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leicht Angst einjagen kann. Und was meine Beziehung zu Rabea betrifft – wo ich nicht einmal weiß, wer Sie sind, habe ich absolut keine Lust, mit Ihnen darüber zu diskutieren. Und nun verschwinden Sie, und lassen mich in Frieden.«

      In diesem Augenblick brannte bei Stefan eine Sicherung durch. Seine unglückliche Liebe zu Rabea, die rasende Eifersucht auf Dr. Scheibler und die Tatsache, daß dieser durch nichts aus der Fassung zu bringen war, führten dazu, daß Stefan rot sah und blindlings auf den jungen Arzt losging.

      Der Angriff kam so unerwartet, daß Dr. Scheibler ein paar Schritte zurücktaumelte, als sich Stefan voller Wut auf ihn stürzte und ihn am Kragen seiner Jacke packte. Doch dann kostete es ihn nicht allzuviel Mühe, sich aus Stefans Griff wieder zu befreien.

      »Sind Sie denn verrückt geworden?« fuhr Dr. Scheibler den aufgebrachten jungen Mann an, doch bevor er weitersprechen konnte, ging Stefan erneut auf ihn los. Mit dem Mut der Verzweiflung holte er aus, doch geschickt wich Dr. Scheibler diesem Schlag aus.

      Stefan wurde von der Wucht seines eigenen Angriffs mitgerissen und aus dem Gleichgewicht gebracht. Er knickte mit einem Bein um, spürte einen stechenden Schmerz im Fußgelenk und stürzte schwer. Dr. Scheibler reagierte sofort, doch obwohl er mit einer Hand helfend zugriff, konnte er nicht mehr verhindern, daß Stefan mit dem Kopf an der Bordsteinkante aufschlug.

      »Oh, verdammt«, entfuhr es Dr. Scheibler, dann kniete er neben dem bewußtlosen Stefan nieder.

      »Hören Sie mich?« fragte er, bekam jedoch keine Antwort. Automatisch griff er nach dem Handgelenk des Verletzten, dann untersuchte er sorgfältig die Kopfwunde.

      Für einen Augenblick kämpfte er mit sich. Eigentlich sollte er den Notarzt rufen, aber dann würde der junge Mann in ein städtisches Krankenhaus transportiert werden. Dr. Scheibler wollte ihn aber keinesfalls aus den Augen verlieren. In diesem Moment entdeckte er die Telefonzelle, die etwa hundert Meter entfernt stand.

      Mit wenigen geschickten Griffen brachte er Stefan in eine stabile Seitenlage und drehte ihn dabei so, daß er seine Beine am Rand des Gehwegs hochlagern konnte, dann lief er rasch zu der Telefonzelle, riß den Hörer von der Gabel und wählte hastig die Nummer der Thiersch-Klinik.

      »Scheibler!« gab er sich knapp zu erkennen, nachdem die Dame in der Vermittlung abgenommen hatte. »Ich brauche sofort einen Krankenwagen.« Er gab die Straße an, dann legte er auf und kehrte zu Stefan zurück.

      Der junge Mann war noch immer ohne Bewußtsein, und Dr. Scheibler befürchtete bereits eine schwere Gehirnerschütterung, doch in diesem Augenblick bog auch schon der Krankenwagen mit Blaulicht und Martinshorn in die Straße ein und hielt neben Dr. Scheibler an. Zwei Sanitäter sprangen heraus, grüßten kurz und luden den Verletzten vorsichtig auf die Trage. Hinter ihnen bestieg Dr. Scheibler den Wagen, und erst jetzt hatte er die Möglichkeit, Stefan genauer zu untersuchen.

      Gerade als der junge Arzt die Platzwunde am Kopf notdürftig versorgte, erwachte Stefan aus seiner Bewußtlosigkeit. Er stöhnte leise auf.

      »Na, Sie Held«, begrüßte Dr. Scheibler ihn. »Das hat sich gelohnt, was?« Er betrachtete Stefan prüfend. »Haben Sie Schmerzen?«

      »Ja«, flüsterte der. »Mein linkes Bein… und mein Kopf. Und… und schrecklich übel und schwindelig ist mir.«

      Dr. Scheibler nickte. »Das glaube ich gern. Sie haben sich beim Sturz wahrscheinlich eine Gehirnerschütterung zugezogen. Und Ihr Bein schauen wir uns an, wenn wir in der Klinik sind.«

      In diesem Moment hielt der Krankenwagen an, und die Sanitäter öffneten die Türen. Draußen warteten bereits zwei Pfleger mit einer fahrbaren Trage, auf die Stefan jetzt gelegt und in die Klinik gefahren wurde.

      »Ist der Professor im Hause?« wollte Dr. Scheibler von einer herbeieilenden Krankenschwester wissen.

      Sie schüttelte den Kopf. »Nur der Oberarzt. Soll ich den Herrn Oberarzt anrufen?«

      Dr. Scheibler überlegte kurz, dann schüttelte er den Kopf. »Nein, ich glaube, das ist nicht nötig. Rufen Sie bitte den Oberarzt in den großen Untersuchungsraum. Ich fürchte, wir müssen ein verrenktes Fußgelenk behandeln.«

      Die Schwester nickte, dann lief sie den Flur entlang zum Arztzimmer. Keine zwei Minuten später war Dr. Rolf Heller zur Stelle.

      »Was ist passiert?« wollte er wissen.

      »Der junge Mann hier ist gestürzt«, gab Dr. Scheibler Auskunft. »Platzwunde am Kopf, Verdacht auf Gehirnerschütterung und vermutlich ein verrenktes Fußgelenk.«

      »Das reicht«, meinte Dr. Heller, dann trat er an den Untersuchungstisch. »Der Kopf muß geröntgt werden.« Er nahm den Verband ab, den Dr. Scheibler angelegt hatte, dann nickte er. »Eine harmlose Platzwunde. Aber trotzdem muß sie genäht werden. Das wird ein bißchen weh

      tun, junger Mann.«

      Zehn Stiche waren nötig, um die Wunde zu schließen, dann legte Dr. Heller einen Verband an.

      »So, und jetzt schauen wir uns den Fuß an«, fuhr er fort.

      Wie Dr. Scheibler schon erkannt hatte, handelte es sich um eine Verrenkung.

      »Das müssen wir sofort in Ordnung bringen«, meinte Dr. Heller. Er drehte sich um und gab der Schwester Anweisung, eine Injektion zur örtlichen Betäubung vorzubereiten.

      Dr. Scheibler nahm die Spritze entgegen und trat an den Untersuchungstisch.

      »Nein«, wehrte Stefan ab. »Bitte nicht.«

      Dr. Scheibler lächelte. »Was ist los, junger Freund? Angst vor Spritzen?«

      »Ich bin nicht Ihr Freund!« begehrte Stefan wütend auf.

      Dr. Scheibler schmunzelte. »Stimmt. Das haben Sie mir heute deutlich zu verstehen gegeben. Und deswegen liegen Sie jetzt ja auch hier.« Er desinfizierte die Einstichstelle. »So, und den kleinen Pieks werden Sie schon aushalten. Das Nähen der Platzwunde war sicher schlimmer.«

      »Au!« entfuhr es Stefan trotzdem, als Dr. Scheibler die Injektion setzte.

      »Aha, da sind Sie also plötzlich empfindlich«, erklärte Dr. Scheibler und konnte nicht verhindern, daß dabei eine Spur von Spott in seiner Stimme mitschwang.

      »Na, Sie beide sind anscheinend auch nicht gerade dicke Freunde«, stellte Dr. Heller fest, dann blickte er von einem zum anderen. »Haben den Verletzungen des jungen Mannes vielleicht etwas mit Ihren gegenseitigen Differenzen zu tun?«

      »Tut mir leid, Herr Oberarzt, darauf kann ich Ihnen keine Antwort geben«, wich Dr. Scheibler aus.

      »Auch recht«, meinte Dr. Heller, dann trat er wieder an den Untersuchungstisch und tastete Stefans Fußgelenk ab. »Tut das weh?«

      »Nein, es ist alles taub«, antwortete Stefan.

      »Gut. Herr Kollege, helfen Sie mir bitte.«

      Mit einem kurzen Ruck renkten Dr. Heller und der Stationsarzt das Fußgelenk wieder ein.

      »Bandagieren und ruhigstellen«, wies der Oberarzt Dr. Scheibler an. »Und für ein paar Tage wird der junge Herr bei uns bleiben müssen. Die Personalien können in diesem Fall gleich Sie aufnehmen.«

      Dr. Scheibler nickte, dann fuhr er Stefan in den Röntgenraum hinüber, machte einige Aufnahmen des Schädels und brachte ihn anschließend auf seine Station.

      »So, jetzt sagen Sie mir erst mal Ihren Namen«, verlangte Dr. Scheibler, als sein Patient im Bett lag.

      »Stefan Daniel«, murmelte der.

      Dr. Scheibler runzelte die Stirn. »Daniel? Sagen Sie jetzt bloß noch, daß Sie mit Dr. Daniel aus Steinhausen verwandt sind.«

      Stefan seufzte. »Ja. Er ist mein Vater.«

      »Na, das nenne ich eine Überraschung.« Er betrachtete ihn eine Weile. »Sie haben nicht viel Ähnlichkeit mit Ihrem Vater.« Und mit offener Bissigkeit setzte er hinzu: »Er scheint mir ein wenig besonnener zu sein als Sie.«

      »Lassen

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