Скачать книгу

begriffen, über was hier gesprochen wurde. Es war zum Verzweifeln.

      Trotzdem fragte er scharf: „Betrat jemand von euch die Vorpiek, bevor der Schwelbrand ausbrach? Ich will eine Antwort, und ich versichere, daß dieser Betreffende straflos bleibt. Es geht lediglich darum, die Ursache des Schwelbrandes aufzuklären. Euer Schiff ist keineswegs zum Untergang verurteilt. Die Ratten verschwanden von Bord, weil sie von dem Qualm vertrieben wurden. Also – wer war in der Vorpiek?“

      Die Kerle wurden unruhig, blickten sich gegenseitig an, schüttelten die Köpfe, zuckten mit den Schultern. Keiner meldete sich.

      Der Decksmann Jorge Zapata stand in der Deckung eines breitschultrigen Kerls und wußte sehr genau, daß er in der Nacht vor zwei Tagen in der Vorpiek gewesen war und dort geraucht hatte – er lechzte jetzt schon wieder, den nächsten Zug aus der Tonpfeife zu tun.

      Aber wenn er sich meldete, würde ihm dieser Teufel von der Marine die Tonpfeife und den Tabak wegnehmen. Und dann war es aus mit dem blauen Dunst, der so herrlich schmeckte und so beschwingt werden ließ.

      Dieser Jorge Zapata war ein einfältiger Bursche, ein Seemann, der Befehle empfing und sie ausführte, ohne weiter über ihren Sinn nachzudenken – bis auf das Rauchen, das der Capitán verboten hatte. Aber der Capitán wußte eben nicht, was Rauchen für eine gute Sache war, sonst würde er’s nämlich erlauben.

      Der einfältige Jorge Zapata war weit davon entfernt, einzusehen, daß er den Schwelbrand mit der Restglut seiner ausgeklopften Tonpfeife gelegt hatte. Nein, soweit dachte er nicht. Er dachte nur daran, daß es mit dem Rauchen vorbei sein würde, wenn er sich jetzt meldete.

      Also schwieg er, schüttelte auch den Kopf und bemerkte erleichtert, daß der eisblaue Blick des Teufels ihn nicht erfaßt hatte – eben weil er im zweiten Glied stand und Pablo, der breitschultrige Rudergänger, ihn verdeckte.

      Hasards eisiger Blick heftete sich wieder auf den Capitán. Der wurde regelrecht wild und brüllte seine Kerle an: „Wer war in der Vorpiek? Heraus mit der Sprache!“

      „Ich!“ ertönte eine Stimme.

      Alle Köpfe fuhren herum. Aus dem Besanmars enterte der Erste Offizier ab, sehr eifrig und beflissen. Er stürzte an die Querbalustrade, stützte sich dort auf und verkündete: „Das war, als ich den Rauch über dem Vorschiff bemerkte! Während meiner Wache. Da stieg ich hinunter, öffnete das Schott zur Vorpiek und knallte es wieder zu, als mir der Rauch entgegenquoll. Und ich schrie: Feuer im Schiff!“

      Einzig Sir John, nunmehr auf der Besangaffel, fand die richtige Antwort. Sie war knapp und präzise und lautete: „Generalaffenarsch!“

      „Wie bitte?“ fragte der Capitán und war noch mehr durcheinander, denn das alles war überhaupt nicht mehr zu fassen. „Was hat dieser Vogel gesagt?“

      „Ach nichts“, erwiderte Hasard, „er nannte Ihren Ersten Offizier einen Generalaffenarsch, und dem kann ich nur aus vollem Herzen zustimmen, denn zur Aufklärung des Schwelbrandes hat Ihr Erster nichts beigetragen. In der Vorpiek brannte es bereits, als er das Schott öffnete. Scheint keine große Leuchte zu sein, Ihr Erster.“

      Der Capitán wisperte: „Da haben Sie recht, Señor Capitán.“

      „Ich meldete“, schrie der dürre Erste, „den Schwelbrand sofort dem Capitán und sagte ihm, es sei unüblich, daß ein Feuer in der Vorpiek begänne. Zumeist entsteht es in den Mannschaftsräumen infolge unvorsichtigen Hantierens mit den Öllampen!“

      „Amen“, sagte Hasard zu dem Dürren. „Sie schrien also ‚Feuer im Schiff!‘ Haben Sie das Feuer auch gesehen?“

      „Wie? Gesehen? Nein, es qualmte ja, da konnte ich nichts sehen. Mir tränten auch sofort die Augen.“

      „Sie sahen auch keine Glut? Ganz vorn unter den Seegrasmatratzen?“

      Der Dürre stutzte und erwiderte: „Doch, ja, da bemerkte ich ein Glühen.“

      „Sonst nichts?“

      „Was meinen Sie damit, Señor Capitán?“

      „Nun, vielleicht sahen Sie zum Beispiel noch den Rest einer Kerze“, entgegnete Hasard.

      Der Dürre Erste schüttelte entschieden den Kopf. „Nein, so etwas habe ich nicht gesehen.“

      Hasard wandte sich an den Capitán und sagte: „Mein Schiffszimmermann entdeckte eine Brandstelle auf den Bodenplanken, und zwar eine tief eingebrannte Mulde, die darauf deutet, daß dort der Schwelbrand entstand. Darüber lagerten die Matratzen, die natürlich zu glimmen begannen. Mein Schiffszimmermann und ich sind davon überzeugt, daß der Schwelbrand nicht zufällig, sondern durch menschliches Zutun hervorgerufen wurde. Eine Selbstentzündung hat nicht stattgefunden. Aus diesem Grund wollte ich wissen, ob jemand in der Vorpiek war, bevor der Schwelbrand bemerkt wurde. Niemand hat sich gemeldet – vermutlich aus Angst vor Bestrafung, obwohl ich Straffreiheit zugesichert habe. Oder der Unbekannte hat tatsächlich etwas zu verbergen.“

      Der Capitán knirschte mit den Zähnen. „Ich kann mir das nicht vorstellen, Señor Capitán.“

      „Darüber sollten Sie nachdenken, Señor Pigatto“, sagte Hasard. „Vielleicht befindet sich unter Ihren Leuten einer, der ein persönliches Interesse daran hat, daß Ihre Schatzladung nicht dem König zugeführt wird, sondern in andere Hände fällt. Ich erinnere an die Signalwirkung Ihres qualmenden Schiffes. Können Sie sich für die Integrität jedes einzelnen Ihrer Männer verbürgen?“

      Pigatto biß sich auf die Lippen. „Sie meinen, einer aus meiner Mannschaft könnte den Schwelbrand absichtlich gelegt haben?“

      „Das meinte ich.“ Hasard grinste hart. „Wenn Sie es nicht waren, muß es einer Ihrer Leute gewesen sein, jedenfalls nach meiner Logik. Das heißt, Sie haben einen Mann an Bord, der bisher zweimal versucht hat – Sie hatten auf dieser Fahrt ja bereits schon einmal einen Schwelbrand –, Feuer zu legen, aus welchen Gründen auch immer. Nur hege ich allerdings den Verdacht, daß dieser Mann eigennützige Ziele damit verfolgt. Welche das sein können, deutete ich ja bereits an. Sie werden also damit rechnen müssen, daß der Mann auch einen dritten Versuch unternehmen wird. Das ist die Situation, wie ich sie sehe. Sie sind der Kapitän der ‚Respeto‘. Ich muß Sie bitten, alles zu tun, um den Mann zu entlarven und einen dritten Brand zu verhindern. Sonst sehe ich allerdings für Ihr Schiff schwarz, Señor Capitán.“

      Pigatto wirkte wieder hilflos – und auch irgendwie entsetzt, was Hasard verstehen konnte. Einen Mann in der Crew zu haben, der im gewissen Sinne Sabotage übte, was möglicherweise die Vernichtung des Schiffes nach sich zog, das war für einen Kapitän kein sehr erfreulicher Gedanke.

      Vielleicht war der Kerl ein Pyromane, also einer, der es furchtbar lustig fand, wenn es ordentlich knisterte und brannte, ein Verrückter mithin!

      „Was soll ich denn tun?“ fragte der Capitán leise.

      „Überprüfen Sie jeden einzelnen Mann“, empfahl Hasard. „Nehmen Sie sich Ihre Leute vor, hämmern Sie ihnen ein, daß jeder auf jeden aufpassen muß. Von jetzt an wird auf Ihrem Schiff das Mißtrauen mitsegeln – kein seht angenehmer Begleiter, ich weiß, aber Sie werden erst wieder frei atmen können, wenn der Mann gestellt ist. Das wär’s wohl. Lassen Sie bitte alle Segel setzen, wir müssen den Konvoi wieder einholen. Ich wünsche Ihnen viel Glück, Señor Capitán.“

      „Danke für die Hilfe“, murmelte Pigatto verlegen.

      Hasard klopfte ihm nur auf die Schulter und setzte mit seinen Mannen auf die Schebecke über.

       5.

      Kaum befanden sich die „Respeto“ und die Schebecke auf Nordkurs, um den Konvoi nachzusegeln, dessen Mastspitzen an der nördlichen Kimm noch zu sehen waren, da trat das ein, was Philip Hasard Killigrew befürchtet hatte.

      Von Osten näherte sich ein Dreimaster, den Dan O’Flynn als spanische Kriegsgaleone identifizierte.

      Es passierte

Скачать книгу