Скачать книгу

unbemerkt, man setzte ihm aber nicht sogleich nach. Denn Caesar fand es nicht ratsam, in finsterer Nacht die der Gegend kundigen Feinde mit unerfahrenen Männern zu verfolgen. Mit Anbruch des Tages aber eilte er ihnen nach, holte sie auf halbem Wege ein und umringte sie von Weitem auf allen Seiten. An Zahl war er ihnen weit überlegen und durch die tiefe Lage der Gegend begünstigt. 3 Zum eigentlichen Kampf wollte er es jedoch nicht kommen lassen, weil er besorgt war, sie könnten durch Verzweiflung zur Tollkühnheit getrieben werden, und auch hoffte, ohne Schwertstreich ihrer Meister zu werden. So ging es auch. Da sie auf mehreren Seiten vergeblich versucht hatten, sich durchzuschlagen, waren sie schon dadurch und durch Nachtwachen und den Marsch erschöpft; 4 ohne Lebensmittel (in der Hoffnung, an einem Tag ihren neuen Standort zu erreichen, hatten sie keine mitgenommen) und ohne Wasser, denn jene Gegend ist äußerst wasserarm, ergaben sie sich unter der Bedingung, dass ihnen kein Leid geschähe und sie nicht gezwungen würden, unter ihm Dienste gegen Pompeius zu nehmen.

      (23) Caesar hielt ihnen beide Versprechen gewissenhaft. Keinen der in diesem Krieg Gefangenen ließ er töten (obgleich jene mehrere seiner Leute, die während eines Waffenstillstandes sich keines Angriffs versahen, niedergemacht hatten) und zwang keinen, gegen Pompeius zu fechten. Vielmehr entließ er die Angesehensten unter ihnen; die anderen traten des zu erwartenden Vorteils oder der zu hoffenden Belohnungen wegen freiwillig in seine Dienste. 2 Dieser Umstand leistete seinem Ruhm und seiner Sache nicht geringen Vorschub. Alle Städte und die dort stehenden Soldaten, deren in der Baetica und unter dem Legaten Marcus Terentius Varro nicht wenige waren, gingen zu ihm über.

      (24) Nachdem er diese an sich gezogen und die nötigen Vorkehrungen getroffen hatte, rückte er bis Gades vor und tat, außer dass er überall in großen Summen Gelder erhob, niemandem etwas zuleide; vielmehr erwies er vielen für sich und im Namen des Staates Ehre und schenkte den Gaditanern das römische Bürgerrecht, welches später von dem Volk bestätigt wurde. 2 Dies tat er infolge eines Traums, den er hier als Quästor gehabt hatte, in welchem er seine eigene Mutter beschlief, was ihm, wie ich schon früher berichtet habe, Hoffnung auf die Alleinherrschaft gab. Nach dieser Vorkehrung übertrug er dem Cassius Longinus, der noch von der Quästur her, die er dort unter Pompeius verwaltet hatte, mit den Einwohnern befreundet war, den Oberbefehl 3 über das Land und ging selbst mit dem Schiff nach Tarracona ab. Von da zog er über die Pyrenäen; wo er jedoch kein Siegesdenkmal errichtete, weil er hörte, dass man dies dem Pompeius so übel ausgelegt hatte, sondern nur einen großen Altar von gehauenen Steinen, nahe den Tropaeen desselben erbauen ließ.

      (25) Während dieser Vorgänge wagten die Massilioten, welchen Pompeius wieder Schiffe gesandt hatte, aufs Neue eine Schlacht und wurden abermals besiegt, hielten aber, obgleich sie hörten, dass Caesar in Hispanien bereits Herrscher geworden sei, dennoch aus und wiesen alle Angriffe mutig ab. 2 Nachdem sie sodann einen Waffenstillstand mit dem Versprechen geschlossen hatten, sich Caesar, wenn er komme, ergeben zu wollen, halfen sie Domitius aus der Stadt und richteten die Soldaten, welche sie während der Waffenruhe bei Nacht überfielen, dergestalt zu, dass sie sich nicht mehr rührten. 3 Als Caesar selbst kam, ergaben sie sich. Dieser nahm ihnen damals die Waffen, die Schiffe und die vorrätigen Gelder, später auch alles Übrige ab, nur nicht den Namen der Freiheit, weil Pompeius ihre Mutterstadt Phokaia bei ihrer Freiheit belassen hatte.

      (26) Als sich in Placentia ein Teil seiner Leute empörte und ihm nicht weiter folgen wollte, vorgeblich, weil sie zu sehr von Strapazen erschöpft wären, in Wirklichkeit aber, weil er sie das Land nicht plündern noch sonst ihre Lüste befriedigen ließ (da er ihrer so sehr bedurfte, hofften sie, alles von ihm zu erlangen), 2 gab er nicht nach, sondern rief sie und, seiner Sicherheit wegen, auch die anderen zusammen, damit sie, seine Rede vernehmend und ihre Bestrafung mit ansehend, selbst nichts Ungebührliches sich erlauben würden, und sprach folgende Worte:

      (27) »Zwar wünsche ich, Soldaten, eure Liebe zu besitzen, bin aber nicht gesonnen, sie durch Teilnahme an euren Freveln zu erkaufen. Ich liebe euch, wie ein Vater seine Kinder liebt, und will euer Wohl, euer Glück, euren Ruhm. 2 Glaubt aber nicht, dass, wer liebt, Ungebühr zulassen darf, welche Gefahren und Schande gebiert, sondern dass ihm vielmehr obliegt, eines Besseren zu belehren, vom Schlimmen abzuhalten, zu warnen und zurechtzuweisen. 3 Gewiss findet ihr wahr, was ich sage, wenn ihr euer Wohl nicht nach augenblicklichem Genuss, sondern nach dem bleibenden Nutzen bemesst, wenn ihr eure Ehre nicht in augenblicklich befriedigter Lust, sondern in dem Sieg über die Feinde seht. Denn Schande ist es, mit dem Vergnügen des Augenblicks künftige Reue zu erkaufen, und entehrend, als Sieger über die Feinde den Lüsten sklavisch zu frönen.

      (28) Was will ich nun mit all dem sagen? Dass ihr, bei dem reichen Überfluss aller Bedürfnisse (ich rede offen und verschweige euch nichts. Ihr bekommt euren Sold vollständig und rechtzeitig, euren Unterhalt immer und überall in vollem Maße, dass ihr, ohne euch über unrühmliche Anstrengung oder unnötige Gefahren beschweren zu können, beim Genuss so vieler und großer Belohnungen der Tapferkeit und der schonenden Rüge eurer Fehler dennoch nicht zufrieden sein wollt. 2 Nicht meine ich damit euch alle (denn nicht alle sind so gesinnt), sondern jene allein, die durch ihre Habsucht auch die anderen in Verruf bringen. Die meisten von euch gehorchen meinen Befehlen gewissenhaft und bleiben der heimischen Sitte treu und sehen sich dafür im Besitz von weiten Ländereien, von Reichtum und Ruhm. Nur wenige sind es, die uns in Schimpf und Schande bringen. 3 Zwar habe ich sie schon früher als solche erkannt (denn nichts, was euer Wohl betrifft, entgeht meiner Aufmerksamkeit), nahm aber keine Kenntnis davon und dachte, sie würden, ihre Fehltritte bisher noch verheimlicht glaubend, sich bessern lassen, um nicht, ihr Unrecht anhäufend, auch für das schon Verziehene noch gestraft zu werden. 4 Nun da sie aber, als wäre ihnen, weil sie anfänglich nicht bestraft wurden, nichts unerlaubt, ihre Frechheit immer weiter treiben und auch andere, die nichts verbrochen haben, aufzuwiegeln suchen, muss ich dem Übel gegensteuern und sie zur Strafe ziehen.

      (29) Kein geselliger Verein kann bestehen und gedeihen, wo nicht, was übel tut, in Schranken gehalten wird. Wird am schadhaften Teil nicht gehörig abgeholfen, so steckt er, wie bei Körpern, das Ganze an. 2 Vor allem aber ist dies bei einem Heer der Fall. Fühlt der Soldat sich stark genug, so wird er immer dreister und verführt auch die Guten, indem er sie gegen ihre Pflicht, als keinen Vorteil bringend, verdrossen macht. Wo die Frechheit die Oberhand bekommt, da muss der Gutgesinnte notwendig im Nachteil sein; wo das Unrecht ungestraft bleibt, da bleibt die Pflichttreue unbelohnt. 3 Wie wollt ihr euch auf euer Wohlverhalten berufen, wenn diese nicht schuldig sind, die mit Grund auf Auszeichnung rechnen, wenn diese die verdiente Strafe nicht trifft? Oder sollte euch unbekannt sein, dass, wo keine Furcht vor Strafe, wo keine Hoffnung auf Belohnung mehr ist, da auch nichts Gutes gedeiht, aber tausendfaches Unheil entspringt? 4 Wenn ihr also wirklich nach dem, was recht ist, strebt, so müsst ihr diese als eure Feinde hassen. Nicht durch besondere, von Natur aus sichtbare Zeichen unterscheidet sich das Befreundete vom Feindlichen, sondern durch Sitten und Handlungen. Sind diese gut, so wird uns auch das Fremde befreundet, sind diese schlecht, selbst das Verwandte entfremdet.

      (30) So sehet denn zu, wie ihr euch selbst rechtfertigt. Uns allen, die wir nichts verschuldet haben, bringen sie Schande. Denn wenn einer von unserer Menge und solcher Raubsucht hört, so rechnet er den Frevel einiger weniger uns allen an. Uns, die an ihren Ausschweifungen nicht teilgenommen haben, trifft gleicher Vorwurf. 2 Wen sollte nicht empören, dass wir uns Römer nennen und wie Germanen handeln? Wer sollte nicht beklagen, dass Italien, als wäre es Britannien, geplündert werde? Welche Schande für uns, dass wir, die bezwungenen Gallier in Ruhe lassend, das Land diesseits der Alpen, wie Epiroten, Karthager, Kimbern verheeren? 3 Welche Schmach, dass wir, die sich brüsten, als die ersten Römer über den Rhein gesetzt und den Ozean befahren zu haben, im Heimatland, das von Feinden nichts erduldet, plündern und rauben – und statt Lob Vorwürfe, statt Ehre Schmach, statt Vorteil Schaden, statt Belohnung Strafe verdienen?

      (31) Glaubt nicht, dass ihr, weil ihr im Felde siegt, besser als eure Mitbürger seid – seid ihr doch beide Römer! Auch sie waren, wie ihr, Soldaten und werden es sein – noch, dass euch die Waffen

Скачать книгу