Скачать книгу

      LUISE. O sprich nicht so, lieber Ferdinand –

      RAMSTEIN. Ich sterbe – und werde nicht mehr genannt. Mit dem toten Feinde versöhnt man sich so leicht, – du erzählst ihm unsre ganze Geschichte, – er müßte ein Unmensch sein, wenn er dich nicht ebenso wie vorher lieben sollte.

      LUISE. Aber ich kann dich nicht wieder vergessen.

      RAMSTEIN. Ach, Luise, – ich will dich nicht noch einmal daran erinnern. – Ich sterbe, – und Luise vergißt mich, – sie weint, trauert – und lächelt endlich wieder. – Ferdinand ist dann tot und kömmt nicht wieder zurück, sie in ihren Umarmungen zu stören.

      LUISE. Ach Ferdinand, du lässest mich viel dulden.

      RAMSTEIN. Laß doch morgen das Haus sehr früh öffnen, ich muß noch vor Sonnenaufgang fort, – ich kann deinen Mann nicht wiedersehn! Luise, nun laß uns Abschied nehmen. – Es ist eine feierliche Stunde.

      LUISE. Du scheidest von mir.

      RAMSTEIN. Ich scheide. – Liegt itzt nicht alles, was ich je litt, worüber ich mich je freute, wie ein Traum vor mir? Mir ist, als wäre so etwas nie wirklich gewesen. – Daß ich dich liebte, daß ich dich verlor, diese beiden Empfindungen sind die einzigen, die ich aus dem Ruin gerettet habe; alles übrige liegt in wilden Trümmern.

      LUISE. Nun, dann ist auch aller Zorn in dir untergegangen?

      RAMSTEIN. Luise, ich liebe nicht mehr, aber ich kann auch nicht mehr hassen, – ich nehme als Geist von dir Abschied. – Warum fährst du vor diesem Gedanken zurück? – Und nun, Luise, wirst du mir nun meine letzte Bitte abschlagen?

      LUISE. Was verlangst du?

      RAMSTEIN. Umarme mich zum letztenmal, deinen Kuß will ich dann mit ins ruhige Grab nehmen. – Thu es, Luise, ich werde dann freudiger sterben. (Luise umschlingt ihn mit ihren Armen, er küßt sie). Dieser Kuß ist das letzte Andenken, das ich dir gebe. Hörst du, Luise? zuweilen denk' noch an mich, ( Luise weint und kann nicht sprechen.) Wenn's auch nur so kalt und vorübergehend ist, wie man an einen gleichgültigen Bekannten denkt, nur denk' zuweilen noch an mich, daß ich mit dem Troste sterben kann, ich sei in deinem Gedächtnis nicht ganz gestorben. – Versprichst du mir das, Luise?

      LUISE ( leise). Ja. – ( Sie fährt erschrocken aus seinen Armen, laut schreiend.) Es steht jemand hinter uns!

      RAMSTEIN. Wo? – wo?

      LUISE ( ohne sich umzudrehen, hinter sich nach der Wand zeigend). Dort!

      RAMSTEIN. Es sind unsere Schatten, Luise, – sieh, wie gräßlich verzerrt sie sich hin und her bewegen.

      LUISE. Ich mag nicht hinsehn. – Lebe wohl!

      RAMSTEIN. Lebe Wohl, – wenn ich fortdaure, soll mein Geist dich stets umschweben.

      LUISE. Nein, Ferdinand, nein – das nicht, o, ich bin zu schwach, – ich fühl's, ich könnte wahnsinnig werden. – Höre, wie der Wind die Wetterhähne wirft! Es ist eine fürchterliche Nacht.

      RAMSTEIN. Nun, so lebe dann wohl!

      LUISE. Lebe wohl! – ( Sie sieht ihn lange und bedeutend an.) Ach Gott, – Ferdinand!

      RAMSTEIN. Warum starrst du mich so an?

      LUISE ( langsam). Du siehst fürchterlich aus, – ganz wie eine Leiche! – ( Erschrocken zurückfahrend.) Hinweg! – Ich glaube, du bist tot!

      RAMSTEIN. Luise! ( Er will auf sie zu eilen.)

      LUISE. Weg von mir! – ( Sie geht schnell ab.)

      RAMSTEIN ( sieht ihr lange nach! eine Pause; – mit schwerer Stimme.) Es war vorbei! – ( Er öffnet die Thür und geht schweigend in sein Zimmer)

       Inhaltsverzeichnis

      WALLER (steht wie betäubt und tritt hervor. Er geht auf und ab, seine Brust keucht, sein Gesicht glüht, er will sprechen, er kann nicht. Eine Pause.)

      Verrat! – Verrat! – Himmel und Erde! – So stehn wir miteinander, Luise? – Betrogen! Ha, wie es siedend zu meinem Herzen strömt! Lust, – Lust! – ( Er geht umher und steht wieder still.) Wie kalt bin ich auf einmal, – wie wüst ist mein Kopf, – mir schwindelt! – – Luise! – Ein elendes, gemeines Weib! – Ich liebe sie nicht, – ich habe sie nie geliebt, – ich verachte, – ich hasse sie! – Verflucht sei ihr Name! – – Was sie mögen gesprochen haben, – alle meine Sinne waren betäubt, – ich hörte nur einzelne Worte, – aber seine Umarmung, – sein Kuß – O! – Was hielt mich zurück, daß ich nicht hervorsprang und sie mit diesen Händen erwürgte? – ( Er geht umher, steht still, er tritt ans Klavier und findet die Hälfte des Apfels, den er Luisen gegeben hatte. Er schlägt den Blick empor, steht nachdenkend und scheint seine Begriffe zu ordnen.) War es nicht heute, als ich ihr diesen Apfel gab? – heute? – Es ist nicht möglich, – bis zur Unkenntlichkeit fern liegt die Zeit, in der ich sie liebte, – und doch war es heut'! – Wie hat sich alles geändert! – Dies war ein Geschenk von mir, – dem meine Liebe einen so hohen Wert beilegte, – und sie warf es verächtlich hieher! – O hätte sie es nur aus seiner Hand, aus seiner Hand gehabt! – Ha! ihre Eide gehn in Erfüllung! ich ernte den Lohn meiner Liebe ein! – Liebe! Des Klangs ohne Sinn! – Noch niemand hat geliebt, – mir, mir Unglückseligen ward diese Empfindung aufbehalten, um aus ihr eine Hölle zu saugen. – Ha! die schöne Zukunft nimmt ihren Anfang, – meine goldenen Träume werden wirklich! – Das Messer, mit dem ich diesen Apfel spaltete? – Ist mir doch, als sollt' ich mir diesen Stahl ins Herz stoßen! – Es braust und donnert um mich her, eine unbekannte Gottheit drängt diese Spitze gegen meine Brust, – wenn – o dann wäre ja alles vorüber. – Und ich sollte ihr diesen Triumph gönnen? – Ha! wie würde sie den voreiligen Thoren belachen! – Sie liebt ihn, – mein Leichnam wäre der Grund, auf dem sie ihr Glück bauten, – nein, diesen Reiz hat das Leben noch für mich, daß mein Dasein sie quälen wird. – Oder kehre diese Schneide gegen diese Schlange selbst! O, Rache, Rache muß so süß sein! – So gelassen sollt' ich es hinnehmen? – Himmel! itzt erst fühl' ich das ganze Gewicht ihres Verbrechens, – mein Blut war in Eis erstarrt, – ich war fühllos wie ein Stein! – So schändlich ward noch kein Mann betrogen. – ( Gegen das Bild gekehrt.) Ha! verdammtes Gesicht! Hatte nun meine mißtrauische Ahndung nicht Recht, Betrüger? – Du lächelst? – so kalt, so verächtlich lächelst du auf mich herab? – ( Er durchsticht es mit dem Messer.) Sieh! Dies ist meine Rache! – Noch Lächeln? – ( Er zerfetzt das Gesicht.) Sieh! Schändlicher! das ist deine Strafe! – ( Er hält ein, lachend.) Wahnsinniger! Es ist ja nur sein Bild! – Er ruht in stolzer Sicherheit und verlacht deine Ohnmacht! – In Sicherheit? – Und wer macht ihn sicher? Wer? – Hier schallte sein Kuß, – hier drückte er sie an sein Herz, – o, diesen Druck muß ich wieder von seinem Herzen holen! – Er schläft, indes tausend Qualen meine Seele nagen! – Er schläft, der Bösewicht! indes mich die Verzweiflung peitscht, – O, schlafen soll er nicht, ich will ihn wecken! – ( Er geht rasch in das Nebenzimmer.)

       Inhaltsverzeichnis

      LUISE (die leise und furchtsam zurückkommt).

      Hier ist er auch nicht, ich kann ihn nirgends finden, – und doch muß ich ihn finden, – ich muß ihm alles sagen, – es zerdrückt mir's Herz: – mag er mich nicht mehr lieben, – mag er mich hassen, – mich verabscheun, – ich muß es ihm sagen. – Hier ist er nicht, im Garten auch nicht, – ich wag' es nicht, noch einmal in den Garten zu gehen, – er muß dort sein! – Die Einsamkeit steht dort so stumm, die stille Nacht wandelt mit leisen Schritten übers Feld. –

Скачать книгу