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willen, nein!« verwandte sich Dr. Scheibler sofort. »Ich hasse die Kälte.«

      Rabea atmete auf. »Gott sei Dank. Ich dachte schon, du willst mich ins Hochgebirge abschleppen und dann den ganzen Tag…« Sie stockte, denn plötzlich fiel ihr etwas anderes ein. »Heißt das, daß wir in die Sonne fahren werden?«

      Dr. Scheibler nickte. »Genau, mein Schatz – und zwar für zwei Wochen.« Er holte zwei Flugtickets aus seiner Jackettasche und schwenkte sie vor Rabeas Gesicht hin und her.

      Mit einer Hand griff sie danach, dann starrte sie mit weit aufgerissenen Augen auf das eingetragene Flugziel.

      »Mauritius«, stammelte sie. »O Gott, davon habe ich ja noch nicht einmal zu träumen gewagt.« Fassungslos starrte sie den jungen Arzt an. »Verdienst du in der Thiersch-Klinik denn so viel, daß du dir einen solchen Urlaub leisten kannst? Noch dazu für zwei?«

      Dr. Scheibler lächelte, dann schüttelte er den Kopf. »Nein, so üppig ist mein Verdienst leider nicht, aber…nun ja, ich stamme nicht gerade aus ärmlichen Verhältnissen.«

      Rabea bedachte ihn mit einem koketten Blick. »Dann wärst du ja richtig eine gute Partie, Gerrit.«

      Er lachte. »So gesehen – ja. Aber ich denke noch gar nicht ans Heiraten.«

      Sie umarmte ihn. »Das weiß ich doch. Und außerdem ist mir mein Studium viel wichtiger als ein wohlhabender Ehemann, für den ich kochen und putzen muß.«

      Die Worte versetzten Dr. Scheibler einen kleinen Stich. Sicher, er war froh, daß Rabea ihre Beziehung so offen sah und nicht versuchte, ihn an sich zu ketten. Andererseits fühlte er sich in Rabeas Nähe so wohl wie nie zuvor, und zumindest im Augenblick hätte er sich gut vorstellen können, mit ihr sein weiteres Leben zu teilen.

      Rasch schüttelte er diesen Gedanken jedoch ab. Heiraten war im Moment nicht drin. Er wollte Oberarzt werden – und das so schnell wie möglich. Eine Frau würde ihn in diesem Bestreben nur aufhalten.

      »Ich habe aber noch eine Überraschung für dich«, lenkte er jetzt ab. »Nach den beiden Wochen auf Mauritius werden wir einen Abstecher nach Paris machen und unseren Urlaub schließlich an der Côte d’Azur ausklingen lassen. Was sagst du dazu?«

      Rabea lachte. »Du bist wirklich verrückt, Gerrit.« Wieder umarmte sie ihn. »Aber ich freue mich riesig.«

      *

      Zwei Tage später brachen Rabea und Dr. Scheibler auf. Rabea hatte bisher immer nur in Europa Urlaub gemacht und war entsprechend nervös.

      Doch als sie dann an dem herrlichen weißen Sandstrand lag und vor sich den unendlich wirkenden azurblauen Ozean sah, dessen kristallklare Wellen ihre Beine umspülten, da fühlte sie sich so glücklich wie nie zuvor. Ganz dicht neben sich spürte sie den Körper des Mannes, den sie im Augenblick mehr als alles andere liebte, und über ihnen wölbte sich der wolkenlose Himmel wie ein Baldachin aus zartblauem Samt.

      »Woran denkst du?« fragte Dr. Scheibler leise und griff dabei nach ihrer Hand.

      Rabea wandte den Kopf und lächelte ihn zärtlich an. »An dich.«

      Mit einem leisen Lachen richtete sich Dr. Scheibler auf und beugte sich über sie. Sein dunkles Haar glänzte in der Sonne wie lackiert.

      »An mich brauchst du doch nicht zu denken, Liebling«, meinte er. »Ich bin ja hier.«

      Zärtlich streichelte Rabea sein Gesicht. »Ich habe daran gedacht, wie sehr ich dich liebe und wie schön es ist, mit dir allein zu sein.« Und noch während sie diese Worte aussprach, wußte sie, daß sie das eigentlich nicht hätte sagen dürfen. Ihre Liebe bestand nur auf Zeit, und beide wußten es. Doch im Augenblick war ihr Herz so völlig ausgefüllt von der Liebe zu Gerrit, daß sie ihr Gefühl einfach in Worte fassen mußte. Und zum ersten Mal verspürte sie etwas wie Angst – Angst vor dem unvermeidlichen Ende ihrer Beziehung…

      *

      Dr. Daniel war erstaunt, als er am Mittwochabend noch einen Anruf von seinem Sohn erhielt.

      »Stefan, ist etwas passiert?« fragte er besorgt.

      »Ach komm, Papa, wenn ich anrufe, dann muß nicht unbedingt etwas passiert sein«, hielt Stefan dagegen.

      »Das stimmt zwar, aber du rufst so selten an…« Dr. Daniel unterbrach sich. Er wollte Stefan keine Vorwürfe machen. Schließlich erinnerte er sich nur zu gut an seine eigene Studentenzeit. Er hatte sich auch nur immer in Notfällen zu Hause gemeldet, und nachdem er Christine kennengelernt hatte, waren die Anrufe bei seinen Eltern fast völlig ausgeblieben.

      »Ich rufe auch jetzt nicht ohne Grund an«, gestand Stefan. »Ich wollte dich fragen, ob du am Wochenende zum Skilaufen gehst.« Er machte eine kurze Pause. »Ich würde gern mitkommen.«

      »Ich hatte zwar nicht vor, in die Berge zu fahren, aber dein Angebot ist zu verlockend, als daß ich es ausschlagen könnte.«

      »Das ist fein, Papa«, erklärte Stefan. »Ich komme also am Freitag nach Steinhausen, dann können wir gleich losfahren, wenn du die Praxis dichtmachst.«

      »In Ordnung, Stefan. Ich freue mich.«

      Sie verabschiedeten sich sehr herzlich voneinander, dann legte Dr. Daniel auf.

      »Stefan läßt dich grüßen«, erklärte er seiner Schwester gewandt. »Wir gehen am Wochenende zum Skilaufen.«

      »Einfach so?« fragte Irene. »Das ist ja schon eine Ewigkeit her, seit ihr beide das letzte Mal gemeinsam in die Berge gefahren seid.«

      Dr. Daniel nickte. »Ich weiß. Und ich nehme an, daß er einen bestimmten Grund hat.« Er seufzte. »Wahrscheinlich hat mein Herr Sohn Liebeskummer. Und er erhofft sich von mir anscheinend ein paar Informationen über seine Herzensdame.«

      Dr. Daniel kam der Wahrheit damit ziemlich nahe. Seit Beginn der Semesterferien hatte Stefan nichts mehr von Rabea gehört. Und vorher hatte er sie noch ein paarmal mit dem gutaussehenden Mann gesehen, was den Stachel seiner Eifersucht nur noch tiefer in sein Herz gegraben hatte.

      »Na, mein Junge, was ist denn los?« wollte Dr. Daniel wissen, nachdem er Steinhausen hinter sich gelassen hatte. Wie immer, wenn er nur über das Wochenende Zeit hatte, war das Brauneck sein Ziel. Und die Strecke dorthin kannte er mittlerweile bereits so gut, daß er durchaus in der Lage war, auch ein ernsteres Gespräch zu führen.

      Stefan seufzte. »Eigentlich nichts, Papa.«

      Dr. Daniel warf ihm einen kurzen Blick zu, dann konzentrierte er sich wieder auf die Straße.

      »Rabea Gessner«, sagte er nur.

      Stefan zuckte unmerklich zusammen, dann nickte er.

      »Ich kann sie einfach nicht vergessen«, gestand er leise. »Seit zwei Wochen haben wir jetzt Semesterferien, und ich habe wirklich versucht, nicht mehr an sie zu denken…« Er senkte den Kopf. »Sie hat einen Freund.«

      »Ich weiß.«

      Wie elektrisiert blickte Stefan auf. »Du… weißt? Aber…«

      Abwehrend hob Dr. Daniel eine Hand. »Ich weiß es noch nicht lange. Sie war vor ein paar Wochen bei mir in der Praxis, um sich zu bedanken, weil ich ihr geholfen habe. Und da hatte sie ihren Freund dabei – Dr. Gerrit Scheibler.«

      Völlig fassungslos starrte Stefan seinen Vater an. »Du kennst ihn?«

      Dr. Daniel nickte, dann berichtigte er sich. »Kennen wäre zuviel gesagt. Ich habe ihn flüchtig kennengelernt, als eine Patientin von mir in der Thiersch-Klinik behandelt worden ist. Ein guter, aber sehr ehrgeiziger junger Arzt.« Er zögerte einen Moment. »Ich glaube nicht, daß er an eine ernsthafte Bindung denkt.«

      »Du meinst… er spielt nur mit ihr?«

      »Das habe ich nicht gesagt«, verwahrte sich Dr. Daniel. »Allerdings glaube ich, daß sich Dr. Scheibler und Rabea Gessner in dieser Beziehung nicht großartig voneinander unterscheiden. Nach allem, was ich gesehen und von euch erfahren habe, habe ich den Eindruck gewonnen, daß es für diese

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