Скачать книгу

diese bedrohlichen Falten auf Martin Bergmanns Stirn. »Beim Frauenarzt? Ja, Himmel noch mal, was hast du denn damit zu schaffen?« Und dann sah er plötzlich klar. »Ich wußte es von Anfang an! Sie kann dir keine Söhne schenken!»

      Rainer schloß für einen Augenblick die Augen.

      »Ganz so ist es nicht, Vater«, wich er aus, doch Martin Bergmann ließ ihn nicht weitersprechen.

      »So? Wie ist es dann?« Er hob beide Hände, als Rainer zu einer Antwort ansetzen wollte, und fügte mit harter Stimme hinzu: »Mir erzählst du keine Märchen, mein Sohn. Ich kenne diese Untersuchungen zur Genüge. Was hat deine Mutter mir damals alles vorgelogen! Diese Untersuchung und jene Untersuchung. Aber schwanger konnte sie doch nicht mehr werden. Ich hatte eine Frau zu Hause, die keine Frau mehr war. Und jetzt soll es dir genauso gehen.« Wieder fuchtelte er mit beiden Händen in der Luft herum. »Aber das werde ich zu verhindern wissen! Gleich morgen früh gehst du zu unserem Anwalt. Die Ehe wird noch in dieser Woche annuliert, hast du mich verstanden? Ich dulde nicht, daß du mit einer Frau verheiratet bist, die mir keine Enkelsöhne schenken kann.«

      In Rainer erstarrte alles zu Eis. Obgleich er selbst nach Ankes Eröffnung ähnlich reagiert hatte, brachte ihn der Befehlston seines Vaters in Wallung.

      »Ich werde Anke niemals verlassen«, erklärte er mit harter Stimme.

      Völlig fassungslos starrte Martin Bergmann ihn an. »Wie bitte? Du wagst es, dich meinen Anordnungen zu widersetzen?«

      Erregt ging der herrschsüchtige Mann zwischen den weit ausladenden Kokospalmen auf und ab, dann blieb er dicht vor Rainer stehen. Seine eisblauen Augen glitzerten vor Zorn.

      »Du hast mich einmal vor vollendete Tatsachen gestellt.« Martin Bergmanns Stimme war bei diesen Worten sehr leise geworden, dennoch hörte Rainer den drohenden Unterton deutlich heraus. »Ein zweites Mal wird das nicht geschehen. Deine Ehe mit Anke wird aufgelöst, und anschließend bestellen wir das Aufgebot. Du wirst Silvia Westphal heiraten – und das noch in diesem Jahr. Mit ihrem Vater werde ich sicher rasch einig, und Silvia wird es nicht wagen, sich den Anordnungen des alten Westphal zu widersetzen. Und du, mein Sohn, wirst ebenfalls tun, was ich sage, ansonsten könnte es dir passieren, daß du plötzlich auf der Straße stehst.«

      Mit bewundernswerter Ruhe hielt Rainer dem durchdringenden Blick seines Vaters stand. Bei den letzten Worten jedoch zogen sich seine Brauen bedrohlich zusammen, und seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen.

      »Du drohst mir mit Enterbung?« fragte er, dann lachte er plötzlich auf. »Bitte schön, wirf mich doch raus! Ich werde bestimmt keine Schwierigkeiten haben, Arbeit zu bekommen, und ich verspreche dir, daß es nicht länger als ein Jahr dauern wird, bis ich wieder einen leitenden Posten inne habe. Aber wem willst du deine verkommene Chemiefabrik eigentlich andrehen? Diesen Haufen Schrott, an dem nur noch Reparaturen durchzuführen sind, kannst du nicht mal mehr verschenken! Also, mein lieber Herr Vater, wie sieht es jetzt aus? Glaubst du immer noch, daß du mich zur Auflösung meiner Ehe zwingen kannst?«

      Martin Bergmann war bei den Worten seines Sohnes zusehends erbleicht. Jetzt begann er leicht zu schwanken und griff wie haltsuchend hinter sich.

      »Was… was erlaubst du dir«, stieß er mühsam hervor, doch plötzlich wallte unbändiger Zorn in ihm auf. »In welchem Ton sprichst du mit deinem Vater! Was fällt dir überhaupt ein…«

      »Wer hat diese Tonart denn zuerst angeschlagen?« fiel Rainer ihm ins Wort, dann legte er mit einer versöhnlichen Geste eine Hand auf Martin Bergmanns Schulter. »Bitte, Vater, laß uns nicht streiten. Ich will mit dir nicht im Unfrieden leben, aber du mußt endlich einsehen, daß ich erwachsen bin. Ich werde in ein paar Monaten neunundreißig, und ich glaube, daß ich durchaus in der Lage bin, mit meinem Leben und auch mit meiner Ehe allein fertig zu werden.«

      »Mit deiner Ehe«, widerholte Martin Bergmann bissig. »Was wird das denn für eine Ehe werden? Eine Ehe ohne Kinder ist wie…«

      »Es ist noch gar nicht sicher, daß es eine Ehe ohne Kinder wird«, unterbrach Rainer ihn. »Um das herauszufinden, wird sich Anke morgen einer gründlichen Untersuchung unterziehen. Und ich bin sicher, daß Dr. Daniel tun wird, was in seiner Macht steht, um uns zu einem Baby zu verhelfen.«

      »Daniel?« Martin Bergmann spuckte den Namen förmlich aus. »Der wird sich hüten! Der konnte uns noch nie leiden!« Er baute sich in seiner ganzen Größe vor Rainer auf. »Ich wünsche, daß ihr zu einem anderen Arzt geht.«

      »Tut mir leid, Vater, aber das ist allein Ankes Entscheidung«, wehrte Rainer ab. »Sie hat sich für Dr. Daniel entschieden, weil sie zu ihm Vertrauen hat, und auch ich konnte ihn immer gut leiden. Er ist nicht so, wie du ihn hinzustellen versuchst, und er ist viel zu sehr Arzt, um sich auf einen kindischen Kleinkrieg mit uns einzulassen. Das hat er auch gar nicht nötig.«

      In Martin Bergmanns Gesicht wetterleuchtete es. Er war nahe daran, seiner ganzen Wut über Dr. Daniel Ausdruck zu verliehen, bremste sich aber, da er Rainers Einstellung zu der Kritik des Arztes kannte. Immerhin hatte Rainer ihm ja deutlich zu verstehen gegeben, daß er die CHEMCO völlig anders leiten würde, als sein Vater es getan hatte, und nach allem, was Martin Bergmann gerade mit seinem Sohn erlebt hatte, wollte er sich hüten, einen erneuten Streit vom Zaun zu brechen. Rainer würde noch früh genug einsehen, daß sein Vater all die Jahre recht gehabt hatte. Angestellte verlangten immer mehr, wenn man ihnen nicht mit harter Hand Einhalt gebot.

      »Also, Vater, wie steht es nun?« fragte Rainer und riß ihn damit aus seinen Gedanken. »Wirst du mich morgen nachmittag für ein paar Stunden vertreten?«

      »Was bleibt mir schon anderes übrig«, grummelte Martin Bergmann. »Begleite deine Gazelle nur zum Arzt. Nützen wird es sowieso nichts. Eine unfruchtbare Frau wird durch Untersuchungen nicht fruchtbar gemacht, das wirst auch du noch einsehen müssen. Und vielleicht bist du dann endlich bereit, dich von Anke zu trennen.« Er richtete den Blick seiner kalten Augen auf Rainer und schien ihn damit festzunageln. »Die CHEMCO braucht einen Erben, und ich hoffe, daß du dir deiner Pflicht bewußt bist.«

      Damit drehte sich Martin Bergmann um und widmete sich angelegentlich seinen Pflanzen. Rainer wußte, daß das Gespräch nun beendet war, und er hatte Mühe, einen Seufzer zu unterdrücken. Sollte sich wirklich herausstellen, daß Anke tatsächlich niemals schwanger werden konnte, dann standen ihnen beiden harte Zeiten bevor, denn Martin Bergmann würde keine Gelegenheit auslassen, ihnen ihre Kinderlosigkeit vorzuhalten. Und irgendwann würde ihre Ehe dann vielleicht doch daran zerbrechen.

      Mit einem letzten Blick zu seinem Vater verließ Rainer den Wintergarten. Dabei fielen ihm Dr. Daniels Worte wieder ein.

      »Wichtig ist nur, daß Sie zu Ihrer Frau halten – auch wenn sich herausstellen sollte, daß sie doch nicht schwanger werden kann.«

      Rainer nickte sich selbst zu. Ja, er würde zu Anke halten. Niemals würde er sie im Stich lassen, und wenn sich sein Vater auf den Kopf stellen würde.

      »Lieber ziehen wir von hier aus, bevor wir uns unsere Ehe kaputt machen lassen«, murmelte Rainer, und es klang wie ein Schwur.

      *

      Dr. Daniel war angenehm überrascht, als Rainer und Anke am Donnerstagnachmittag gemeinsam sein Sprechzimmer betraten. Seine Empfangsdame legte derart lange Termine absichtlich auf den Nachmittag, denn unangemeldete Patientinnen erschienen eher gleich am Morgen, was oftmals zu nicht unerheblichen Terminverschiebungen führte. Nachmittags dagegen hatte Dr. Daniel mehr Ruhe für Untersuchungen, die einen längeren Zeitraum beanspruchten.

      Der Arzt stand hinter seinem Schreibtisch auf und reichte zuerst Anke, dann Rainer die Hand.

      »Ich freue mich sehr, daß Sie Ihre Frau begleiten«, erklärte er. »Die Untersuchung ist nicht schmerzhaft, aber eine seelische Stütze ist für die Frau trotzdem von außerordentlicher Wichtigkeit.«

      Rainer nickte. »Das kann ich mir vorstellen, aber…« Er warf einen fast ängstlichen Blick auf die Zwischentür, die zum Untersuchungszimmer führte. »Da hinein gehe ich nicht.«

      Dr. Daniel lächelte. »Das müssen Sie ja auch nicht, Rainer. Allerdings wäre

Скачать книгу