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zitternden Händen).

      RAMSTEIN. Du erinnerst dich wohl nicht mehr, was du mir damals schriebst? – Ach Luise! Kennst du noch diese Rose? – Du schenktest sie mir auf einem Spaziergang, es war ein schöner Abend, – sieh! ich habe sie so viele Jahre aufbewahrt, – noch diesen Kuß, – noch diese Thränen darauf, – und hier hast du sie zurück!

      LUISE. Ferdinand!

      RAMSTEIN. Hier ist noch dein Schatten! Schattenriß, Silhouette. – Nimm ihn hin, du gabst ihn mir in einer schönen Stunde, – nimm ihn, – ein Schatten kann mir nicht genügen, – nimm, denn alles dies war nie mein. (Er zeigt ihr die Brieftasche.) Sieh, – sie ist leer, – nun hab' ich nichts mehr in dieser Welt von dir, als meinen Schmerz. – Und nun lebe wohl!

      LUISE. Du willst gehn? – so von mir gehn? – O bleibe noch, nur noch eine Minute, sammle dich etwas.

      RAMSTEIN. Wozu? – (Er sinkt ermattet aufs Sofa.)

      LUISE. Ferdinand! du hast mich zeitlebens unglücklich gemacht.

      RAMSTEIN. Luise! sieh um dich! – kömmt es dir auch so finster vor, oder schwebt der Tod schon vor meinen Augen?

      LUISE. Es ist Abend geworden. – Es kömmt jemand. – Gott, er ist es, ich kenne seinen Gang. – (Ramstein steht vom Sofa auf.) – Was wird er sagen?

      RAMSTEIN. Laß ihn, – ich will ihm alles, doch nein, – sage, ich sei einer deiner Anverwandten. – Ich will dann sogleich gehn. (Waller tritt herein.)

       Inhaltsverzeichnis

      VORIGE. WALLER.

      WALLER (ohne Ramstein zu sehn). Nun, da bin ich wieder, Luise. – Nicht wahr? ich bin etwas lange geblieben?

      LUISE (die sich indes zu sammeln gesucht hat). Das ich nicht wüßte, denn ich habe unterdessen einen angenehmen Besuch gehabt – Herr Ramstein, einer meiner Verwandten, der von seinen Reisen zurückkömmt.

      WALLER (der ihn umarmt). Sein Sie uns tausendmal willkommen! Sie bleiben doch diesen Abend bei uns?

      RAMSTEIN. Ich –

      WALLER. Ohne alle Umstände. Sie sind ein Verwandter meiner lieben Luise, und wir wollen also als Freunde miteinander umgehn. – Aber Luise, du hast indes etwas Wichtiges vergessen, es ist hier finster.

      LUISE. Ich will gleich Licht besorgen. (Sie geht ab)

       Inhaltsverzeichnis

      WALLER. RAMSTEIN.

      RAMSTEIN. Verzeihen Sie, ich wollte eigentlich schon wieder fort –

      WALLER. Fort? Wohin? – Sie wollen uns nicht das Vergnügen Ihrer Gesellschaft schenken?

      RAMSTEIN. Ich reise morgen früh schon weiter –

      WALLER. Um so eher müssen Sie heut' abend bei uns bleiben.

      RAMSTEIN. Ich muß noch einen Gasthof suchen –

      WALLER. Sie werden keinen finden, der nur mittelmäßig wäre; die Gasthöfe sind in dieser kleinen Stadt äußerst schlecht, – Sie schlafen hier in meinem Hause, es ist wenigstens bequemer und angenehmer als der Gasthof: Sie haben eine hübsche Aussicht in einen kleinen Garten.

      RAMSTEIN. Sie sind zu gütig –

      WALLER. Sie müssen mir das nicht abschlagen. – Haben Sie Sachen bei sich?

      RAMSTEIN. Nein, – sie stehn im nächsten Städtchen, ich war mit einem Wagen hiehergefahren, – auch um Sie zu sehn.

      WALLER. Und wollten uns doch schon wieder verlassen? – Nun, – Sie bleiben; ich höre nicht eher auf, Sie zu quälen, bis Sie ja gesagt haben.

      RAMSTEIN. Ich nehme Ihre Freundschaft an, – nun, – ja also.

      WALLER. Das ist schön!

       Inhaltsverzeichnis

      VORIGE. LUISE MIT LICHTERN.

      WALLER. Du siehst krank aus.

      LUISE. Nicht doch, – der Schein von den Lichtern.

      WALLER. Wirklich. – (Luise setzt das eine Licht auf das Klavier, das andere auf einen Tisch; – Waller fixiert Ramstein mit einem Blick.)

      LUISE. Verzeihen Sie, daß Sie auf das Abendessen etwas warten müssen, – Ihr angenehmer Besuch war uns so unvermutet.

      RAMSTEIN (verwirrt). Sie –

      WALLER. Ihr Gesicht kömmt mir so äußerst bekannt vor –

      LUISE (mit einem Seitenblick nach dem Gemälde, leise). Himmel! (Sie nimmt schnell das Licht vom Klavier und stellt es auf den Tisch.)

      RAMSTEIN. Ihnen?

      WALLER. Waren Sie nie in Hamburg?

      RAMSTEIN. Nein.

      WALLER. Sonderbar, mir ist, als hätt' ich Sie schon oft gesehn, – aber ich kann mich gerade nicht erinnern – (Luise hat sich im Dunkeln ans Klavier gestellt und klimpert.)

      RAMSTEIN. Spielen Sie nicht?

      LUISE. Nur sehr wenig,

      RAMSTEIN. Wenn ich bitten dürfte –

      LUISE. Sehr gern, wenn es Ihnen nicht Langeweile macht (Sie schlägt ein Buch auf; Ramstein bringt ihr das Licht hin, und schlägt ein andres Blatt auf.)

      RAMSTEIN (leise). Dies, – o Himmel, – diese Noten sind mir so bekannt, – dies Lied, das ich dir einst selbst komponierte.

      LUISE (singt und spielt). Die folgenden Verse sind der Anfang eines früher sehr beliebten Liedes (1773) von Ludwig Heinrich Christoph Hölty (1748 – 76), das sogar noch in den 2. Band von Arnims und Brentanos Volksliedersammlung »Des Knaben Wunderhorn« (1808) Aufnahme gefunden hat.

      Wie war ich doch so wonnereich,

       Dem Kaiser und dem König gleich,

       In meinen Jünglingsjahren,

       Als Julia, das schönste Kind,

       Schön, wie die lieben Engel sind,

       Und ich beisammen waren. –

      WALLER (steht hinter ihnen, in einiger Entfernung; er schlägt den Blick auf und trifft das Gemälde. Er fährt zurück und wird blaß; – mit forschenden Augen, während des Gesanges, leise.) Wie? – Ja, wahrlich, – er ist es! – Nein! – Es kann, es ist nicht! – Und doch ist er's! – Das wär' es also? – Gott! Wie mir ein kalter Schauder durch alle Nerven zittert! – Ein bleicher Nebel bebt um die Lichter, – sie verlöschen, – Ich träume! – Ist das Luise dort? – Ja wahrhaftig! Ich träume nicht. (Luise hat geendigt. Eine Pause.)

      RAMSTEIN. Sie spielten schön, – aber die Musik finde ich jetzt nicht ausdrucksvoll genug, – zu matt –

      WALLER (tritt näher). Luise! Auf ein Wort – (Er führt sie beiseit, lachend.) Luise! – Nicht wahr? – das ist das Porträt deines Verstorbenen Bruders? – (Luise steht wie versteinert.)

      RAMSTEIN. Wollen Sie nicht fortfahren? (Pause.)

      WALLER (wie aus einem Traum erwachend.) Fortfahren? – Sie versprachen mir ja eben erst, hier zu bleiben.

      RAMSTEIN. Ich meinte, – mich dünkt, Sie sehen sehr blaß aus –

      WALLER.

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