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      FLIEGE. Sogleich, Madam. Ich bitte ergebenst, im Augenblick mein Haus zu verlassen. Sehn Sie mich nicht so zornig an; erinnern Sie sich, was Sie so oft von der Herrschaft der Vernunft über die Leidenschaften gesagt haben. Genug. Gehn Sie nach Hause, und lassen Sie von Herrn Murner den Vorfall in seine Reisebeschreibung setzen. Leise. Sie haben heute ein falsch Zeugniß abgelegt; ich danke Ihnen dafür; – gehn Sie still fort, und grämen Sie sich, oder ich spreche lauter.

      MADAM MURNER geht ab.

      RABE. Fliege, nur ein Wort.

      FLIEGE. Wollen Sie nicht auch nach Hause gehn? Worauf warten Sie denn? – Ich glaube, diese Perl gehörte Ihnen? Ja, ja. Und dieser Diamant auch! Richtig; – und ich danke Ihnen ergebenst. – Leiser. Sein Sie nur ruhig; ich will Sie nicht verrathen. – Fort, grämen Sie sich, oder werden Sie toll! wie es Ihnen gefällt.

      RABE geht ab.

      GEYER. Er betrügt sie gewiß alle zu meinem Besten.

      V. KRÄHFELD hat indeß im Testament gelesen. Fliege der Erbe! – Ich bin verrathen! durch einen Schurken betrogen! Wie Kerl? So hast Du mich hintergangen?

      FLIEGE. Ja, gnädiger Herr; aber geben Sie sich nur zufrieden. Sie haben nun hier lange genug mit dem Krückstock und der rothen Habichtsnase herumgespürt. Etwas leiser. Wollten Sie's nicht, daß ich meinen Herrn vergiften sollte? – Gehn Sie nach Hause und hängen Sie sich auf. Fort, fort; – und wie gesagt, aufgehängt! –

      V. KRÄHFELD geht ab.

      GEYER. Nun Du getreuer Fliege, jetzt erkenn' ich Deine Redlichkeit.

      FLIEGE. Wie?

      GEYER. Du bist ein wackrer Mann.

      FLIEGE. Ein Tisch von Porphyr. – Ich habe doch viel Mühe dabei.

      GEYER. O laß das jetzt; sie sind schon fort.

      FLIEGE. Wie? Wer sind Sie? Was? Hat man nach Ihnen geschickt? Ihr Diener, mein gelehrter Herr! Wahrhaftig, es thut mir sehr leid, daß alle Ihre Bemühungen unnütz gewesen sind. Aber, ich versichre Sie, es ward mir aufgedrungen; ich wünschte, es wäre nicht geschehn; aber – man muß den Befehl eines Sterbenden respektiren. Mein Trost ist nur, daß Sie es nicht so nöthig brauchen; denn Sie besitzen ein Talent, (und dafür müssen Sie Gott danken,) das Sie nie wird Mangel leiden lassen, so lange noch Menschen leben, die närrisch genug sind, Prozesse zu führen. – Wenn ich nur halb so viel Verstand hätte, so wollte ich schon davon wie vom größten Kapitale leben. – Sie kennen die Gesetze; und ich traue Ihnen auch so viel Gewissen zu, daß Sie mir mein Glück nicht beneiden werden; es wird mir auf die Beine helfen. – Gehen Sie nach Hause, und sein Sie ruhig.

      GEYER. So stehn also die Sachen? Er geht in Gedanken ab. V. FUCHS kömmt zurück.

       Inhaltsverzeichnis

      V. FUCHS. FLIEGE.

      V. FUCHS. O Fliege, ich muß Dich an mein Herz drücken. Du glaubst nicht, wie gut Dir diese Niederträchtigkeit stand.– Geh, zieh Dir sogleich mein prächtigstes Kleid an, nimm den Degen mit Brillanten besetzt, und so geh durch die Straßen, um sie noch mehr zu quälen. Wir müssen den Spaß so weit treiben, als es nur möglich ist.

      FLIEGE. Schön!

      V. FUCHS. Könnt' ich doch irgend eine Verkleidung erdenken, um sie darin zu sprechen. Wie wollt' ich sie dann auf alle mögliche Art foltern!

      FLIEGE. Ich kann Ihnen eine verschaffen.

      V. FUCHS. Kannst Du?

      FLIEGE. Ich kenne einen von den Gerichtsdienern, der ohngefähr Ihre Größe hat: Zu diesem will ich gehn, und Ihnen seine Kleider bringen.

      V. FUCHS. Vortrefflich!

      FLIEGE. Dann müssen Sie ihnen recht die Daumschrauben ansetzen.

      V. FUCHS. O sie sollen vor Aerger ersticken. Beide gehn ab.

       Inhaltsverzeichnis

      (Straße vor dem Hause des Herrn VON FUCHS.)

      MURNER. BIRNAM, von verschiedenen Seiten.

      BIRNAM. Nun, da sind Sie ja auch wieder.

      MURNER. Ja, ich bin, wie auch natürlich war, losgesprochen. Ein verdammter Vorfall!

      BIRNAM. Ich bin auch froh, daß ich wieder aus dem Loche in die freie Luft gekommen bin.

      MURNER. Sie sehn verdrüßlich aus.

      BIRNAM. Natürlich; – ich werde auch bald abreisen.

      MURNER. Abreisen? Warum?

      BIRNAM. Mir ist eine Stadt verhaßt, wo man sich nicht einmal verlieben kann, ohne daß es von allen Kanzeln abgelesen wird. – Wie befinden Sie sich?

      MURNER. Ach, auch gar nicht wohl.

      BIRNAM. Wie so?

      MURNER. Mir ist indeß gar mancherlei Unglück zugestoßen.

      BIRNAM. Ich bin begierig –

      MURNER. Ach lieber Freund, ich muß diese Stadt verlassen; und was mich dabei am meisten dauert, ohne sie recht genutzt zu haben.

      BIRNAM. Warum wollen Sie aber schon abreisen?

      MURNER. Da wird nach meinem Willen nicht gefragt; denn, wenn es auf mich ankäme, so würde ich noch sehr lange hier bleiben.

      BIRNAM. Sie sind gezwungen?

      MURNER. Leider!

      BIRNAM. Hat etwa die Regierung etwas von Ihren kühnen Projekten erfahren?

      MURNER. Nichts weniger, – und wenn auch; sie weiß zu gut, wie unschädlich die Projekte der Gelehrten sind.

      BIRNAM. Fürchtet man etwa, Sie wollten aus dem Staat eine Republik bilden?

      MURNER. Dazu bin ich der Mann nicht.

      BIRNAM. Es ist aber möglich, daß die hiesigen Dichter ein Komplott gegen Sie gemacht haben –

      MURNER. Nein, nein.

      BIRNAM. Oder die Philosophen?

      MURNER. Ei bewahre!

      BIRNAM. Oder Sie haben gar in der Hitze jemand ermordet?

      MURNER. Das ist gar nicht meine Gewohnheit.

      BIRNAM. Nun so weiß ich keinen andern Grund.

      MURNER Sie sind viel zu fern: er liegt mir unendlich näher.

      BIRNAM. Nun?

      MURNER. Sie wissen, ich habe eine Frau; Sie haben sie ja heut gesehn.

      BIRNAM. Und gehört.

      MURNER. Nun, diese meine Frau will durchaus nicht länger hier bleiben.

      BIRNAM. Und warum nicht?

      MURNER. Weiß der Himmel, was ihr so plötzlich eingefallen ist. Kurz, sie will durchaus fort.

      BIRNAM. Aber aus welchem Grunde?

      MURNER. Sie scheint gar keinen zu haben, sondern es kommt mir mehr wie eine natürliche Aversion vor. Es ist aber immer eine merkwürdige Erscheinung in der menschlichen Seele, da ihr vorher diese Stadt so außerordentlich gefiel. – Wenn es irgend möglich ist, so werde ich etwas darüber schreiben, um mich für meinen Verlust doch einigermaßen zu entschädigen.

      BIRNAM. Aber müssen Sie denn so durchaus gehorchen? Haben Sie denn gar keine Stimme?

      MURNER. O ja; aber Sie haben heut ja wohl gehört,

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