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      RAMSTEIN in Reisekleidern. EIN AUFWÄRTER. Beide treten nach einer Pause herein.

      AUFWÄRTER. Spazieren Sie indes nur hier herein.

      RAMSTEIN. Also nicht zu Hause? – Auch nicht Madam Waller?

      AUFWÄRTER. Ich glaube wohl. Sie wird wahrscheinlich in dem Garten sein, ich will sie sogleich rufen. ( Er geht ab.)

       Inhaltsverzeichnis

      RAMSTEIN.

      Ramstein! Nun bist du da! ( Er betrachtet das ganze Zimmer.) Dies ist also ihre Wohnung? – Wenn sie nun kömmt, was soll ich ihr sagen? Was wird sie mir sagen? – Gott! hier, hier lebt sie also, – hier in seinen Armen! Mir ist wunderbar zu Mute. – Alles ist hier in den Straßen so häuslich, so ländlich, – wie ich von dem Berg herabfuhr und mir die Glocken des kleinen Kirchturms entgegentönten, – wie ich über die Brücke wollte – und der Strom ganz im Rot des Abends schwamm, – wie ich von der Anhöhe in die kleinen Straßen hineinsah, – der Rauch aus den Dächern stieg, – Gott! mein Herz klopfte so ungestüm und steht noch nicht still. – Alles hier so patriarchalisch, alles in einer glücklichen Eingeschränktheit, – so nachbarlich und zutraulich, – und ich komme hieher, dieses Glück zu stören? – Nein! nur noch einmal sehn will ich sie, ewig von ihr Abschied nehmen, – das kann sie mir nicht verargen. Ich hätte keine Ruhe gehabt, wenn ich sie nicht noch einmal gesehn hätte! – – ( Er erblickt das Bildnis.) – Sie hat noch mein Gemälde! – Ach! wie es gewaltsam in meinen Busen zurückströmt! Wie alle Erinnerungen so schneidend wiederkommen! – Luise! – Ach, in jenen holdseligen Tagen, als ich ihr gegenüber saß und sie die Langsamkeit des Malers schalt, – wie sie immer noch etwas an dem Gemälde zu tadeln hatte, wie es ihr immer noch nicht schön und vollkommen genug war, wie mein Blick sich in ihr Lächeln verwickelte, – ach, es zerdrückt mir das Herz! – Warum kann ich es nicht vergessen? – Es war eine schöne Zeit, – die Welt war mir damals doch ganz anders, – es war eine schöne Zeit. – Was konnt' ich nicht bei jeder Blume, bei jedem grünen Blatt empfinden! Welcher Sinn der Schönheit lag in jedem rauschenden Baum, – alles ist jetzt so ausgestorben. – ( Er schlägt schwermütig einen Ton des Klaviers an.) Es ist noch dasselbe Klavier, auf dem sie mir so oft etwas vorgespielt hat. – Wie sie mir so oft Lieder sang und ich ihr so sorgfältig die Blätter umschlug, – wie sie mich dann beim Schluß anlächelte und mir boshaft alles, Ruhe, Freude, Leben stahl, – um es mir nie zurückzugeben! – ( Bitter lächelnd.) Madam Waller! – Verdammt sei dieser fremde, verhaßte Name! – Ich höre jemand kommen. – Mein Herz klopft hörbar. – Ob sie es ist? – Himmel, wo werd' ich die Fassung hernehmen, nur ein Wort zu sprechen?

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      RAMSTEIN. LUISE.

      LUISE ( hereintretend). Verzeihen Sie, daß ich Sie habe warten lassen.

      RAMSTEIN ( will auf sie zueilen, er fühlt sich zu schwach und bleibt stehn; seine Empfindung löst sich in den Ausruf auf). Luise!

      LUISE ( die ihn erkennt, erschreckend). Ferdinand!

      RAMSTEIN. Ach ja, ja! sie ist es noch! es ist noch der Ton der Stimme, der sonst diesen Namen sprach, – ach Luise! Luise!

      LUISE. Gott! – Ferdinand! – Mir –

      RAMSTEIN. O Himmel, nun hab' ich ja den Augenblick gelebt, den ich zu leben wünschte, ich habe sie ja gesehn, sie hat mich angeblickt, – nun habe ich diese Freude überstanden, nun mag kommen, was da will. – ( Pause.) Du sprichst nicht? – Du schlägst die Augen nieder? – Verdien' ich denn kein Wort? – Gott im Himmel, Luise, nur einen Blick, nur einen Laut aus jener Zeit, oder du machst mich rasend!

      LUISE. Seltsam! – Wie? – Sie kommen zu mir?

      RAMSTEIN. Du wunderst dich darüber? – Stand es in meiner Macht, nicht zu kommen? – O Luise, sehn mußt' ich dich noch einmal, ich konnte nicht so sterben, und hätt' ich mich dadurch von der Verdammnis loskaufen können!

      LUISE. Und warum – warum kommen Sie?

      RAMSTEIN. O frage mich das nicht. – Ach Luise, alles, alles ist in dir ausgestorben. – Sie – so begrüßest du deinen Geliebten, der vom Grabe herkömmt, um das letzte Lebewohl von deinen Lippen zu holen und dann ins Grab zurückzugehn? – Auch die letzte, fernste Ahndung meiner verschwundenen Seligkeit willst du mir rauben? – Du bist zu grausam, Luise.

      LUISE ( verlegen). Ramstein, – was wollen Sie, – wo kömmst du her?

      RAMSTEIN ( sie mit festem Auge anblickend). Luise! ( Luise sucht ihre Augen vor seinem Blicke zu verbergen.) Luise! – Als wir schieden, dacht' ich nicht, daß wir uns so wiedersehen würden.

      LUISE ( schmerzlich). Ferdinand!

      RAMSTEIN. Nein, das glaubt' ich nicht. Ach Luise, warum hast du mir das gethan? – Alles konntest du vergessen, alles? – Auch der letzte Funken der Flamme erstarb in dir, die einst so hell für mich brannte? – Alles, alles? – O des wahnsinnigen Thoren, der seine Seligkeit aus Weibertreue setzte! ich mußte verlieren, die Würfel fielen ja aus der Hand eines falschen Spielers! – Ach, Luise!

      LUISE. O sprich nicht mehr davon, Ferdinand, – es ist geschehn, – wir können es nicht ändern, – und wollen es auch nicht andern.

      RAMSTEIN. Nein, nein, wir wollen es nicht ändern. – O wie fremd bist du meiner Seele geworden, – das ist nicht Luise, die mich einst ihren Ferdinand nannte.

      LUISE. Du bist mir fremd –

      RAMSTEIN. Ja, denn ich gleiche dem Bilde dort nicht mehr, dies ist nicht mehr der Mann, der einst Luisens Blicke auf sich zog, – O was soll mir noch Gesundheit und Leben, da sie mich nicht mehr liebt.

      LUISE. Ferdinand, es ist genug,

      RAMSTEIN. O ja, ja; – O ich danke dir, Luise. Gottlob! ich fühle den Tod in meinem Innern, lange werd' ich 's nicht mehr machen, dafür hast du schon gesorgt.

      LUISE. Ich? – ich? – Ferdinand, du thust mir sehr unrecht. – Ach Gott, ich habe viel um dich gelitten. – Grausamer, schon war ich aus dem Wege dich vergessen zu können, und nun kömmst du zurück, schadenfroh, wie ein boshafter Geist, mich an alles zu erinnern, was einst war und nicht mehr ist.

      RAMSTEIN. O, daß es nicht mehr ist, Luise!

      LUISE. Und du sagst das? – O Ferdinand, du solltest mir doch die Vorwürfe erlassen, die ich dir dann machen muß.

      RAMSTEIN. Vorwürfe? Luise, mir Vorwürfe?

      LUISE. Wenn ich an deinen zärtlichen Abschied denke, wenn ich daran denke, wie schmerzhaft unsre Seelen zuckten, als sie voneinander gerissen wurden, – deine ersten Briefe, alles so voll von der Sprache des Herzens, – so ganz die hingeströmte Empfindung, – und kurz nachher –

      RAMSTEIN. Nun, Luise, und nachher? – O sprich, sprich weiter!

      LUISE. Mich so bald zu vergessen! – Gar keine Briefe von dir, – bis ich nach einem halben Jahre durch das Gerücht erfuhr, du seist in der Schweiz verheiratet, – o Ferdinand, mein Herz war schwer verwundet, nur langsam fing es an zu genesen, – ich lernte meinen Karl kennen, und – ( eine Pause) warum antwortest du nicht?

      RAMSTEIN ( mit starrem Blick, kalt). O, sprich nur weiter.

      LUISE. Ich fand dich so sehr in ihm wieder, nur er noch etwas stürmischer, – meine Eltern waren indes gestorben, – sein Bitten, sein Flehn, – er liebte mich mit einer so heißen, so inbrünstigen Liebe, ach, ich war für diesen Kampf zu schwach, – ich gab ihm meine Liebe mit

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