      *

      Es dauerte zwei Wochen, bis Darinka zu Dr. Daniel in die Praxis kam, weil sie den Schmerz in ihrem Herzen einfach nicht mehr aushielt.

      »Herr Dr. Daniel, Sie waren mir immer wie ein zweiter Vater«, begann sie ohne Umschweife. »Was soll ich nur tun? Ich liebe Stefan, und ich habe solche Sehnsucht nach ihm, daß ich jeden Tag das Gefühl habe zu sterben, wenn ich ihn nicht sehen kann.« Sie senkte den Kopf. »Aber ich habe auch Angst. Ich will eine solche Hölle kein zweites Mal durchleben. Stefan bei dieser anderen Frau zu wissen… der Gedanke, daß er vielleicht jetzt noch bei ihr wäre, wenn sie nicht Schluß mit ihm gemacht hätte…« Mit einer fahrigen Handbewegung strich sie durch ihr langes, dichtes Haar. »Ich habe Stefan blind vertraut, doch jetzt… jetzt habe ich dieses Vertrauen verloren.«

      Dr. Daniel nickte bedächtig. »Das kann ich gut verstehen, Darinka. Stefan hat nichts getan, womit er sich dein Vertrauen verdienen würde.« Er schwieg eine Weile. »Trotzdem solltest du ihm vielleicht eine zweite Chance geben. Er leidet ganz schrecklich unter deinem Verlust. Ich habe meinen Sohn noch nie so gesehen.« Wieder machte er eine Pause. »Ich kann dir nicht versprechen, daß er so etwas nie wieder tun wird – niemand kann das, nicht einmal er selbst.«

      Lange dachte Darinka über diese Worte nach, dann stand sie entschlossen auf. »Ist er oben?«

      Dr. Daniel schüttelte den Kopf. »Er ist noch in München, in der Klinik, aber eigentlich sollte er jeden Augenblick kommen.«

      Darinka nickte. »Ich werde auf ihn warten.«

      Sie verabschiedete sich von Dr. Daniel, dann trat sie aus der Praxis ins Freie. Obwohl es fast sieben Uhr abends war,

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