Скачать книгу

Ihnen heute?«

      Anke blickte auf und direkt in Dr. Sommers Gesicht. Sie versuchte sich aufzurichten, doch das ging nur so recht und schlecht.

      »Bemühen Sie sich nicht«, meinte der Chefarzt schmunzelnd. »Sie müssen nicht in Ehrfurcht erstarren, wenn ich auf der Bildfläche erscheine.« Wie am Tag vor der Operation setzte er sich auch diesmal kurzerhand zu ihr aufs Bett. »Nun wollen Sie sicher wissen, wie es gelaufen ist, nicht wahr?«

      Anke nickte. »Ich habe allerdings auch ein bißchen Angst vor Ihrer Antwort.«

      Dr. Sommer tätschelte ihre Hand. »Die müssen Sie nicht haben, Frau Bergmann. Die Operation ist sehr gut verlaufen. Es war schwierig, aber es ist mir gelungen, die Verwachsungen zu entfernen – an beiden Eileitern.« Er lächelte sie voller Herzlichkeit an. »Das nächste Mal, wenn wir uns sehen, möchte ich Sie zur Entbindung hier in der Klinik haben.«

      Mit weit aufgerissenen Augen starrte Anke den Arzt an. »Ist das… wahr? Heißt das, ich kann… ich kann ein Baby…« Sie brachte den Satz nicht zu Ende, weil ihr Tränen in die Augen stiegen.

      Dr. Sommer nickte. »Ja, Frau Bergmann, Sie können ein Baby bekommen, und ich glaube, die Chancen, daß es ziemlich bald geschehen wird, stehen ausgesprochen gut.« Er gab ihr die Hand. »Und Sie versprechen mir, daß Sie Ihr erstes Baby hier bei mir in der Klinik bekommen werden, ja? Ich habe im Erdgeschoß eine ganz moderne Entbindungsstation, in der Sie und Ihr Baby sich sehr, sehr wohl fühlen werden.«

      Ein glückliches Strahlen erhellte Ankes Gesicht. »Ja, Herr Dr. Sommer, ich verspreche Ihnen, daß ich kommen werde.«

      *

      Unruhig wartete Dr. Daniel auf einen Anruf seines Freundes. Unmittelbar nach der Operation hatte sich Dr. Sommer nämlich geweigert, seinem Freund irgendwelche Auskünfte zu erteilen.

      »Die Operation ist gut verlaufen«, hatte er lediglich gesagt. »Und ob deine Patientin Kinder bekommen kann oder nicht, sage ich erst mal ihr persönlich.«

      Damit hatte sich Dr. Daniel zufrieden geben müssen, doch die Ungewißheit brachte ihn fast um. Er wußte allerdings, daß es keinen Sinn haben würde, Dr. Sommer anzurufen. Also blieb ihm nichts anderes übrig, als zu warten.

      Erst am späten Nachmittag klingelte endlich das Telefon.

      »Herr Dr. Sommer möchte Sie sprechen«, erklärte Gabi Meindl. »Übernehmen Sie?«

      »Selbstverständlich!« rief Dr. Daniel und drückte hastig auf den Knopf, der das Gespräch auf seinen Apparat legte. »Schorsch?«

      »Richtig«, erklärte Dr. Sommer, und Dr. Daniel hörte an seiner Stimme, daß er grinste.

      »Meine Güte, du hast mich ganz schön lange zappeln lassen«, hielt Dr. Daniel ihm vor. »Sag schon, was ist jetzt mit Frau Bergmann?«

      »Ich kann nur wiederholen: Warten war noch nie deine Stärke.«

      »Schorsch, ich bitte dich…«

      Dr. Sommer lachte. »Ja, ja, schon gut. Mach dir keine Sorgen, Robert, deine Patientin wird demnächst mit den typischen Merkmalen einer beginnenden Schwangerschaft in deine Praxis kommen.«

      Dr. Daniel atmete hörbar auf.

      »Gott sei Dank.« Er schwieg einen Moment, weil ihm erst jetzt richtig zu Bewußtsein kam, was sein Freund da geleistet hatte. »Dann ist es dir also tatsächlich gelungen, beide Eileiter funktionsfähig zu machen?«

      »Ja«, antwortete Dr. Sommer. »Es war schwierig, aber…«

      »Du bist ein Genie«, fiel Dr. Daniel ihm ins Wort.

      »Quatsch«, wehrte sein Freund bescheiden ab. »Ich bin Arzt und versuche, meinen Patienten zu helfen, das ist alles. So und jetzt muß ich dich aus der Leitung werfen, Robert. Auf mich wartet noch eine Menge Arbeit.«

      »Das kann ich mir vorstellen. Danke, Schorsch, daß du mir Bescheid gesagt hast, und laß bald wieder etwas von dir hören.«

      »Diese Aufforderung gebe ich gern zurück«, meinte Dr. Sommer, dann verabschiedeten sie sich endgültig.

      Mit einem tiefen Seufzer lehnte sich Dr. Daniel zurück, dann erschien ein Lächen auf seinem Gesicht, und er freute sich schon auf Anke Bergmanns nächsten Besuch in seiner Praxis.

      Doch als die Monate vergingen, ohne daß Anke wieder zu ihm gekommen wäre, wurde er ein wenig unruhig. Sollten sich die positiven Prognosen Dr. Sommers doch nicht bestätigt haben? Lag Ankes Unfruchtbarkeit noch etwas anderes zugrunde? Allerdings wäre sie in diesem Fall doch sicher auch in seine Praxis gekommen. Oder hatte sie aufgrund der in ihren Augen falschen Diagnose das Vertrauen zu ihm verloren?

      Aber Dr. Daniel sorgte sich umsonst. An einem strahlend schönen Herbsttag trat Anke Bergmann in sein Sprechzimmer.

      Rasch stand der Arzt auf und kam um seinen Schreibtisch herum, dann ergriff er Ankes Hand.

      »Frau Bergmann, wie schön, daß Sie kommen. Ich dachte schon…« Er sprach seine Gedanken lieber nicht aus.

      Anke lächelte ihn voller Glückseligkeit an. »Herr Doktor, ich glaube, ich bin schwanger. Meine Tage sind ausgeblieben, und morgens kann ich kaum etwas essen.«

      »Das sind Tatsachen, die eindeutig dafür sprechen«, meinte Dr. Daniel und bemerkte zu seinem eigenen Erstaunen, wie sehr er sich über das Glück seiner Patientin freute. Er nahm ja allgemein am Schicksal seiner Patientinnen großen Anteil, doch eine solche innere Freude hatte er nur selten erlebt.

      Er nahm dann auch sofort einen Schwangerschaftstest vor, der Ankes Verdacht bestätigte. Und nun kannte die Freude der jungen Frau wirklich keine Grenzen mehr. Mit einem glücklichen Jauchzer fiel sie Dr. Daniel um den Hals.

      »Ich bekomme ein Baby!« rief sie, und dabei rollten Tränen der Freude über ihre Wangen. »Meine Güte, ich bekomme wirklich ein Baby!«

      Erst jetzt wurde ihr bewußt, was sie gerade getan hatte, und errötend trat sie zurück.

      »Bitte entschuldigen Sie Herr Dr. Daniel«, stammelte sie. »So etwas ist mir noch nie passiert.«

      Der Arzt schmunzelte. »Das ist schon in Ordnung, Frau Bergmann. Und bei dieser Gelegenheit kann ich Ihnen gleich gestehen, daß ich mich auch sehr darüber freue.« Er öffnete die Zwischentür zum Untersuchungszimmer. »Das werden wir uns jetzt gleich noch auf Ultraschall anschauen, und untersuchen muß ich sie natürlich auch.«

      Doch Ankes Zustand war mehr als zufriedenstellend.

      »Haben Sie Rainer schon von Ihrem Verdacht erzählt?« wollte Dr. Daniel wissen, während er noch Ankes Blutdruck kontrollierte.

      Sie schüttelte den Kopf. »Nein, ich wollte erst ganz sicher sein. Heute abend wird er es erfahren.«

      »Da wäre ich gern dabei«, gestand Dr. Daniel, dann erhob er sich und begleitete sie zum Empfang hinaus. »Fräulein Meindl wird Ihnen noch einen Termin für die nächste Vorsorgeuntersuchung geben.« Er lächelte sie voller Herzlichkeit an. »Wir sehen uns also in vier Wochen wieder. Sollten Sie während dieser Zeit irgendwelche Beschwerden oder auch nur Fragen haben, dann können Sie jederzeit zu mir kommen – auch außerhalb der Sprechzeiten.«

      Anke bedankte sich herzlich und ließ sich von Gabi noch einen Termin geben, dann verließ sie beschwingt die Praxis. Während des Nachhausewegs und auch in den darauffolgenden Stunden überlegte sie angestrengt, wie sie das bevorstehende freudige Ereignis Rainer mitteilen sollte. Nach allem, was sie zusammen durchgestanden hatten, erschien es ihr so unromantisch, ihm einfach zu sagen, daß er Vater werden würde.

      Doch plötzlich hatte sie eine Idee. Sie fuhr rasch in die Kreisstadt und kaufte in einer kleinen Baby-Boutique ein Paar zauberhafte Schuhchen, die mit zarten Spitzen verziert waren. Zu Hause packte sie sie sehr liebevoll ein, stellte eine Flasche Champagner kalt und wartete dann auf Rainer.

      Sie hatte Glück. Er kam ausnahmsweise ganz pünktlich aus dem Werk, und so blieb Anke eine gute Stunde Zeit, bevor sie zum Abendessen nach unten mußten.

Скачать книгу