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rief sie laut. »Möchtest du auch ein Bier?«

      »Das wäre grandios«, kam es aus dem Wohnzimmer zurück. »Etwas Bier, ein wenig Suppe und dann eine ganze Menge dich.«

      Ana schluckte die aufstoßende Galle herunter. Die Vorstellung, sich ihm wieder hingeben zu müssen, war ekelerregend. Ein saurer Geschmack blieb in ihrem Mund zurück. Für eine Weile war es ihr gelungen, sich ihm zu entziehen. Aber als das Baby dann da war, der Plan sich verdichtete und der Aufstand näher rückte, war es immer schwieriger geworden, mitzuspielen. Sie hatte schon befürchtet, er hätte etwas bemerkt. Um jeglichen Verdacht im Keim zu ersticken, hatte sie ihren Einsatz auf eine Weise erhöht, die alles andere als ein Genuss für sie gewesen war.

      Sie fand ein Tablett in der großzügigen Speisekammer und platzierte darauf seine Suppe, eine Flasche Bier mit Raumtemperatur, einen Löffel und einen Flaschenöffner. Ana holte tief Luft, hielt das Tablett auf Armeslänge von sich und trug sein Mittagessen ins Wohnzimmer.

      General Harvey Logan rieb sich die Hände und setzte sich aufrecht hin, als er sie kommen sah. Er strich sich über den kahlen Kopf und leckte sich die Lippen.

      »Lass es dir schmecken«, sagte Ana so überzeugend, wie sie konnte. Sie reichte ihm das Tablett, das er auf den Hocker stellte. »Es ist ein bisschen scharf«, fügte sie hinzu. »Wenn du noch ein Bier dazu willst, hole ich dir eins.«

      Er sah sie misstrauisch an. »Isst du nichts? Ich mag es, wenn du mit mir zusammen isst.«

      Ana nickte und machte auf dem Absatz kehrt, um wieder die Küche anzusteuern. »Natürlich«, sagte sie. »Ich habe mir auch eine Kelle genommen. Ich hole mein Essen, bin gleich wieder da.«

      »Ich warte«, sagte er und ließ den Kronkorken von seiner Bierflasche ploppen. Er zeigte mit der Flasche auf sie und machte eine unwirsche Bewegung. »Beeil dich.«

      Anas Herz pochte. Sie spürte kalte Feuchtigkeit unter den Armen und unter den Nackenhaaren. Sie nahm ihre Schüssel und einen Löffel. Mit zitternden Händen trug sie beides ins Wohnzimmer und nahm auf dem Sofa Platz.

      Er nahm einen Schluck Bier und rülpste. »Du zitterst«, sagte er.

      »Mir ist auch kalt.«

      »Iss einen Löffel heiße Suppe«, befahl er. »Ich warte auf dich. Ich bin schließlich ein Gentleman.« Er zwinkerte ihr zu und leerte die Flasche in einem Zug.

      Ana nahm den Löffel an die Lippen und nippte an der warmen, salzigen Suppe. Sie nahm einen weiteren Schluck und dann noch einen. »Das tut gut«, sagte sie und sah auf seine Schüssel.

      General Logan stellte die leere Flasche vor sich auf das Tablett und umfasste seine Schüssel mit beiden Händen. Er hob sie an die Lippen, kippte die Schüssel und trank sie in einem Zug aus. Die heiße Flüssigkeit lief ihm zu beiden Seiten über das Gesicht.

      »Ahhh«, sagte er schließlich. Er ließ die leere Schüssel auf das Tablett knallen und leckte sich über die Lippen. »Puh«, sagte er. »Das Zeug gibt einem aber einen ordentlichen Kick, nicht wahr?« Er schüttelte den Kopf wie ein nasser Hund und atmete laut aus, wobei er seine Lippen flattern ließ.

      Ana aß einen weiteren Löffel. »Zu viel Chilipulver?«

      »Puh«, sagte er noch einmal und schlug sich mit der Faust gegen die Brust. »Ich denke schon. Wie viel hast du denn da reingeschüttet?« Auf seinem kahlen Kopf standen die Schweißperlen und der Schmerz zwang ihn aus seinem Sessel.

      Ana nahm noch einen Löffel Suppe. »Nicht mehr als sonst auch«, sagte sie gleichmütig, scheinbar ohne zu bemerken, mit welcher Geschwindigkeit es mit dem Vater ihres Kindes zu Ende ging. »Möchtest du noch ein Bier?«

      Harvey Logan, einer von den drei Generälen des Kartells, stolperte vorwärts. Seine Augen weiteten sich und er schnappte nach Luft. Er fiel nach vorn und prallte gegen den Holztisch, der seinen Stuhl vom Sofa trennte. Ana kreischte auf und ließ ihre Suppe fallen, die sich daraufhin über ihren Schoß ergoss. Sie zog ihre Beine an und kroch so weit nach hinten auf dem Sofa wie nur möglich.

      General Logan fiel auf die Seite und starrte nach oben zu Ana. Er fasste sich an die Kehle, sein ganzer Körper zuckte. Seine Arme und Beine verkrampften sich. Er knurrte etwas und weißer Schaum quoll aus seinem offenen Mund.

      Das Gift in Logans Körper blockierte die Fähigkeit, Sauerstoff aufzunehmen. Sein Zentralnervensystem, sein Herz, seine Blutgefäße und seine Lunge verweigerten den Dienst, als hätte jemand den Schalter des elektrischen Generators umgelegt, der sie antrieb. Eine Zelle nach der anderen erstarb und er erstickte von innen nach außen.

      Ana schrie ihren Horror laut heraus. Ihre Brust hob und senkte sich hektisch und sie schluchzte hemmungslos angesichts der Realität dessen, was sie gerade getan hatte. Harvey Logan war ein verabscheuungswürdiger, gewalttätiger Mann. Er war für das Elend von Tausenden verantwortlich. Aber er war auch ein Mensch. Seine hervorquellenden Augen und seine bläuliche Haut brannten sich in ihre Erinnerung ein … ewige, unauslöschliche Bilder ihres Verrats.

      Ana hatte oft Verwerfliches getan, um nach dem Ausbruch der Seuche zu überleben. Das traf auf die meisten zu. Aber sie hatte noch nie jemanden getötet. Bis jetzt zumindest.

      Logan bekam ihre Schreie und ihr Weinen nicht mehr mit, da er schmerzerfüllt ins Koma fiel und dann starb. Ihr Weinen galt ihrer eigenen Seele. Sie war jetzt eine Mörderin.

      Aus dem Kinderzimmer hörte sie Penny. Das Schreien des Babys klang durchdringend und wütend. Ana bedeckte ihre Ohren mit den Handflächen und drückte fest zu. Sie zog die Knie an die Brust und schloss die Augen. Tränen liefen ihr über die Wangen. Sie vergrub den Kopf zwischen den Knien und wiegte sich.

      

      Kapitel 7

      

       25. Oktober 2037, 14:51 Uhr

       Jahr fünf nach dem Ausbruch

       Lubbock, Texas

      

      Cyrus Skinner klopfte die letzte Zigarette aus der Packung und schob sie zwischen seine Lippen. Er zerknüllte die mit Zellophan umwickelte Packung in seiner Hand und warf sie dann vor dem Jones Stadium in den Staub.

      »Die Dinger werden Sie noch umbringen«, sagte General Roof. Er lehnte an einem Humvee.

      »Wenn mich schon etwas umbringt«, erwiderte Skinner, »dann darf es auch etwas sein, das ich liebe.«

      Skinner setzte seinen weißen Hut wieder auf und sah den General an. Roof war heute nicht er selbst. Er wirkte abgelenkt und unkonzentriert.

      Sie standen kurz vor einem sehr entscheidenden Moment für das Kartell, aber Roof schien kein Interesse daran aufbringen zu können. Skinner zündete die Zigarette an und sog den bitteren Tabakrauch ein, während das Papier leise knisterte und verbrannte.

      Er blies den Rauch aus seinem Mundwinkel und achtete darauf, dass Roof nichts abbekam. »Was ist mit Ihnen los, wenn ich fragen darf?«, sagte Skinner.

      Roof sah Skinner von der Seite an und kämmte sich dann mit den Fingern durch seinen Bart. »Sie dürfen fragen.«

      Skinner sog seine Wangen ein, hielt die Zigarette zwischen Daumen und Zeigefinger und schnippte die Asche auf den Boden. Er atmete wieder aus. »Also, was ist los?«

      »Ich kenne Marcus Battle.«

      »Mad Max?«

      »Genau.«

      »Ich auch«, sagte Skinner. »Er ist ein störrischer Esel. Es stimmt, er ist ein durchgeknallter Typ, und er weiß einfach nicht, wann er verloren hat.«

      Roof kniff die Augen zusammen. Er spitzte den Mund und schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte er. »Ich kenne ihn schon seit langer Zeit. Oder besser gesagt, ich kannte ihn, das trifft es wohl besser.«

      Skinner

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