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vergib mir, er war kalt, – vielleicht noch etwas mehr, – ich wollte dir jede Kränkung ersparen, – darum meldete ich dir nur mit wenig Worten meine Heirat, – ich hatte von einem Fremden deinen Aufenthalt erfahren, – ich hätte dir nicht schreiben sollen, wenigstens nicht so, – dir nicht den Ort meines Aufenthalts nennen, – o wie gereute mich dieser Brief, als ich ihn abgeschickt hatte, – konnt' ich aber deinen seltsamen Entschluß auch nur ahnden! – Du kömmst zurück, mir Vorwürfe zu machen, mich zu kränken, da du selbst meine Liebe so grausam verschmäht hast; – o Ferdinand, so viel hätt' ich doch wohl um dich verdient, daß du dies nicht thatest?

      RAMSTEIN. O meine Ahndungen; – ( Wehmütig lächelnd.) Luise, – ich war ja nicht verheiratet, – ach, als ich dir nicht schrieb – ( Mit einer Thräne im Auge.) da lag ich auf dem Sterbebette.

      LUISE (zusammenfahrend). Sterbebette? – Krank? – krank, Ferdinand?

      RAMSTEIN. O wär' ich doch gestorben, so hätt' ich deine Liebe mit ins Grab genommen. – Luise! – es sollte nicht sein.

      LUISE. Krank war mein Ferdinand, nicht treulos? – O Gott, Gott! er war krank? – O vergib, vergib mir.

      RAMSTEIN. Was hab' ich dir itzt zu vergeben, Luise? – Das Schicksal ist sehr grausam, – ich war so schwach, daß ich dir nicht einmal schreiben konnte, ein Brief von einer fremden Hand sollte dich nicht erschrecken, – meine überkluge Zärtlichkeit war es, die mich betrog.

      LUISE. Ach, Ferdinand, warum hast du mir das gesagt? O, hättest du doch geschwiegen. – Ach, alles kömmt zurück, alles, was ich einst empfand, ach! mit boshafter Freude tritt die schöne Vergangenheit auf mich zu. Ferdinand! lieber Ferdinand, an diesem Irrtum hing mein Glück!

      RAMSTEIN. Lieber Ferdinand, – o, das kömmt nicht aus deinem Herzen, es darf nicht aus deinem Herzen kommen, – kein Wunsch, kein Seufzer darf zu mir zurück über diesen furchtbaren Fels, den die Tugend zwischen uns wirft. – Du bist für mich verloren!

      LUISE. Verloren bin ich, Ferdinand! – Auf dem Sterbebette war mein Ferdinand, als ich ihn verwünschte, als ich seufzte: warum hab' ich ihn je gesehn?

      RAMSTEIN. Das Verhängnis spielt fürchterlich mit dem Glück der Menschen, Luise, – laß es, es ist nicht anders. (Mit Bitterkeit.) Und warum wollen wir denn auch glücklich sein, dazu wurden wir ja nicht geboren.

      LUISE. O Ferdinand, hör' auf, du spaltest mein Herz –

      RAMSTEIN. Von einer Woche hofft' ich zur andern, – endlich ward ich gesund, – ich schrieb – du hattest damals deinen Geburtsort schon verlassen, – mein Brief kam unerbrochen zurück.

      LUISE. Gott!

      RAMSTEIN. Ich stand da wie betäubt, – ich wollt' es lange nicht glauben; du hattest mich verwöhnt, Luise, ich glaubte noch an Glück in dieser Sterblichkeit, das hättest du nicht thun sollen, ich fuhr um so schrecklicher aus meinem Wahne auf.

      LUISE. O Ferdinand, schone meiner!

      RAMSTEIN. Nur ein fürchterlicher Trost blieb mir noch übrig, – denn daß du mich vergessen habest, daran dacht' ich nicht, – ich glaubte dich tot, – ich wollte zurückreisen, es erforschen, – dich finden, oder auf deinem Grabe sterben, – aber die Ungewißheit, die Furcht, – eine neue Krankheit warf mich aufs Lager hin.

      LUISE. Ferdinand, ich war es nicht wert, ich Elende, – o Gott! du hast viel um mich gelitten.

      RAMSTEIN. Viel? – O das war noch wenig. – Als ich wieder die erste Lebenskraft in meinem Körper fühlte, da erhielt ich deinen letzten Brief.

      LUISE. O Himmel!

      RAMSTEIN. Deinen letzten Brief. – Es waren meine letzten frohen Augenblicke, meine letzten Augenblicke der Hoffnung, – du unterschriebst dich Luise Waller. – O Luise, ich fluchte dir in den ersten Augenblicken. – Doch wem hätt' ich damals nicht geflucht: Ich verwünschte mich, die Welt, das Schicksal, deinen Brief zerriß ich mit den Zähnen. – Beschreiben kann ich dir meine Gefühle nicht, es waren die gräßlichsten Stunden meines Lebens. – Seitdem hab' ich viel erduldet, tausendfache Höllenqualen, – aber ich kann mich kaum dieses Zustandes noch erinnern, – es ist vorüber. – Ich reiste hieher, von dir Abschied zu nehmen, dich noch einmal zu sehn, dies sollte meine letzte Seligkeit sein.

      LUISE. Ach Gott! du hättest nicht kommen sollen.

      RAMSTEIN. Nicht? O du hast recht, Luise, ich hätte ja auch sterben können, ohne dich noch einmal zu sehn, – wozu geschah es auch, – ich konnte ja leicht einige Tage später sterben und dir ein paar mißvergnügte Stunden ersparen.

      LUISE. Ach Ferdinand, glaubst du das wirklich von mir? – daß du mich so bitter in meinem Unglück kränkst, das wird dich wahrlich einst gereuen.

      RAMSTEIN. Du weinst Luise, du weinst? O Himmel! vergib, vergib dem Elenden, der zu dir aus dem Staube hinauflästert! – Ich kränke dich? – Ferdinand Luisen? von deren Blicken er einst lebte, – o vergib, vergib mir!

      LUISE. Dein Tod liegt schwer auf meiner Seele, – Ferdinand, vergib du mir!

      RAMSTEIN. Luise, ich gehe freudig aus dieser Welt, ich habe dich noch einmal gesehn, – du hast mich noch nicht vergessen, das ist mehr, als ich erwartete: – ja, wir waren für einander geschaffen, ein Ohngefähr, ein unglücklicher Mißverstand, – aber dort

      LUISE. Dort! Ja da ist alles anders als hier, Ferdinand. – Dort wollen wir uns freudiger wiedersehn. (Pause.) Aber jetzt, – o verzeih mir, Lieber, verzeih dem ängstlichen Weibe, wenn ich dich jetzt bitte, – fortzugehn. – Ach Gott, da siehst du mich nun wieder mit dem wehmütigen Blick an, den ich so fürchtete, – ach, nicht diesen Blick, Ferdinand, nicht so, – ich bitte dich, – ich kann ihn nicht aushalten. – Ach, ich fürchte in jedem Augenblick Karls Ankunft, er muß sogleich kommen, – (Ängstlich seine Hand ergreifend, dringend.) Lebe, lebe wohl, Ferdinand, – ach, ich liebe dich noch wie ehemals, – aber, – es ist, – ach, es war – geh! geh! – sieh, ich weine, und kannst du mehr als Thränen von mir verlangen?

      RAMSTEIN (mit erzwungener Kälte). Freilich nicht, – ich habe nun mein letztes Glück genossen, – lebe wohl, – meine letzte Bitte ist: vergiß mich! – Lebe wohl, wir wollen scheiden. – (Er reicht ihr abgewandt die Hand.) Lebe wohl!

      LUISE (mit weinerlicher, gepreßter Stimme). Lebe wohl!

      RAMSTEIN. Wir sehn uns nicht wieder. – (Ihre Hand drückend.) Lebe wohl, Luise! – ein schwarzer Vorhang fällt zwischen uns, – mit diesem Händedruck gebe ich dir deine Eide zurück, – wir haben uns nicht gekannt. – Lebe ewig wohl!

      LUISE (schluchzend). Lebe – wohl – –

      RAMSTEIN (geht an die Thür, bleibt stehn: Pause; er blickt rückwärts und sieht Luisen mit einem langen, wehmütigen Blick an; Luise steht nachdenkend und wagt es nicht, sich umzudrehen). Nein, ich kann nicht, Luise; du siehst mich gern gehen, ich weiß es, aber ich kann jetzt wahrlich noch nicht.

      LUISE. O mein Herz! mein Herz! – es blutet, Ferdinand! – Ach, ich möchte dich so gern bitten, noch hier zu bleiben, aber ich wage es nicht, mir ahndet –

      RAMSTEIN. Ich hatte überdies noch etwas vergessen. – Ach Luise! mit welchem schmerzlichen Vergnügen ich unsern Abschied verlängere, der Giftbecher ist so süß! (Er zieht seine Brieftasche hervor.) Sieh, es ist noch dieselbe, die du mir schenktest, – du sagtest, ich sollte deine Briefe drin bewahren, ich hab' es gethan; – hast du die meinigen noch?

      LUISE. Deine Briefe?

      RAMSTEIN. Ja, Luise.

      LUISE. Mein Karl hätte sie finden können, – ich habe sie – (furchtsam) verbrannt –

      RAMSTEIN. Verbrannt? – (Mit verhaltenen Thränen.) Das hättest du nicht thun sollen, Luise. – Verbrannt! – Gott! und ich bewahrte die deinigen wie ein Heiligtum! – Nimm sie hier zurück; – es fehlt keiner, – nimm

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