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      »Ein Mineralwasser. Du hast doch hoffentlich Eau de Marron?«

      »Bitte was?«

      Grit winkte ab.

      »Wie konnte ich erwarten, von dir etwas serviert zu bekommen, was alle Welt trinkt, du lebst hier ja schließlich hinter dem Mond. Bring mir was du hast. Ich werd’s überleben.«

      Kopfschüttelnd ging Bettina in die Küche. Wenn Dekadenz schreien würde, müssten Grit und die Leute, mit denen sie sich umgab, den ganzen Tag über schreiend ums Haus laufen.

      Sie kam mit dem Wasser, das sie immer trank und das ausgezeichnet schmeckte und zwei Gläsern zurück.

      Grit war angespannt, sie trommelte nervös mit ihrer rechten Hand auf der Tischplatte herum.

      Bettina sah auf die teuren Ringe, die sorgsam lackierten Fingernägel. Ob die wohl echt oder auch modelliert, wie es jetzt in gewissen Kreisen üblich war?

      Sie würde die Antwort darauf nicht bekommen, und wenn sie ehrlich war, interessierte sie das auch nicht wirklich.

      Sie schenkte das Wasser ein, sah wie Grit geziert das Glas an den Mund führte, ein Schlückchen trank, ihr Gesicht verzog, als habe sie soeben Gift zu sich genommen.

      War das affig! Bettina hätte ihre Schwester am liebsten geschüttelt, aber sie wollte nicht sofort Streit anfangen.

      »Du kannst auch Saft haben, Grit, oder Kaffee oder auch einen Tee.«

      Grit winkte ab.

      »Nein, lass mal gut sein, das was ich bevorzuge, wirst du vermutlich nicht im Haus haben.«

      Sie schaute auf ihre Armbanduhr.

      »Lange bleiben kann ich eh nicht.«

      Sie sollte endlich sagen, was sie hergetrieben hatte, denn ohne Grund war Grit nicht gekommen, zumindest war es kein normaler Besuch.

      »Mein Arzt hat in Bad Helmbach eine Privatklinik eröffnet, ganz exquisit, und heute ist Eröffnung, zu diesem Ereignis bin ich eingeladen.«

      Na klar, dachte Bettina, wenn sie so sah, was an ihrer Schwester bereits gemacht worden war, sie war mittlerweile auch wie Mona, Frieders Frau, vermutlich komplett runderneuert.

      »Schön, dass du dich dabei an mich erinnert hast und, wenn auch nur auf Stippvisite, hier vorbeischaust.«

      Grit betrachtete ihre kunstvollen Fingernägel, stippte ein imaginäres Stäubchen weg.

      »Ich bin aus einem bestimmten Grund hier, Bettina. Ich benötige deine Hilfe.«

      In ihrem Inneren zuckte Bettina zusammen, es tat weh zu wissen, dass dieser Besuch nicht um ihrer selbst willen erfolgt war, sondern dass Grit einen bestimmten Zweck damit verfolgte. Aber, so sagte sie sich schließlich, war es noch besser, als ihre Schwester überhaupt nicht zu sehen. Seit ihr Vater tot war, hatten sie sich kaum gesehen und wenn, dann eigentlich nur, wenn Grit Nils und Merit zu ihr abgeschoben hatte, um mit ihrem Lover allein sein zu können. Aber die Kinder lebten ja längst bei ihrem Vater in Kanada, und seither hatte sie Grit nur zweimal kurz beim Notar gesehen, als es um das zweite Testament ihres Vaters gegangen war, bei dem es für Frieder und Grit eine böse Überraschung gegeben hatte, weil sie leer ausgegangen waren.

      Und obschon Bettina, allein wegen des Familienfriedens und weil sie es auch gut fand, dass das Geld der Hermann-Fahrenbach-Stiftung mehr bringen würde als ihr, auf ihr großes Erbe verzichtet hatte, hatte es ihr nichts gebracht. Seitdem herrschte zwischen Frieder, Grit und ihr mehr oder weniger Sendepause.

      »Was kann ich für dich tun, Grit? Wenn ich helfen kann, dann tue ich das gern.«

      Grit zögerte, griff geziert nach dem Glas, trank etwas, diesmal ohne sich zu schütteln, also war alles vorher nur Theater gewesen. Eau de Marron, Bettina hatte davon noch nie zuvor gehört. Was war das? Ein Mineralwasser, in dem mindestens kleine Goldplättchen herumschwammen?

      »Nun, du hast doch bestimmt noch immer einen guten Kontakt zu meinem Ex?«

      »O ja, ich habe zu Holger sogar einen sehr guten Kontakt«, bestätigte Bettina, die noch immer nicht wusste, worauf Grit hinauswollte. Was wollte sie auf einmal von Holger, den sie abgezockt hatte, betrogen und gemolken wie eine Kuh?

      »Das ist ganz wunderbar, dann bitte ich dich, für mich ein gutes Wort einzulegen. Lange Rede kurzer Sinn, ich will Holger und die Kinder wiederhaben.«

      Das verschlug Bettina den Atem.

      Sie schaute ihre Schwester an, als habe die in einer ihr unverständlichen Sprache gesprochen.

      »Du … du willst … was?«, ächzte sie schließlich.

      »Mein Gott, sei doch nicht so schwer von Kapee, ich will Holger, Niels und Merit zurückhaben.«

      Bettina war wie erschlagen, es war unfassbar. Was bildete Grit sich eigentlich ein? Nur weil sie es gerade mal so wollte, weil es ihr in den Kram passte, wollte sie ihren Ex-Ehemann und ihren Sohn und ihre Tochter zurückhaben, einfach so.

      Bettina schluckte.

      »Grit, du wolltest die Trennung von Holger, du hast wegen deines Gigolos auf die Kinder verzichtet.«

      Grit hielt sich die Ohren zu.

      »Hör auf, die alten Kamellen wieder vorzuholen, diesen Film kenne ich, in dem war ich schon mal. Ich hab es mir halt anders überlegt.«

      »Du vielleicht, Grit. Aber der Zug ist abgefahren.«

      Grit schlug theatralisch die Hände zusammen.

      »Mein Gott, weswegen denn, aus moralischen Gründen?«

      »Nein, Grit, weil Holger wieder glücklich verheiratet ist.«

      Eine einschlagende Bombe hätte keine größere Wirkung haben können.

      Grit riss die Augen auf, ihre Mundwinkel begannen zu zucken. Sie starrte ihre Schwester an.

      »Ja, aber …, ich, das geht doch nicht«, jappste sie wie ein Fisch auf dem Trockenen. »Das kann …, das kann nicht sein …, das kann er …, das kann er doch nicht machen.«

      Grit tat ihr leid, aber das alles hatte sie sich selbst zuzuschreiben. Was glaubte sie eigentlich? Dass Holger und die Kinder so etwas Ähnliches waren wie Weihnachtsschmuck, den man zu gegebener Zeit aus den Kisten holte?

      »Er hat es getan, und er ist sehr, sehr glücklich, und die Kinder sind mit der neuen Konstellation auch sehr, sehr zufrieden, sie lieben Irina.«

      Den Namen hätte sie wohl besser nicht erwähnt.

      »Was sagst du da? Er hat diese russische Schlampe geheiratet?«, schrie Grit außer sich vor Zorn. »Dafür wird er büßen, das schwöre ich dir.«

      »Irina ist Kanadierin russischer Abstammung«, sagte Bettina, die den Zorn ihrer Schwester nicht begreifen konnte. »Und für Holger gab es keine Veranlassung, Irina nicht zu heiraten. Er ist schließlich von dir ordnungsgemäß geschieden.«

      »Ich werde ihm die Kinder wegnehmen, ja, das werde ich tun. Ich dulde nicht, dass meine Kinder unter der Obhut dieser … dieser Russin aufwachsen.«

      Sie war so unglaublich, sie hatte die Kinder abgeschoben und nun regte sie sich auf, weil eine warmherzige Frau sich liebevoll um die beiden kümmerte.

      »Grit, Holger hat das alleinige Sorgerecht, hast du das vergessen? Du wolltest es so haben. Und was willst du also jetzt tun? Niels und Merit leben in geordneten Verhältnissen, sie lieben ihren Vater, sie lieben auch Irina und sind auch in deren Familie gut aufgenommen worden.«

      »Ich … ich…«, Grit war aufgestanden. »Weißt du was«, sie bebte vor lauter Zorn, »du willst meine Schwester sein? Du bist gegen mich. Statt mich zu unterstützen, stellst du dich auf Holger’s Seite und nimmst diese Schlampe in Schutz.«

      »Grit, beruhige dich bitte, ich bin weder gegen dich noch für Holger und Irina. Ich habe dir lediglich erzählt, was Fakt ist. Du hast dich, als du

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