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und habe die verdammte Pflicht und Schuldigkeit, mich um den Konvoi zu kümmern.“

      Jean Ribault grinste ebenfalls. Er dachte dabei an den echten Don Julio de Vilches, den Kommandanten der „Casco de la Cruz“, von dem sich Philip Hasard Killigrew so deutlich unterschied wie ein Edelfalke von einem zerrupften, abgetakelten Geier, dem die Milben das Federkleid zerfressen haben.

      Und er dachte daran, wie Don Julio im hohen Bogen vom Achterdeck des Viermasters abgehoben hatte, als die Pulverladung unter dem Heck explodiert war.

      „Warum grinst du?“ fragte Hasard.

      „Ach, mir ging nur eben durch den Kopf, wie Don Julio bei der Heckexplosion ins Wasser katapultiert wurde“, erwiderte Jean Ribault. „Sein ohnehin klappriges Knochengestell hat da einiges aushalten müssen. Alles hat bei ihm geflattert.“

      „Ich gönne es ihm“, sagte Hasard belustigt. „Aber ob auch seine Bösartigkeit davongeflattert ist, bezweifle ich. So, dann werde ich mich mal mit der ‚Respeto‘ beschäftigen.“

      „Kann ich behilflich sein?“ fragte Jean Ribault.

      Hasard schüttelte den Kopf. „Mir wär’s lieber, wenn du dich mit Arne um den Konvoi kümmerst, Jean. Bleibt auf Nordkurs und segelt nur langsam weiter, damit wir wieder aufschließen können, sobald wir die Qualmerei im Griff haben.“

      „Geht klar, Capitán de Vilches!“ Jean Ribault salutierte, wie sich das für einen „spanischen Seeoffizier“ gehörte, und Hasard mimte den gleichen militärischen Firlefanz – womöglich noch gespreizter als der Franzose. Da sollte noch jemand sagen, sie spielten ihre spanische Rolle nicht überzeugend. Nein, nein, die war bühnenreif.

      Während Jean Ribault mit der „Isabella“ zum Geleitzug und zur „Wappen von Kolberg“ aufschloß, segelte Hasard mit der Schebecke zur „Respeto“. Er hielt von Backbord achtern auf sie zu, um in Luv zu bleiben – in Lee wäre die Schebecke von dem Qualm eingenebelt worden.

      Mit aufgefierten Schoten – am Ruder stand Stenmark – glitt die Schebecke in einem Abstand von etwa fünfzehn Yards neben der Galeone her, und Hasard preite vom Achterdeck aus die „Respeto“ an.

      Die Kerle kümmerten sich den Teufel um den Anruf. Niemand erschien am achteren Backbordschanzkleid. Man tat, als sei man mit sich selbst beschäftigt. Die Schebecke wurde übersehen.

      In Hasard stieg die Galle hoch.

      „Pigatto!“ brüllte er hinüber und sah mit Genugtuung, wie einige Kerle dort drüben zusammenzuckten, als sie die Donnerstimme hörten. „Wenn Sie mir nicht augenblicklich Meldung erstatten, was bei Ihnen los ist und wie Sie den Schwelbrand zu löschen gedenken, lasse ich Ihren verdammten Kahn versenken, und Sie können mit Ihrer Mannschaft bleiben, wo der Pfeffer wächst! Haben Sie mich verstanden?“

      Miguel Pigatto, schwarzbärtig, knubbelnäsig und stämmig, tauchte mit mürrischem Gesicht am Schanzkleid seines Achterdecks auf.

      „Was gibt’s da zu melden?“ nölte er. „Wir haben einen Schwelbrand, wie Sie selbst sagten, und meine Männer haben die ganze Nacht lang versucht, den Brand einzudämmen.“

      „Haben versucht, ist gut“, höhnte Hasard. „Den Erfolg sieht man ja! Offenbar sind Sie und Ihre Leute überfordert. Sie sollten besser Rüben über Land karren, statt ein Schiff zu führen, das mit wertvollem Gut für Seine Majestät beladen ist!“

      Der stämmige Kapitän lief im Gesicht rot an, insbesondere seine knubbelige Nase. Die begann wie ein Karfunkel zu leuchten.

      „Das brauche ich mir nicht bieten zu lassen!“ brüllte er.

      „Oh, ich kann Ihnen noch mehr bieten, Señor!“ donnerte Hasard zurück. „Zum Beispiel, daß ich den Verdacht habe, Sie tun absichtlich nichts, um den Brand unter Kontrolle zu bekommen. Vielleicht hoffen Sie, daß der Konvoi weitersegelt – und wenn er außer Sicht ist, löschen Sie schnell und verschwinden, um sich die wertvolle Ladung selbst unter den Nagel zu reißen. Wie war denn das?“

      Der Kapitän schnappte nach Luft, und dann brüllte er: „Sie sind ja wahnsinnig!“

      Hasard gab’s ihm: „Sie verzögern den Weitermarsch des Konvois, Pigatto! Wissen Sie, wie ich das nenne? Das ist Sabotage! Sie sabotieren die königliche Order, daß der Konvoi seinen Bestimmungshafen erreicht. Dafür kann ich Sie vor ein Bordgericht stellen. Wie ein königliches Gericht über einen Mann entscheidet, der für Seine Majestät bestimmtes Schatzgut verschleudert und den ganzen Konvoi an der Weiterfahrt hindert, können Sie sich wohl selbst ausmalen. Vermutlich wird man Ihnen den Tod mit der Garotte angedeihen lassen. Und das Urteil des Bordgerichts würde lauten: Hängetod an der Rah!“

      Unwillkürlich faßte sich der Kapitän an den Hals, als spüre er bereits die Garotte oder die Henkersschlinge.

      Schon etwas kleinlauter rief er: „Ich bin kein Saboteur, Señor Capitán! Wir haben die ganze Nacht geschuftet …“

      „Erzählen Sie mir nichts!“ donnerte Hasard. „Seit anderthalb Tagen qualmt Ihr verdammter Kasten! Eine Hilfe meinerseits lehnten Sie ab. Reichlich pampig erklärten Sie, darauf verzichten zu können. Was daraus geworden ist, sieht man! Was meinen Sie wohl, was passiert, wenn in diesem Seegebiet englische Schnapphähne oder die Barbaresken-Teufel herumlungern, ganz zu schweigen von den französischen Korsaren? Ihre Qualmwolke ist meilenweit zu sehen! Glauben Sie bloß nicht, daß wir uns dann um Sie und Ihren qualmenden Kahn kümmern, ganz im Gegenteil! Wir lassen Sie als Futter für die Galgenvögel zurück und schirmen den Konvoi ab, der ist wichtiger als Ihr maroder Kahn!“

      „Das dürfen Sie nicht!“ schrie der Kapitän. „Sie haben uns genauso zu schützen wie die anderen Schiffe!“

      „Da irren Sie sich aber gewaltig, mein Lieber!“ rief Hasard mit klirrender Stimme. „Der Konvoi hat absoluten Vorrang. Mit ein bißchen Verstand und logischem Denken müßten Sie sich das selbst sagen. Aber daran mangelt’s wohl bei Ihnen. Genug geredet! Haben Sie festgestellt, wo sich der Kern des Schwelbrandes befindet?“

      „In der Vorpiek.“

      „Was ist dort gelagert?“

      „Ersatztauwerk, Segeltuchballen, Seegrasmatratzen …“

      Hasard fuhr dazwischen: „Das haben Sie noch nicht außenbords befördert, Mann? Sind Sie von allen guten Geistern verlassen?“

      „Das wird alles noch gebraucht“, erklärte Pigatto trotzig. „Wir Handelsschiffer können mit unserem Zeug nicht so herumaasen wie die vornehmen Señores von der Marine, die sich in den Arsenalen bedienen können, soviel sie wollen.“

      Don Juan de Alcazar, der neben Hasard am Schanzkleid stand, stieß ihn sachte mit dem Fuß an und flüsterte durch die Zähne, ohne den Kopf zu bewegen: „Da hat er allerdings recht. Was von der Marine an Materialien wie Segel und Tauwerk vergeudet wird, geht auf keine Kuhhaut. Und jeder Kommandant kann sich in den Arsenalen holen, was ihm angeblich verloren oder kaputtgegangen ist. Da werden natürlich saftige Nebenverdienste eingestrichen. Denn das Zeug aus den Arsenalen verscheppern die Kommandanten dann wieder an die Kapitäne der Handelsschiffe.“

      Hasard nickte unmerklich, daß er verstanden hatte, und rief zu Pigatto hinüber: „Ich fordere Sie hiermit auf, Capitán, Ihre Vorpiek sofort leerzuräumen! Alles Zeug, das dort gelagert ist, hat von Bord zu verschwinden! Das ist ein Befehl!“

      Fast sah es aus, als sträubten sich bei dem Kapitän sämtliche Haare – auch jene, die ihm ziemlich lang aus den Nasenlöchern wucherten. Außerdem hüpfte er vor Wut einen halben Yard hoch.

      „Niemals!“ brüllte er. „Niemals! Nur über meine Leiche!“

      „Längsseits gehen!“ knurrte Hasard Stenmark an. „Der Kerl kriegt jetzt Zunder, daß er glaubt, der Schwelbrand sei unter seinem Hintern ausgebrochen!“

      Sanft legte der Schwede Ruder, und die Schebecke glitt auf die „Respeto“ zu.

      „Klar zum Entern!“ brüllte Hasard über die Kuhl.

      Das

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