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      Das Mißtrauen – wie Capitán de Vilches angekündigt hatte – ging um auf der „Respeto“ und vergiftete die Bordluft mehr als der Qualm, der über anderthalb Tage alles verseucht hatte. Fast war der Qualm angenehmer gewesen.

      Und wenn der Capitán an die Ratten dachte, stellten sich ihm die Nackenhaare auf. Er konnte es deutlich spüren, und da fröstelte es ihn noch mehr.

      „Weiter auf Kurs bleiben!“ rief Capitán de Vilches zur „Respeto“ hinüber. „Wir schließen nur kurz zum Konvoi auf. Verstanden, Capitán?“

      Pigatto zeigte klar und winkte dem Capitán der Schebecke zu. Es sah aus, als wolle er sagen: Laßt mich nicht im Stich!

      Hasard winkte zurück, ballte dann die rechte Hand zur Faust und reckte den Daumen. Es sollte signalisieren, daß er an das Durchhalten der „Respetos“ glaube und immer für sie da sei.

      Was für ein Mann, dachte Capitán Pigatto. Hätte er erfahren, daß er mit dem Seewolf segelte, auf den die spanische Krone ein Kopfgeld ausgesetzt hatte, wäre sein Urteil nicht anders ausgefallen.

      Inzwischen war Big Old Shane mit dem Profos in die Kombüse zum Kutscher und zu Mac Pellew gezogen und hatte den beiden verklart, um was es ging.

      Der Kutscher war mal wieder mißtrauisch. Er hatte den Verdacht, daß hier ein faules Ei ausgebrütet werden sollte.

      „Ihr spinnt wohl“, sagte er entrüstet. „Ich opfere doch keinen meiner größten Suppenkessel, damit sich dieser Mister Carberry einen Blechhut aufsetzen kann. Soll ich die Suppe für euch Kerle vielleicht künftig in Fingerhüten kochen?“

      „Befehl vom Kapitän“, knurrte Carberry erbost.

      „Merkwürdiger Befehl“, befand der Kutscher kopfschüttelnd. „Wir haben genug Helme von den Dons an Bord. Da muß doch einer passen …“

      „Die passen eben nicht, du lausiges Würstchen!“ brüllte der Profos wutschnaubend.

      „Ich muß doch sehr bitten, Mister Carberry“, sagte der Kutscher indigniert. „Und wenn ich ein lausiges Würstchen bin, dann bist du ein gepökelter Elefantenarsch!“

      Bevor hier eine Kombüsenschlacht entbrannte, griff Big Old Shane ein und sagte: „Es ist so, wie Ed erklärte. Ihm paßt keiner von den spanischen Helmen, auch der größte nicht, und wenn er so einen aufsetzt, muß er aufpassen, daß ihm das Ding nicht vom Kopf rutscht. Als der spanische Kapitän vorhin an Bord war, wäre das beinahe passiert. Ed kann nicht als einziger ohne Helm herumlaufen; das gefährdet unsere Tarnung. Ich empfahl Hasard, daß wir einen Suppenkessel nehmen, den ich zu einem spanischen Helm umforme. Er war einverstanden.“

      „Aha, hm-hm.“ Der Kutscher zupfte an seiner Nase und schien unschlüssig zu sein.

      Mac Pellew hingegen zeigte sich aufgeschlossener. Er öffnete ein Schapp und brummelte: „Mal sehen, ob wir was Passendes haben.“

      Er wuchtete einen Stapel von Kesseln aus dem Schapp. Sie war ineinander gestellt, der größte zuunterst. Acht Kessel waren es. Die beiden ersten von oben nahm Mac gleich zur Seite. Die waren für Carberrys Schädel zu klein, das sah man schon auf Anhieb. Der vorletzte paßte, als Carberry ihn aufsetzte.

      „Das ist genau der Kessel, in dem ich für alle die Suppe koche“, meckerte der Kutscher.

      Mac Pellew ergriff Carberrys Partei. „Stell dich nicht so an wegen dieses dämlichen Kessels, Mann! Im nächsten Hafen besorge ich einen neuen. Außerdem haben wir noch den größeren Kessel zum Suppekochen – basta!“

      Der Kutscher drehte ihnen stumm den Rücken zu und begann Speck auf einem Brett zu würfeln.

      Grinsend verließen Big Old Shane und der Profos mit dem Suppenkessel die Kombüse. Old Shane konnte ans Werk gehen. Und so bekam der Profos einen prächtigen, für ihn passenden Helm – eine Maßanfertigung!

       7.

      Eine knappe halbe Stunde später erreichten die Arwenacks den Konvoi. Hasard segelte auf Rufweite an die „Isabella“ heran und informierte Jean Ribault über die letzten Ereignisse sowie über das, was er plante, nämlich die Verfolgung und Niederkämpfung der Kriegskaravelle „El León“, die Cadiz nicht erreichen durfte.

      Jean Ribault zeigte verstanden.

      „Wartet noch, bis die ‚Respeto‘ zu euch aufgeschlossen hat!“ setzte Hasard hinzu. „Und behaltet sie auch im Auge! Die scheinen einen an Bord zu haben, der gern mit dem Feuerchen spielt.“

      „Wir passen auf!“ rief Jean Ribault. „Gute Fahrt und viel Glück!“

      „Danke!“

      Und damit ging die Schebecke auf den ostwärtigen Kurs, den Dan O’Flynn berechnet hatte.

      Die Jagd begann.

      Der Wind meinte es gut. Er wehte weiterhin aus dem südwestlichen Sektor und zeigte keinerlei Tendenz, einzuschlafen. Der Himmel war fast frei von Wolken. Die Schebecke segelte über Backbordbug auf Raumschotskurs.

      Die Arwenacks wußten, um was es ging. Sie mußten aus ihrem Schiffchen herausholen, was nur möglich war. Dazu gehörte die ständige Kontrolle der Segelstellung, um den Wind optimal auszunutzen. Und die Arwenacks bewegten oder befanden sich möglichst in Luv am Steuerbordschanzkleid, um ihr Gewicht auf die Kante zu bringen. Sie hatten längst herausgefunden, daß die Schebecke schneller segelte, wenn sie nicht zu sehr nach Lee krängte. Außerdem bot sie, wenn sie aufrechter gesegelt wurde, dem Wind mehr Segelfläche, was wiederum mehr Vortrieb brachte.

      „Wenn wir bloß mehr Segel setzen könnten“, knurrte Hasard.

      Aber eine Schebecke führte eben nur die drei Lateinersegel Fock, Großsegel und Besan. Die drei Pfahlmasten hatten keine Stengen, um sie zu verlängern und dort noch Tuch setzen zu können.

      Dennoch war Hasards Bemerkung das Stichwort. Roger Brighton, Bruder Ben Brightons und Takelmeister der Arwenacks, sowie Will Thorne, der alte Segelmacher, nickten sich zu und enterten aufs Achterdeck.

      „Bitten, dich sprechen zu dürfen, Sir“, sagte Roger Brighton.

      Hasard lächelte. „Warum so förmlich, Roger? Habt ihr einen Kummer?“

      „Keinen Kummer, einen Vorschlag, Sir“, erwiderte Roger Brighton. Will Thorne nickte dazu. Er war einer von den Stillen an Bord.

      Hasard horchte auf. Wenn der Takelmeister und der Segelmacher einen Vorschlag hatten, dann hatte das was mit den Segeln zu tun.

      „Da bin ich aber gespannt“, sagte er.

      „Will und ich haben was Verrücktes ausgeknobelt und auch gleich angefertigt, um es mal bei Gelegenheit auszuprobieren. Als du sagtest: Wenn wir bloß mehr Segel setzen könnten, da dachte ich, daß das jetzt eine gute Gelegenheit wäre. Wenn’s aber nicht klappt oder sich als Unsinn herausstellt, dann möchten Will und ich nicht ausgelacht werden. Jeder schießt mal ’n Bock.“

      „Wer darüber lacht, kriegt’s mit mir zu tun“, sagte Hasard grimmig. „Aber daß ihr beiden Böcke schießt, kann ich mir nicht denken. Also, was ist es?“

      „Wir holen es“, sagte Roger Brighton und zwinkerte Will Thorne zu. „Es ist ein neues Segel, und das muß statt der Fock am Vormast gesetzt werden. Aber es ist größer als die Fock und bringt demzufolge mehr Segelfläche – wie du das gewünscht hast, Sir.“

      „Muß die Fock geborgen werden?“ fragte Hasard.

      „Ja, denn wir brauchen das Fall.“

      „Na, denn mal los. Ed, bergt die Fock!“

      „Aye, Sir, Fock bergen!“ brüllte der Profos und scheuchte ein paar Mannen zum Vorschiff.

      Sie geiten die Fock auf – trotz der Raumschotsfahrt –, fierten die Fockrahruten an Deck hinunter und tuchten das Segel auf. Es war von fünf Männern ohne

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