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brannte auch der Teppich! Von oben und unten brannte es. Hoch schlugen die Flammen und begegneten sich – ein feuriger Vorhang, der sich langsam weiterwälzte.

      Ein Aufschrei!

      Am Fuß der Treppe stand eines der Mädchen und starrte in das lodernde Flammenmeer.

      »Hilfe!« Die Stimme gellte. »Hilfe! Hilfe!«

      Jäh schwieg die Musik.

      Die Tanzenden drängten sich hinaus, umstanden das schreiende Mädchen, starrten entsetzt auf den Brand.

      Eine Panik entstand, obwohl es keine tatsächliche Bedrohung gab. Alles lief und schrie durcheinander.

      Natalie Eggebrecht stand in einem der großen Räume, die sich im Nu leerten. Ihre Augen gingen über die Aufgeregten, die in ihrer Angst alle Rücksicht vergessen hatten. Ein verächtliches Zucken ging um ihre Lippen. Ihre Augen suchten weiter.

      Stephan?

      Da war er!

      Sie sah, wie er sich einen Weg durch die Hinausdrängenden bahnte auf sie zu. Dann war er neben ihr. »Ich habe schon die Feuerwehr bestellt«, sagte er. »Es ist nicht so schlimm. Wir müssen zur Vorsicht alles ausräumen, obwohl hier unten wahrscheinlich nichts passieren wird. Oben allerdings…«, er zuckte die Achseln. »Gott sei Dank ist niemand oben«, fuhr er fort. »Das Mädchen sagt, sie seien alle zum Helfen unten.«

      »Ja, Gott sei Dank«, bestätigte Natalie. »Wo ist eigentlich Susanne?« fragte sie dann.

      Jäher Schrecken versteinte Stephan Amsincks Gesicht. Er starrte Natalie einen Augenblick an, als habe er sie nicht verstanden, dann wandte er sich wortlos um.

      Rücksichtslos drängte er sich durch die Hinauseilenden, die den Ausgang verstopften. Seine Blicke schweiften über die Köpfe.

      Da…! Dr. Wagner!

      Er mußte wissen, wo Susanne war! Ob sie schon wieder heruntergekommen war!

      Ein Stein fiel Stephan vom Herzen. Wenn Wagner hier war, würde Susanne wahrscheinlich auch unten sein.

      Er hatte den Arzt erreicht und packte ihn beim Arm. »Wo ist Susanne?« fragte er hastig.

      Wagner wandte sich um.

      Verständnislos starrte er in Stephans Gesicht. »Ich weiß nicht«, sagte er. Und dann plötzlich dämmerte es ihm. Entsetzen blickte aus seinen Augen und war die deutlichste Antwort auf Stephans Frage.

      Susanne war noch oben!

      Stephan riß den Arzt hinter sich her. »Los! Kommen Sie! Wir müssen hinauf!«

      Draußen hatten ein paar Beherzte Eimer mit Wasser herangeschleppt, obwohl man sehen konnte, daß ein paar Eimer Wasser nicht helfen würden. Aber bald mußte ja die Feuerwehr kommen.

      Stephan riß einen Wandteppich herunter, tauchte ihn in das Wasser.

      »Wir gehen hinauf«, sagte er noch einmal. »Sie wird in ihrem Zimmer sein.«

      Jochen Wagner starrte entsetzt die Treppe hinauf, in die wirbelnde Lohe. Da hinauf sollte er?

      Stephan ging auf die Treppe zu. Wagner folgte zögernd. »Los«, sagte Stephan, »ma­chen­ Sie ein bißchen schnell! Wir ­haben keine Zeit zu verlieren.«

      Der Arzt blieb stehen. Er schlug den Blick nieder. »Ich – ich…«, begann er stotternd.

      Da begriff Stephan. Zu feige war der Kerl! Und vor einer ganz kurzen Zeit hatte er Susanne erklärt, er liebe sie.

      »Feigling!« sagte Stephan leise.

      Jochen Wagner zuckte zusammen, aber er rührte sich nicht. Sein Leben war ihm lieber als alles andere.

      Stephan zog sich den Wandbehang über Kopf und Schultern und lief die Treppe hinauf.

      Hinter ihm schrie es entsetzt auf.

      Auf den letzten Stufen verhielt er einen Augenblick.

      Hitze schlug ihm entgegen, der erstickende Geruch des Rauches. Rings um ihn knisterte und prasselte es.

      Kurzentschlossen duckte er sich und lief mitten in die heißen Flammen hinein.

      *

      Susanne erhob sich von ihrem Bett.

      Sie hatte keine Ahnung, wieviel Zeit sie verträumt hatte. Aber nun mußte sie wohl wieder hinuntergehen. Schließlich war es ihr Fest, das da unten gefeiert wurde.

      Sie ging zum Spiegel und bürstete noch einmal über ihre Locken. Dann wandte sie sich zur Tür.

      Plötzlich überkam sie ein beklemmendes Gefühl. Wie seltsam es auf einmal roch!

      Sie öffnete die Tür.

      Erschrocken fuhr sie zurück.

      Dichte Wolken von Rauch, der beißend und ätzend in die Luftwege drang, schlugen ihr entgegen. Von unten kam ein ganz schwacher, flackernder Schein, der nicht von einer Lampe herrühren konnte. Und unheimlich knisterte und krachte es.

      Das war Feuer! Das Haus brannte!

      Sie lief die Treppe hinunter. In halber Höhe hielt sie inne, maßlos erschrocken.

      Der Flur unter ihr war ein wogendes, waberndes Flammenmeer.

      Jähe Angst schnürte ihr die Kehle zu. Sie konnte nicht mehr hinunter!

      Da tauchte aus dem Rauch eine Gestalt vor ihr auf, tastete sich auf die Treppe zu. Mein Gott! War denn noch jemand hier oben?

      Eine Decke verhüllte Kopf und Schultern des Taumelnden, aber dann erkannte sie ihn: Stephan! Auf einmal fiel alle Angst von ihr ab.

      Jetzt hatte auch er sie gesehen. Er sprang die Stufen hinauf bis zu ihr und faßte sie beim Arm. »Komm«, sagte er, »wir müssen wieder nach oben. Es ist mir gerade noch gelungen, durchzukommen. Zurück geht es nicht mehr.«

      Sie liefen die Treppe hinauf, zurück in Susannes Zimmer.

      Oben schüttelte er die nasse Decke ab. Sein dunkles Haar hing wirr und feucht in die Stirn, und auf seiner weißen Hemdbrust lag eine graue Schicht von Staub und Asche. Seine Augen tränten. Er vermochte sie kaum zu öffnen.

      Als er weitersprach, klang seine Stimme ganz heiser: »Du brauchst keine Angst zu haben. Ich habe vorhin die Feuerwehr angerufen. Sie muß in ganz kurzer Zeit hier sein, und dann steigen wir über die Leiter hinaus.« Er hustete.

      Susanne sah Stephan mit großen Augen an.

      Er war also über den brennenden Flur gelaufen, nur um zu sehen, wo sie war!

      Sie sah auf seine Hände, die mit großen Brandblasen bedeckt waren.

      »Tut es sehr weh?« fragte sie leise.

      Er schüttelte den Kopf und kniff die tränenden Augen zusammen. Susanne lief zum Waschbecken, feuchtere ihr Taschentuch an und legte es ihm auf die brennenden Lider. Dann führte sie ihn zum Bett. »Setz dich, Stephan«, sagte sie.

      Jäh durchzuckte es ihn. Es war das erste Mal, daß sie Ste­phan zu ihm gesagt hatte.

      Sie drückte ihn auf das Bett zurück. Er hörte, wie sie zum Toilettentisch ging. Dann kam sie zurück. Sie nahm seine Hände, und er fühlte, wie sie etwas Kühles darauf streute und sie dann verband.

      Sie lachte leise. »Das ist etwas ganz besonders Gutes. Französischer Puder – ein Geburtstagsgeschenk. Ich hatte ihn noch nicht einmal ausprobiert.«

      Stephan fühlte, wie das Brennen in seinen Augen nachließ. Er setzte sich auf. »Susanne«, sagte er, »hast du keine Angst?«

      Susanne antwortete nicht gleich.

      Sie dachte an den furchtbaren Augenblick auf der Treppe, als sie sich so unerwartet dem Flammenmeer gegenübergesehen hatte. Da hatte sie Angst gehabt, entsetzliche Angst.

      Und jetzt?

      Nein, jetzt hatte sie keine Angst mehr. Stephan

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