Скачать книгу

sagte Manuse. »Vielleicht spielt er ja mit seinem Baby. Oder er macht mit seiner jungen Mieze rum. Auf jeden Fall habe ich keine Lust, zu warten.«

      »Gut«, schnaubte Roof. »Doch es betrifft ihn eigentlich mehr als dich. Einer seiner Captains, Charlie Pierce, ist entweder tot oder wird es bald sein.«

      Manuse leckte sich über die Zähne. »Der, den du in den Canyon geschickt hast? Der Spion?«

      »Genau«, antwortete Roof. »Er hatte einige gute Informationen für uns, aber er ist offenbar aufgeflogen. Inzwischen haben sie ihn wahrscheinlich gefangen genommen.«

      »Das ist alles?«

      »Nein«, sagte Roof. »Ich habe noch ein paar Dinge zu besprechen. Als Erstes; hast du deine Trupps aus Dallas losgeschickt?«

      »Sie brechen morgen früh auf«, erwiderte Manuse. »Sie werden aber nur langsam vorankommen. Wahrscheinlich brauchen sie einen Tag, bevor sie am Ziel sind. Sie nehmen sich den nördlichen Rand des Canyons vor, wie wir es geplant haben. Als ich zuletzt mit Logan gesprochen habe, hatte er vor, seine Männer nach Nordwesten schwenken zu lassen, damit sie von der Westseite des Canyons aus angreifen können. Sie sollten heute Nacht nach Einbruch der Dunkelheit aufbrechen.«

      Roof nickte. »Gut. Die Männer aus San Antonio sind ebenfalls unterwegs. Sie rücken durch Skinners Territorium vor und passieren Abilene auf dem Weg nach Norden. Sie werden den südlichen Rand angreifen. Ich habe außerdem einen Voraustrupp aus Wichita Falls, der schon heute Abend eintreffen könnte. Alles gute Männer, allesamt Bosse mit eigenen Trupps. Sie kommen den Highway 287 entlang und nähern sich dann von Südosten. Sie werden die Lage weiter aufklären und zusammen mit den Informationen von Pierce erhalten wir ein gutes Gesamtbild.«

      Manuse steckte einen Finger in ein Nasenloch und popelte ungerührt darin herum, während er sprach. »Und deine Männer in Lubbock dringen von Amarillo aus zum westlichen Rand vor?«

      »So ist es.«

      »Wir werden uns in einiger Entfernung aufstellen und sie dann in Wellen angreifen«, erklärte Manuse. »Dieser Canyon ist nämlich ein zweischneidiges Schwert.«

      »Warum?«

      »In den steilen Felswänden können sie sich gut verschanzen«, sagte Manuse. Er redete lebhaft mit seinen Händen. »Sie können es sich dort richtig nett und gemütlich machen, aber es ist für sie unmöglich, uns aus allen Richtungen kommen zu sehen. Sie sind einfach zu wenige, um den ganzen Canyon abzudecken. Wenn wir sie angreifen, werden wir sie umzingeln. Leichte Beute.«

      »Vielleicht«, sagte Roof. »In der Vergangenheit mussten sie immer nur einen Teil des Randes bewachen. Sie haben nur die direkten Wege hinunter in den Canyon bewacht und sich sonst auf die Unwegsamkeit des Geländes verlassen.«

      »Wir sind auch noch nie mit derart geballter Kraft vorgegangen wie jetzt«, wandte Manuse ein. »Wir haben sie stets glauben lassen, sie könnten sich behaupten und uns in Schach halten. Doch damit ist jetzt Schluss.«

      Roof verschränkte die Arme vor der Brust. Er starrte auf den linken Bildschirm, der immer noch schwarz war und erinnerte sich daran, was er mit Skinner gemacht hatte. Eine Welle von Übelkeit überkam ihn, als er darüber nachdachte, wie Marcus Battle die Verteidigung des Canyons koordinieren würde. Er hatte einen Fehler gemacht, als er Battle am Leben gelassen hatte. Trotz der Informationen von Pierce war es das nicht wert gewesen.

      Battle mochte einen taktischen Fehler begangen haben und sich auf einem einsamen Abstieg in den Wahnsinn befinden, aber er war ein Glückskind, ein Mann, der einen Schatz am Ende des Regenbogens fand, wo es nicht einmal einen Regenbogen gab. Und in einer Sache hatte Skinner recht: Battle wusste einfach nicht, wann er verloren hatte.

      Roof hatte vor nichts und niemandem Angst gehabt, seit er das kleine Feuerwerk in Aleppo überlebt hatte. Er hatte danach beschlossen, furchtlos und rücksichtslos und unmoralisch zu sein. Er verlor sich in der Schwärze des leeren Bildschirms und dachte an die Angst, die unter den unruhigen Stromschnellen durch seinen Darm rauschte.

      Marcus Battle machte ihm Angst! Jetzt war es raus. Der Mann, der so lange vor sich hin gelogen hatte, schaffte es schließlich doch, sich die Wahrheit einzugestehen. Deshalb hatte er ihn nicht getötet oder von Skinner erledigen lassen. Er hatte schlichtweg Angst.

      Manuse tippte an seine Kamera, um Roofs Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. »Was gibt es sonst noch?«, fragte er. »Du sagtest, es gäbe ein paar Dinge zu besprechen.«

      »Sonst ist nichts«, sagte er schnell. »Lass mich wissen, wenn du Harvey erreichst.«

      »Yep.« Manuse beendete die Verbindung. Sein Bildschirm wurde dunkel.

      Es klopfte an der Tür. Roof drehte sich um und fand einen dicklichen Befehlsempfänger vor, der die Lücke zwischen der halbgeöffneten Tür und dem Türrahmen mit Leichtigkeit ausfüllte. Seine Augen waren groß und sein eng anliegendes T-Shirt mit Blutflecken übersät. Er zog sich die Hose an den leeren Gürtelschlaufen hoch.

      Roof zuckte ungeduldig mit den Schultern. »Was ist los?«

      »Jemand hat Captain Skinner ziemlich übel zugerichtet«, sagte der Mann. »Ich weiß nicht, wer es war. Ich dachte, ich sollte …«

      Roof hob die Hand, damit der Mund des Soldaten aufhörte, sich zu bewegen. »Wer sind Sie?«

      Der Mann senkte den Blick. »Sie nennen mich Porky.«

      »Ich habe ihn so fertig gemacht, wie ich nur konnte, Porky«, erklärte Roof. »Wird er es trotzdem überleben?«

      Porkys Augen weiteten sich einmal mehr und wurden dann schmal vor Verwirrung. Er hob und senkte den Kopf dann wieder. »Ja. Ich glaube schon. Seine Zunge allerdings …«

      »Was ist damit?« Roof ging drohend auf den Mann zu, während er sprach.

      »Sie sieht ziemlich mitgenommen aus«, sagte Porky. »Es ist … er kann nicht reden.«

      »Holen Sie ihm etwas Eis aus der Kantine«, befahl Roof. »Bis wir morgen losziehen, ist er wieder fit.«

      »Sir, General, Sir, ich weiß nicht, ob …«

      »Er ist wieder fit«, wiederholte Roof. »Wir brauchen jeden Mann. Er ist bis morgen also besser wieder in der Spur. Wenn nicht …« Roof näherte sich dem Soldaten bis an die Nasenspitze und beugte sich dann nach vorn. »… mache ich Sie dafür verantwortlich.«

      

      Kapitel 8

      

       25. Oktober 2037, 15:43 Uhr

       Jahr fünf nach dem Ausbruch

       Palo Duro Canyon, Texas

      Felipe Baadal stand vor dem Eingang zu Juliana Paagals Zelt. Er schaute nach oben in die Sonne und bemerkte, dass sie ungefähr um fünfzehn Grad gesunken war, seit er hier wartete. Inzwischen musste also locker eine Stunde vergangen sein. Als er gegangen war, hatte sie über ein Satellitentelefon mit jemandem in Houston gesprochen. Sie hatte ihn dabei höflich gebeten, ihr etwas Privatsphäre zu geben. Es war ein Gespräch auf höchster Ebene, hatte sie gesagt.

      In der kühlen, trockenen Oktoberluft war das Warten allerdings gut auszuhalten. Jedenfalls fühlte es sich deutlich besser an als eine Patrouille in der Wüste Mitte Juli. Baadal stemmte die Hände in die Hüften, drehte sich hin und her und streckte dann seinen Rücken. Er fasste mit einer Hand an seinen gegenüberliegenden Ellenbogen und zog daran. Er schnurrte fast vor Behagen und Erleichterung.

      »Eine Zerrung?« Paagal trat aus dem Zelt ins Sonnenlicht, während sie mit der Hand den roten Stoff des Zelteingangs hielt.

      Baadal hielt mitten in der Bewegung inne und drehte sich mit einem Lächeln um. Ein Wärmestrom durchflutete seinen Körper und seine Wangen röteten sich. »Es ist die Matratze.«

      »Ah«, sagte Paagal. »Die

Скачать книгу