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du dich für mein Problem interessierst.«

      Stefan senkte den Kopf. Begriff Rabea denn wirklich nicht, daß er sich nicht aus medizinischen Gründen für ihre Krankheit interessierte?

      Doch Rabea fuhr fort: »Ich litt an Endometriose, und dein Vater hat das auf Anhieb erkannt. Er hat mich an Professor Thiersch überwiesen. Am Freitag wurde in der Klinik die Bauchspiegelung gemacht, und dabei hat der Professor die verirrten Schleimhautinseln……«

      Stefan hörte nicht mehr zu. Die medizinische Abhandlung ihrer Krankheit interessierte ihn nicht im geringsten. Was er wissen wollte, war etwas völlig anderes, aber anscheinend hatten Karina und sein Vater recht. Rabea wollte eben nichts von ihm wissen.

      Abrupt stand er auf.

      »Ich will dich nicht länger belästigen«, erklärte er und verließ die Mensa so schnell, als wäre er vor jemandem auf der Flucht.

      Ein wenig ratlos blickte Rabea ihm nach. Manchmal wurde sie aus Stefan wirklich nicht schlau. Sie zuckte die Schultern, dann widmete sie sich wieder ihrem Mittagessen.

      *

      Schon eine halbe Stunde später bereute Stefan seine Flucht, aber nun war es zu spät, wieder zur Mensa zurückzukehren. In wenigen Minuten begann die nächste Vorlesung, zu der Rabea so spät erschien, daß Stefan keine Gelegenheit mehr hatte, sich für sein seltsames Benehmen zu entschuldigen.

      Später, dachte er. Ich werde sie fragen, ob sie mit mir nach Hause fahren will. Der Weg zu ihr ist zwar nicht weit, aber für eine Entschuldigung wird es reichen.

      Doch dazu kam es nicht. Der Universitätsprofessor hatte kaum das letzte Wort gesprochen, da packte Rabea auch schon in Windeseile ihre Sachen zusammen und verließ mit raschen Schritten die Uni. Stefan hatte Mühe ihr zu folgen. Und als er sie schon fast eingeholt hatte, da blieb er plötzlich wie angewurzelt stehen, denn Rabea erhob die rechte Hand und winkte.

      Im selben Moment stieg ein gutaussehender Mann aus einem der parkenden Autos und kam zielsicher auf Rabea zu. Für einen Moment schloß er sie in die Arme, küßte sie zärtlich und geleitete sie dann zu seinem Wagen.

      Mit weit aufgerissenen Augen stand Stefan da und verfolgte dieses Schauspiel. Und plötzlich war ihm alles klar. Rabea hatte einen Freund. Deshalb war sie ihm gegenüber so abweisend. Und in Stefans Augen hatte es auch gar keinen Sinn, gegen diesen Adonis, mit dem sie jetzt wegfuhr, anzutreten. Zum einen war er mindestens zehn Jahre älter als Stefan und somit wohl auch erfahrener im Umgang mit Frauen, und zum anderen sah er so umwerfend gut aus, daß Stefan sich im Vergleich wie ein unscheinbares Männchen fühlte.

      Erst jetzt bemerkte er, daß er noch immer mitten auf dem Universitätsgelände stand – allein, denn alle anderen hatten schon ihren Heimweg angetreten. Mit langsamen, fast schleppenden Schritten ging Stefan zu seinem Auto und fuhr zu der kleinen Zwei-Zimmer-Wohnung im Herzen Schwabings, die er mit seiner jüngeren Schwester teilte. Und obwohl sie sich sonst meistens in den Haaren lagen, hoffte Stefan heute, daß Karina schon zu Hause sein würde. Er mußte einfach mit irgend jemanden über all das sprechen, was ihm das Herz schwer machte.

      Karina wartete auch tatsächlich schon auf ihn. Er hatte kaum die Wohnungstür aufgeschlossen, da streckte sie den Kopf zur Küchentür heraus.

      »Da bist du ja«, meinte sie lächelnd. »Dann kann ich die Pizza in den Ofen schieben. In zwanzig Minuten können wir essen.«

      Stefan winkte ab. »Mir ist der Appetit gründlich vergangen.«

      Karina, die schon wieder in die Küche hatte zurückkehren wollen, hielt mitten in der Bewegung inne. Und jetzt fiel ihr auch der zerknirschte Gesichtsausdruck ihres Bruders auf.

      »Stefan, was ist denn passiert?«

      Mit einem Seufzer ließ er sich auf den nächstbesten Sessel fallen.

      »Ach!« Er seufzte. »Rabea ist heute nach der Uni mit einem Supermann abgezogen.«

      »Oje«, meinte Karina, dann setzte sie sich neben ihn und griff impulsiv nach seiner Hand. »So etwas tut weh.« Sie zögerte einen Moment. »Und? Kennst du ihn?«

      Stefan schüttelte den Kopf. »Ich hab’ ihn noch nie gesehen. Er ist auch kein Student. Dafür ist er schon zu alt.« Er zuckte die Schultern. »Ich hab’ ihn ja nur kurz gesehen, aber er ist bestimmt schon Mitte Dreißig.«

      »Und vermutlich sehr gutaussehend«, fügte Karina hinzu.

      »Das kannst du laut sagen. Er sieht aus wie einem Magazin entsprungen. Groß, schlank, dunkles Haar, blaue Augen und dazu ein Lächeln, daß Robert Redford es ihm auf der Stelle abgekauft und sein eigenes weggeschmissen hätte.«

      Karina mußte lachen. »Du hast ihn ja sehr genau angeschaut.«

      »Mußte ich doch!« Dann winkte er ab. »Aber gegen diesen Kerl habe ich nicht die geringste Chance.«

      »Warum nicht? Du siehst auch gut aus!«

      Gegen seinen Willen mußte Stefan lächeln. »Danke für das Kompliment.«

      Doch Karina blieb ernst. »Das habe ich nicht einfach nur so gesagt.« Dann wurde ihre Stimme eindringlich. »Stefan, wenn dir diese Rabea wirklich so viel bedeutet, dann mußt du um sie kämpfen.«

      Stefan nickte ein wenig halbherzig. »Na schön, ich werd’s versuchen.« Doch tief in seinem Innern war er davon überzeugt, daß er gegen Rabeas Freund keine Chance haben würde.

      *

      Dr. Daniel war erstaunt, als Lena Kaufmann kurz vor Ende der Sprechstunde Rabea Gessner ins Zimmer brachte.

      »Fräulein Gessner, das ist aber eine Überraschung«, meinte er, während er dem jungen Mädchen die Hand reichte. »Sie haben doch hoffentlich keine Probleme.«

      Rabea schüttelte den Kopf. »Nein, ganz im Gegenteil, Herr Doktor. Ich fühle mich ausgezeichnet. Und ich bin auch nur gekommen, um mich noch einmal persönlich bei Ihnen zu bedanken. Wenn Sie nicht gewesen wären, dann wäre ich wahrscheinlich noch monatelang mit diesen Schmerzen herumgelaufen.«

      Bescheiden winkte Dr. Daniel ab. »Ich habe nur getan, was ich konnte, und daß ich auf Anhieb richtig getippt habe…«

      »Sagen Sie jetzt bloß nicht, das wäre Zufall gewesen.« Rabea lächelte. »Ihr Sohn hat schon recht. Sie sind ein ausgezeichneter Diagnostiker.«

      Überrascht zog Dr. Daniel die Augenbrauen hoch. »Das hat er Ihnen gesagt?«

      »Ja, und ich bin froh, das ich auf ihn gehört habe und mich von Ihnen habe untersuchen lassen.« Er stand auf. »Jetzt will ich Sie aber nicht länger aufhalten. Ich bin nämlich ganz ohne Termin hereingeplatzt, aber da Gerrit heute seinen freien Tag hat, haben wir die Gelegenheit benutzt und einen kleinen Ausflug in die Berge gemacht. Und nun wollte ich nicht nach Hause fahren, ohne mich bei Ihnen zu bedanken.«

      Der Name »Gerrit« machte Dr. Daniel ein wenig stutzig. Hatten Karina und Stefan nicht gesagt, in Rabeas Leben gebe es überhaupt keinen Mann? Anscheinend unterlagen da beide einem Irrtum, und das war vielleicht auch die Erklärung für Rabeas distanziertes Verhalten Stefan gegenüber. Allerdings stand Stefans Liebe in diesem Fall unter keinem günstigen Stern.

      Auch Dr. Daniel erhob sich jetzt und verabschiedete sich von Rabea, dann trat er ans Fenster. Es war keine Neugierde, die ihn dazu veranlaßte, aber vielleicht konnte er Stefan ja davor bewahren, sich zu tief in eine unglückliche Liebe zu verstricken.

      Mit beschwingtem Schritt verließ Rabea die Praxis und trat zu dem jungen Mann, der sich im selben Moment von seinem Auto abstieß, an dem er gelehnt hatte. Er umfing Rabea mit einer zärtlichen Geste und wandte dabei sein Gesicht der Praxis zu, so daß Dr. Daniel ihn sekundenlang betrachten konnte.

      »Dr. Scheibler«, murmelte er, dann kratzte er sich nachdenklich am Kopf. »Das muß ja ziemlich schnell gegangen sein.« Er seufzte. »Armer Stefan.«

      *

      Als Rabeas Semesterferien begannen, trat auch Dr. Scheibler seinen Winterurlaub an.

      »Sag

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