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Bastrock wäre er nicht noch mehr fehl am Platze erschienen.

      »Verpasst!«, rief Thomas aus. »Wie ist das möglich?«

      Miranda war vier Jahre älter als ihr Ehemann und legte bereits die zänkische Natur ihrer Mutter an den Tag. Ihr attraktiver Mund war in der letzten Zeit zunehmend verkniffen, vor allem, wenn sie an Geld dachte. Ihre Augen schienen mit jedem Tag argwöhnischer und schmäler zu werden.

      »Du hast behauptet, dass sie niemals pünktlich abfahren«, beschuldigte sie ihn.

      »Verdammt und zugenäht!« Thomas versetzte seinem Koffer einen Tritt. Der Bahnhofsvorsteher war verschwunden. Ansonsten war keine Menschenseele zu sehen.

      »Thomas, erinnere dich daran, wer du bist! Ich habe dir gesagt, dass wir uns früher auf den Weg hätten machen sollen. Nun, jetzt lässt sich nichts mehr ändern. Wir müssen zurückgehen.« Miranda bückte sich, um ihre Reisetaschen aufzunehmen. Sie war sehr gut in der Lage, für sich selbst zu sorgen. In der Tat, mit einem Ehemann wie Thomas war sie dazu leider auch gezwungen.

      »Wir können nicht zurückgehen, Miranda. Selbst wenn wir alles andere außer Betracht lassen, habe ich kein Geld für eine weitere Übernachtung eingeplant.«

      »Wie ich dir schon sagte, wir hätten England niemals verlassen sollen«, verkündete sie wenig hilfreich.

      »Es muss doch jemanden hier geben, der uns sagen kann, wann der nächste Zug fährt.«

      Ausgesprochen albern aussehend stolzierte er den Bahnsteig entlang, bis er zum Fahrkartenschalter kam. Als er mit den Fingerknöcheln auf den hölzernen Tresen klopfte, erhob sich urplötzlich der Bahnhofsvorsteher hinter dem Schalter und versetzte ihm einen Schreck.

      »He, Sie da. Hören Sie, haben Sie hier das Sagen? Der Zug ist weg.«

      »Dann haben Sie ihn verpasst.«

      »Ich gehe davon aus, dass es noch einen geben wird, oder?«

      »Nein, es gibt keinen mehr. Sie können hier von gar nichts ausgehen. Heute fährt kein Zug mehr.«

      »Aber was sollen wir dann machen? Wir können nicht zurückgehen. Falls es Ihnen entgangen sein sollte, das Land bewegt sich auf einen Bürgerkrieg zu.«

      »Dann werden Sie sich für eine Seite entscheiden müssen, Engländer.« Der Vorsteher räusperte sich und spuckte auf den Boden. In der letzten Zeit war das Ausspucken vor Ausländern zu einer Art Nationalsport geworden. Er knallte das Fensterchen des Fahrkartenschalters zu.

      Miranda hatte es sich auf ihrem Gepäck bequem gemacht. Es war noch immer heiß und sie schwitzte. »Ist man denn nirgendwo in Europa sicher?«, fragte sie, während sie sich den Hals mit einem Taschentuch abtupfte. »Es ist, als ob die ganze Welt verrückt geworden wäre.«

      »Es soll doch noch einen Zug geben«, sagte Thomas verwundert. »Ich bin mir sicher, dass ich gehört habe, wie vorhin jemand im Café davon sprach.«

      Miranda fächelte sich Luft zu. »Wann?«

      »Ich bin mir nicht sicher. Gegen Mitternacht, denke ich. Aber der Bahnhofsvorsteher …«

      »Und was ist, wenn die Armee vorher eintrifft?«

      Thomas überlegte sich gerade eine Antwort, als irgendein Tier einen unheimlichen Schrei im aufsteigenden Dunst in den Weizenfeldern jenseits des Bahnhofs von sich gab.

      »Was um Himmels willen war das?« Miranda versuchte einen Blick zu erhaschen.

      »Hat sich angehört wie ein Schwein. Ist wahrscheinlich in eine Falle geraten.« Thomas faltete seine Karte auseinander und folgte der Bahnlinie. »Hier sind wir. Chelmsk – Snerinska – Schlopelo – Blankenberg – Zoribskia, nur diese Haltepunkte, dann nichts. Das ergibt absolut keinen Sinn.« Er drehte die Karte um, um sie seiner Frau zu zeigen. Die Stelle, an der sich die Endstation befand, war abgerieben worden, so als ob sie nicht länger existierte. »Wir sind in dieses Land gekommen. Es muss doch auch einen Weg aus ihm heraus geben.«

      Miranda war verzweifelt. »Das ist nicht länger neutrales Gebiet, Thomas. Sie schließen die Grenzen.«

      »Wir müssen schneller sein als die Armee.« Thomas schirmte seine Augen gegen die tief stehende Sonne ab, während er nach Anzeichen für Leben suchte. Es gab nichts außer den endlosen grünen und gelben Feldern.

      »Und wenn sie hier eintreffen? Vielleicht werden wir erschossen.«

      »Dann müssen wir den letzten Zug nehmen.«

      »Welchen Zug? Es steht keiner mehr auf dem Fahrplan.«

      Ihr Ehemann streckte sein Kinn hervor. »Wir dürfen den Glauben nicht verlieren, Miranda.«

      Thomas berührte das Kreuz an seinem Hals, und nicht zum ersten Mal bereute Miranda, dass sie einen Pfarrer vom Land geheiratet hatte. Er sah nach seiner Taschenuhr und blickte sorgenvoll die Schienen entlang.

      »Kannst du irgendetwas sehen?«, fragte sie.

      Thomas litt unter Sehschwäche, aber er konnte einen fernen Schimmer ausmachen, der sich im dunklen Wald bewegte.

      »Ist das der Zug?«

      »Nein«, antwortete Thomas bedrückt. »Ich denke, es ist die Armee.«

      Die Büsche am Ende des Bahnsteigs raschelten plötzlich und teilten sich. Aus ihnen kam ein schmutziger Junge hervor, der auf die Pflastersteine trat. Seine Kleidung war zerlumpt und er trug keine Schuhe. Seine stechenden blauen Augen zeigten Hinweise auf Wahnsinn.

      Thomas wollte sich von einem Kind nicht einschüchtern lassen. Er schritt auf den Bengel zu und sprach ihn an.

      »Kleiner Junge, kannst du mich verstehen?«

      Der Junge starrte ihn an, dann zog er etwas Lebendiges aus seinen ungekämmten Haaren und nahm es in den Mund. »Wir sprechen alle Englisch. Wir hatten einmal einen Englischlehrer hier. Wir mochten unseren Lehrer sehr.«

      »Prima. Wann geht der nächste Zug?«

      »Kein Zug.« Der Junge kratzte sich am Kopf, auf der Suche nach weiteren Läusen.

      »Ich dachte, es soll einer um Mitternacht kommen.«

      »Etwas kommt um Mitternacht.«

      »Was willst du damit sagen?«

      »Etwas, das wie ein Zug aussieht.« Der Junge untersuchte ein neues, sich windendes Insekt, das er zwischen seinen Fingern hielt. Dann verspeiste er es.

      »Wo fährt er hin?«

      »Darfst ihn nicht ansehen. Wende dich ab, wenn du hörst, dass die Schienen singen. Halte die Ohren zu, wenn du die Pfeife hörst. Um Mitternacht musst du rennen. Dich verstecken.« Der Junge drehte sich weg, um zu gehen.

      »Warte …«

      Aber es war zu spät. Der Junge war bereits in dem dunkler werdenden Waldgebiet verschwunden.

      »Was hat er gesagt?«, wollte Miranda wissen.

      Thomas konnte die Sorge in ihrer Stimme hören. »Nichts, das einen Sinn ergibt«, teilte er ihr mit.

      »Was sollen wir tun?«

      »Was bleibt uns übrig?«, sagte Thomas. »Wir warten.«

      Die Flucht

      Nicholas blickte durch das Fenster in das Gasthaus und sah, dass Ärger drohte. Josef und Ivan standen bei Isabellas Vater. Die Männer gestikulierten wild.

      »Warte hier«, sagte er zu Isabella, bevor er so nahe, wie er es wagte, zum Fenster ging und lauschte.

      »Wacht endlich auf, ihr beiden«, sagte der Wirt gerade. »Ihr müsst den Engländer aufhalten. Und meine Tochter finden. Ivan, reiß dich zusammen und hilf Josef. Er wird seine Frau verlieren.«

      Nicholas beobachtete, wie Ivan und Josef mit plötzlicher Entschlossenheit den Schankraum verließen.

      »Komm

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