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4 Denn da sie Obrigkeiten, Senat und alle Männer von Einfluss, von denen sie nicht wussten, ob einer übrig bleiben würde, sie und das Vaterland verlassen sahen und annahmen, dass sie, wäre nicht großes Unglück über dasselbe verhängt, nicht flüchten würden, 5 glichen sie, der Obrigkeiten und der Kriegsgefährten beraubt, Waisen und Witwen. Eingedenk der früheren Drangsale, erwarteten sie, die sie die von Marius und Sulla verübten Gräuel teils noch selbst erlebt, teils von anderen gehört hatten, 6 auch von Caesar nichts Gutes, sondern noch weit Schlimmeres, da sein Heer meist aus Barbaren bestand, als die ersten Opfer der Rache und der Lüste der anrückenden Sieger.

      (9) Bei dieser allgemeinen Stimmung, da niemand die Sache leicht nahm, außer denen, die sich Caesar befreundet glaubten, und auch diese bei der wandelbaren Gesinnung der Menschen, die meist mit den Umständen wechselt, nicht mit Zuversicht auf sein Wohlwollen bauten, kann man sich keinen Begriff von dem Schrecken und Jammer machen, der bei dem Aufbruch der Konsuln und seiner Begleiter überall herrschte. 2 Denn die ganze Nacht über stürmten sie in dringlicher Eile durcheinander; gegen Morgen entstand großes Wehklagen, da sie an den Tempeln herumgingen, Gelübde darbrachten, die Götter anriefen, den Boden küssten, aufzählten, wie oft und aus wie großen Gefahren sie errettet worden waren, und jammerten, dass sie, was sie noch niemals getan hatten, das Vaterland verlassen müssten. 3 Auch an den Toren erhob sich überall Klagegeschrei. Die einen umarmten sich, als sollten sie sich und die Stadt zum letzten Mal erblicken; andere beklagten sich und wünschten Heil und Glück den Scheidenden; bei Weitem die meisten aber verfluchten sie als Verräter. Alle Zurückbleibenden standen da mit Frau und Kindern. 4 Hierauf zogen die einen aus, die anderen begleiteten sie, wieder andere zögerten und wurden von Bekannten aufgehalten, einige hielten sich in langen Umarmungen umschlungen. Die Zurückbleibenden, welche die Ausziehenden sehr weit begleiteten, bezeigten ihnen unter lautem Zuruf ihr Mitleid und beschworen sie bei den Göttern, sie mitzunehmen oder selbst dazubleiben. 5 Bei jeder neuen Trennung erneuerte sich das Klagegeschrei auch der Übrigen, und Ströme von Tränen wurden vergossen. Aller Hoffnung auf eine bessere Zukunft entsagend, sahen, wie es zu gehen pflegt, die Zurückgelassenen, dann selbst die Scheidenden nichts als Elend im Geiste voraus. 6 Wenn man sie so betrachtete, hätte man geglaubt, dass zwei aus einem Volk, aus einer zwei Städte geworden seien, von denen die eine von Haus und Hof vertrieben fliehe, die andere, verlassen, dem Sieger zur Beute werden sollte. 7 So verließ Pompeius die Stadt, indem er die meisten Senatoren mit sich nahm. Einige blieben zurück, weil sie von Caesars Partei waren oder sich für keinen von beiden entschieden hatten. Eifrig betrieb er jetzt die Truppenaushebungen in den Städten, forderte Hilfsgelder ein und schickte überallhin Besatzungen.

      (10) Auf diese Nachricht rückte Caesar nicht gegen die Stadt Rom, die ja dem künftigen Sieger als Kampfpreis blieb und gegen die er nicht als seine Feindin, zu deren Schutz er vielmehr gegen die Ruhestörer (wie er vorgab) zu Felde zog, 2 sondern wandte sich – nachdem er durch ganz Italien hin Sendschreiben geschickt hatte, worin er Pompeius gleichsam vor Gericht lud, die anderen aber guten Mutes sein und daheimbleiben hieß, auch viele Versprechungen machte – gegen Corfinium, das, von Domitius besetzt, sich nicht ergeben wollte. Nachdem er diejenigen, die sich zur Wehr setzten, in einer Schlacht besiegt hatte, schloss er die Übrigen in der Stadt ein. 3 Pompeius gab, als diese belagert wurde und sich viele der anderen für Caesar erklärten, die Hoffnung, die er in Italien gesetzt hatte, auf und beschloss, nach Makedonien, Griechenland und Asien hinüberzugehen, denn er pochte auf das Gedächtnis der Taten, die er dort verrichtet hatte und auf die Ergebenheit der Völker und der Könige. 4 Auch ganz Hispanien war ihm zugetan, aber dahin konnte er sich, da Caesar Gallien besetzt hielt, nicht begeben. Zudem dachte er, dass, wohin er auch segelte, aus Mangel an Schiffen und wegen der Nähe des Winters – der Herbst war schon zu Ende – niemand ihn verfolgen würde, und dass er in dieser Zeit aus den Provinzen und von den Bundesgenossen viel Geld und Truppen in Ruhe zusammenziehen könnte.

      (11) In dieser Absicht zog er sich selbst nach Brundisium zurück und befahl Domitius, Corfinium preiszugeben und ihm zu folgen. Dieser fügte sich, obgleich er nicht ohne Mittel zur Gegenwehr war und seinen Leuten vertraute, da er, 2 ein alter Sullaner, der selbst unter jener Machtwillkür großen Grundbesitz erworben hatte, die Soldaten sowohl durch anderes als auch durch Verheißung von Grundstücken für sich gewonnen hatte, dennoch in den Befehl, und bemühte sich, in Sicherheit aus der Stadt zu kommen. Seine Leute merkten dies und gingen, da sie eine solche Entweichung als Flucht verschmähten, zu Caesar über und traten unter seine Fahnen. 3 Domitius aber und die anderen Senatoren schalt Caesar zwar, dass sie sich ihm entgegen gestellt hatten, ließ sie jedoch frei, und sie gingen zu Pompeius.

      (12) Caesar wünschte sehr, mit Pompeius, ehe er abführe, eine Schlacht zu liefern, den Krieg in Italien zu beendigen und ihn deshalb in Brundisium festzuhalten; denn da die Schiffe nicht ausreichten, hatte dieser die Konsuln und andere vorausgeschickt, damit sie nicht, indem sie zurückblieben, ihm treulos würden. 2 Caesar aber, der sah, dass der Platz nicht leicht zu nehmen war, lud ihn, Frieden und Freundschaft anbietend, zu Unterhandlungen ein. Als dieser jedoch erwiderte, dass er seine Anträge den Konsuln, weil diese den Beschluss gefasst hatten, dass mit keinem bewaffneten Bürger unterhandelt werden dürfe, mitteilen wollte, griff er die Stadt an. 3 Pompeius verteidigte sich einige Tage, bis die Schiffe zurück waren.143 Inzwischen hatte er die Straßen zum Hafen verschanzt und verrammelt, um bei der Abfahrt nicht angegriffen zu werden. Nachts fuhr er auf die hohe See und setzte glücklich nach Makedonien über. Brundisium wurde genommen und zwei voll bemannte Fahrzeuge daselbst erbeutet.

      (13) So verließ Pompeius sein Vaterland und Italien, indem er von dem, was er früher, da er aus Asien einlief, getan hatte, gerade das Gegenteil wählte und tat, weshalb ihn denn auch das Gegenteil des damaligen Glücks und Ruhmes seiner wartete. 2 Denn er, der früher, um die Mitbürger nicht zu beunruhigen, sogleich in Brundisium seine Heere entlassen hatte, führte jetzt aus Italien andere gegen seine eigenen Mitbürger hinaus, er, der die Reichtümer der Barbaren nach Rom gebracht hatte, führte jetzt alles, was er konnte, ins Ausland fort, 3 verzweifelte an der Heimat und gedachte mithilfe der Fremden, den vordem von ihm selbst Unterjochten, das Vaterland zu bekämpfen, setzte größere Hoffnung der Rettung und der Macht auf jene, als auf seine Landsleute, um die er sich verdient gemacht hatte. 4 Statt wie früher, da er ruhmgekrönt aus den Kriegen heimkehrte, entwich er jetzt gedemütigt und vor Caesar sich fürchtend und erntete statt des Ruhms, den er früher aus des Vaterlands Verherrlichung erworben hatte, durch dessen Preisgabe Schmach und Beschimpfung.

      (14) Gleich auf der Höhe von Dyrrhachium erfuhr Pompeius, dass es nicht gut mit ihm enden würde. Bei der Landung wurden einige Soldaten vom Blitz erschlagen und die Feldzeichen von Spinnen umsponnen. Als er aus dem Schiff stieg, folgten ihm Schlangen und verwischten seine Fußstapfen. 2 Diese Vorzeichen wurden ihm zuteil, aber auch der ganzen Stadt hatten sich in diesem Jahr und kurz vor dessen Beginn andere gezeigt. Denn bei inneren Unruhen wird der Staat von beiden Seiten benachteiligt; so ließen sich denn in der Stadt selbst Wölfe und viele Nachteulen sehen 3 und wiederholte Erdbeben mit innerem Gedröhne wurden verspürt. Von Osten nach Westen fuhr am Himmel ein Feuer, ein anderes legte nebst anderen Gebäuden auch den Quirinustempel in Asche, die Sonne verfinsterte sich gänzlich, Blitze beschädigten das Zepter Iupiters, den Schild und den Helm des Mars auf dem Capitol und die Gesetzestafeln, 4 viele Missgeburten wurden von Tieren zur Welt gebracht; auch trug man sich mit einigen Orakelsprüchen als von der Sibylle herrührend. Viele weissagten, vom Geist ergriffen. Kein Stadtpräfekt wurde, wie sonst, des Latinerfestes wegen, gewählt, sondern sein Amt, nach einigen, von den Prätoren versehen; andere aber berichten, dass sie es erst im folgenden Jahr getan hätten. 5 In jenem geschah es wenigstens ebenfalls. In diesem Jahr starb auch Perperna, der mit Philippus Zensor gewesen war, der letzte von allen, die im Senat saßen und seine Zensur noch erlebt hatten. Auch dies schien Vorbedeutung. 6 Natürlich erregten diese Wunderzeichen Unruhe; da aber beide Teile glaubten und hofften, dass sie nur dem Widersacher Unheil

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