Скачать книгу

ließen auch neue Friedensvorschläge machen, und einige gaben sich dem leeren Wahn hin, dass es zu einer wirklichen Versöhnung kommen dürfte. Wie war es aber möglich? Beide strebten nach der Oberherrschaft, beide, von Natur ehrgeizig und durch die Umstände eifersüchtig, wollten, 3 da man sich am wenigsten von Ebenbürtigen und Verwandten etwas gefallen lassen will, einander in nichts nachgeben, weil jeder zu siegen hoffte. Beide konnten sich, wenn auch ein Vergleich zustande kam, nicht trauen, immer besorgt, der andere könnte höhere Macht begehren und sich zu neuem Parteikrieg erheben.

      (54) Denn nur so weit unterschieden sich ihre Bestrebungen, dass Pompeius in nichts der Zweite, Caesar überall der Erste sein wollte: Jener wollte freiwillige Verehrung, freiwillige Unterordnung, Liebe; Caesar aber machte es keine Sorge, wenn er über andere auch gegen ihren Willen herrschte, auch gehasst herrschte und Ehre nur sich selbst gab. 2 Die Handlungen, durch die jeder sein Ziel zu erreichen suchte, waren die gleichen und mussten es sein. Keiner konnte erlangen, wonach er strebte, ohne seine Mitbürger zu bekriegen, Ausländer gegen seine Landsleute zu führen, Gelder auf unrechtmäßige Weise zusammenzuraffen, und viele, selbst der besten Freunde, zu opfern. 3 So sehr also ihre Begierden verschieden waren, so war doch die Handlungsweise, durch welche sie jene zu befriedigen suchten, dieselbe. Darum gaben sie auch einander nicht nach, und jeder suchte seine Sache zu beschönigen, bis es endlich zum Kampf kam.

      (55) Und war je ein Krieg bedeutend, so war es dieser. Sie, die zwei Führer, galten nicht nur bei den Römern, sondern in der ganzen damals bekannten Welt für die größten Meister in jeder Kunst des Krieges. Von Jugend an in den Waffen geübt und mit Kriegen vertraut, hatten sie große Taten verrichtet und verdienten, wie durch Tapferkeit ausgezeichnet, so durch Glück begünstigt, den ersten Preis der Feldherrnkunst und des Sieges. 2 Der Kern und die Mehrzahl von Caesars Heer hatte in römischen Legionen gedient oder war aus der streitbarsten Mannschaft ganz Italiens, Spaniens, Galliens und der von ihm bezwungenen Inseln gebildet. Pompeius hatte viele Senatoren, Ritter und ausgehobene Krieger mit sich genommen und aus den Provinzen und von den mit Rom verbündeten Völkern und Königen eine große Macht um sich versammelt. 3 Denn außer Pharnakes und Orodes (selbst diesen, obgleich seit Crassus’ Ermordung ein Feind, hatte er zu gewinnen gesucht) unterstützten ihn alle anderen, die nur irgendwie mit ihm befreundet waren, mit Geld, und schickten oder führten ihm Hilfstruppen zu. 4 Der Parther hatte ihm, gegen Abtretung Syriens, gleichfalls Hilfe zugesagt, diese blieb aber, weil man hier nicht nachgab, aus. Die Übermacht des Pompeius glich Caesar durch die Streitbarkeit seiner Leute aus: So stand bei gleichem Ehrgeiz die Waagschale der Kräfte und der Gefahr bei beiden gleich.

      (56) Aus vorgedachten Gründen und der Veranlassung und der Absicht des Krieges wegen, war dieser Kampf von höchster Wichtigkeit. Die Stadt Rom mit ihrer ganzen Macht, so groß und ausgedehnt sie schon damals war, lag als Preis vor dem Sieger. Denn allen war klar, dass sie dem Überwinder dienen müsste. 2 Mit dieser Aussicht waren Pompeius seiner Siege in Afrika, gegen Sertorius, Mithridates, Tigranes, auf dem Meer und Caesar der seinen in Gallien, Hispanien, am Rhein und in Britannien eingedenk 3 und überzeugt, dass all dies auf dem Spiele stand, und, begierig, sich auch den Ruhm des Gegners zuzueignen, zu höchster Anstrengung angespornt. Denn nicht nur der Besitz des Besiegten, auch sein Ruhm würde dem Sieger zuteil. Je größer und mächtiger der Gegner ist, den man überwindet, umso höher hebt man sich selbst.

      (57) Deswegen waren auch die Reden, die sie an ihre Heere hielten, einander gleich. Sie sagten alles, was in solcher Lage über die Gefahr des Augenblicks und ihre Folgen sich sagen ließ. Da sie aus derselben res publica hervorgegangen waren und über denselben Gegenstand zu reden hatten, 2 mussten sie notwendigerweise darin zusammentreffen, dass jeder den anderen als einen Tyrannen schilderte, sich selbst aber als Befreier pries: Hier sei Heil, dort Tod, hier Herrschaft, dort Sklaverei, hier alles gewonnen, dort alles verloren, hier das größte Unglück, dort die Macht, alles zu beherrschen. 3 Durch solche Reden suchten sie die Bürger zu gewinnen sowie die Untertanen und die Bundesgenossen durch Hoffnung auf eine bessere Zukunft und durch Furcht vor härteren Schicksalen anzuspornen, und veranlassten so Landsleute, Zelt-, Tisch- und Bundesgenossen sich gegenseitig zu würgen. 4 Doch warum sollte man das Los der anderen beklagen, da die Führer selbst all dies einander waren, sich die geheimsten Anschläge anvertraut und miteinander ausgeführt hatten, ja selbst durch das Band der Verwandtschaft miteinander geknüpft, dasselbe Kind, der eine als Vater, der andere als Großvater, geherzt hatten und einander dennoch feindlich gegenüberstanden? Denn das Band, welches die Natur durch Verwandtschaft geknüpft hatte, wurde jetzt durch unersättliche Herrschsucht aufgelöst, getrennt, zerrissen. Also wurde Rom für und wider sich zu kämpfen genötigt und in seinem eigenen Sieg besiegt.

      (58) So stellten sie sich denn in solchem Streit einander gegenüber, ließen aber nicht sogleich die Waffen sprechen: Eines Vaterlands Bürger, eines Hauses Kinder, hatten sie einerlei Waffen, einerlei Schlachtordnung und bedachten sich, den Kampf anzuheben und einander zu morden. 2 Tiefe Stille herrschte in beiden Heeren, tiefe Niedergeschlagenheit. Keiner drang vor, keiner regte sich. Die Augen niedergeschlagen standen sie wie leblos da. Besorgt nun, sie möchten durch längeres Zögern entmutigt werden oder wohl gar sich vertragen, ließen Caesar und Pompeius zum Angriff blasen und die Soldaten das Feldgeschrei erheben. 3 Beides geschah; aber nicht nur erhob dies nicht ihren Mut, sie wurden vielmehr durch den gleichen Trompetenschall und gleichsprachiges Feldgeschrei noch mehr erinnert, dass sie eines Volkes und Brüder wären. Sie brachen in Tränen und Klagen aus.

      (59) Endlich, als die Hilfsvölker den Angriff begannen, stürzten auch die Römer, durch sie zur Wut gereizt, besinnungslos in den Kampf. Die anderen, die aus der Ferne stritten und nicht wussten, wen sie mit den Pfeilen, Wurfspießen und Schleudersteinen trafen, waren minder übel daran; 2 desto härteren Stand hatten die Schwerbewaffneten und die Reiterei, die so nahe aneinandergerieten, dass sie miteinander reden konnten. Sie kannten ihre Gegner, verbündeten sich, riefen sich zu, stießen sich nieder. Sie erinnerten sich des gemeinsamen Vaterlands und mussten dem Liegenden die Rüstung nehmen. 3 Solches litten und taten sich die Römer und die italischen Bundesgenossen, wo sie aufeinandertrafen. Viele trugen ihren Mördern noch manche Nachricht an die Ihrigen und in die Heimat auf. 4 Die Truppen aus den Provinzen stritten mutig und schonungslos, wie einst für die eigene Freiheit so jetzt darum, die Römer zu Sklaven zu machen und ihnen, denen sie sonst in allem nachgestanden hatten, ein gleiches Schicksal zu bereiten.

      (60) Am hitzigsten und vielgestaltigsten war hier die Schlacht schon deshalb, aber auch wegen der Menge und der verschiedenartigsten Bewaffnung. Eine unzählbare Menge von Schwerbewaffneten, Reitern, Bogenschützen und Schleuderern bedeckte das Schlachtfeld; und, überall hin verbreitet, fochten sie durcheinander, bald Freund gegen Freund (weil alle gleiche Waffen hatten) bald gegen die Feinde. 2 Überlegen waren unstreitig die Pompeianer an Reiterei und Bogenschützen, sodass sie, wenn sie von fern einen Teil überflügelt hatten, plötzlich über ihn herfielen, sie in Unordnung brachten und sich wieder zurückziehen konnten, dann bald von dieser, bald von jener Seite den Angriff erneuerten. 3 Um sich ihrer zu erwehren, rückten die Caesarianer mit ihren Gliedern auseinander und machten überall Front gegen die Angreifenden, gingen ihnen zu Leibe und fielen Ross und Mann eifrig an, da eben hierzu Leichtbewaffnete unter die Reiter gemischt waren. 4 Und dies geschah nicht an einem Ort, sondern, wie ich schon erwähnte, bald hier, bald dort, sodass man die einen aus der Ferne, die anderen in der Nähe fechten, die einen verwundet, die anderen verwundet werden, hier fliehen, dort verfolgen und so viele Kämpfe zu Fuß, viele zu Pferd, in den verschiedensten Gestalten sah. 5 Oft veränderte sich plötzlich die Lage. Wer soeben noch verfolgte, floh; ein anderer, der soeben noch ausgewichen war, griff jetzt an. Der soeben einen verwundet hatte, wurde selbst verwundet, der Gefallene erlegte den Stehenden. Viele, noch unverwundet, wurden getötet, andere, schon halb tot, mordeten noch. 6 Die einen freuten sich und stimmten den Siegesgesang an, die anderen brachen vor Schmerz in Wehklagen aus. Das ganze Schlachtfeld war ein Geschrei und Gewinsel; dies selbst schon brächte viele aus der Fassung. Die

Скачать книгу