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nur veranlaßt, daß im Steinhausener Tagblatt ab morgen in jeder Ausgabe eine große Warnung abgedruckt wird. Außerdem hat sich die Polizei des Problems angenommen und an allen Wanderwegen Warnschilder aufgestellt. Auch am Schwarzen Brett im Rathaus und in der Schule wurden Warnhinweise angebracht. Nach menschlichem Ermessen dürfte es jetzt zu keinen weiteren Vergiftungen mehr kommen.«

      »Gut«, meinte Dr. Daniel. »Und ich werde heute nachmittag der CHEMCO einen Besuch abstatten.«

      »Ich komme mit«, fügte Dr. Metzler sofort hinzu.

      »Nein, mein lieber Wolfgang, du bleibst schön hier«, entgegnete Dr. Daniel in einem Ton, der keinen Widerspruch zuließ. »Erstens mußt du da sein, wenn es wider Erwarten doch noch zu weiteren Vergiftungen kommen sollte. Und zweitens weißt du ganz genau, daß der alte Bergmann auf dich allergisch reagiert, und gerade das können wir bei diesem wichtigen Gespräch nicht gebrauchen.«

      »Der reagiert auf dich genauso allergisch – wenn du es schon so ausdrücken willst«, erklärte Dr. Metzler mit Nachdruck. »Du hast gehört, was er bei unserer Hochzeit gesagt hat: Er will uns beide vernichten, und wer weiß? Vielleicht sind diese Arsenvergiftungen sogar von ihm beabsichtigt worden.«

      »Ja, und du alter Hitzkopf würdest ihm das eiskalt ins Gesicht sagen, wenn ich dich mitnähme«, entgegnete Dr. Daniel. »Also, Wolfgang, ich erwarte, daß du dich freiwillig an meine Anordnungen hältst, ansonsten müßte ich dich nämlich als Direktor dieser Klinik in deine Schranken verweisen, und das würde mir absolut nicht gefallen.«

      Dr. Metzler schluckte. Er spürte, daß Dr. Daniel diese Drohung durchaus ernst meinte.

      »Ich kann mich zwar sehr gut beherrschen, wie du sicher auch bei meiner Hochzeit bemerkt hast«, erklärte er ruhig. »Aber ich will es nicht darauf anlegen, daß du gegen deine Gewohnheit den Direktor herauskehren mußt. Also, du kannst allein zu Bergmann gehen, aber wenn er etwas mit den Arsenvergiftungen zu tun hat, dann wirst auch du mich nicht mehr zurückhalten können, Robert. Ich werde diesen Kerl mit allen Mitteln zur Verantwortung ziehen.«

      Dr. Daniel hätte gern etwas darauf erwidert, doch er wußte, daß es für eine derartige Diskussion noch viel zu früh war. Erst mußte herausgefunden werden, woher das Arsen tatsächlich kam, dann konnte man an weitere Schritte denken. Dabei hielt Dr. Daniel es durchaus nicht für ausgeschlossen, daß Wolfgang mit seinem Verdacht recht haben könnte – ganz im Gegenteil. Die Wahrscheinlichkeit, daß die Arsensalze aus der CHEMCO kamen, war ausgesprochen hoch.

      *

      Als Sibylle Wogand aus der Narkose erwachte, stand Schwester Bianca neben ihrem Bett und lächelte.

      »Nun, Frau Wogand, wie fühlen Sie sich?« wollte sie wissen.

      »Ich…«, begann Sibylle mit etwas krächzender Stimme, räusperte sich und begann noch einmal von vorn. »Ich weiß nicht recht. Kalt ist mir, und… und Durst habe ich.«

      Bianca breitete eine zweite Decke über sie.

      »Jetzt bringe ich Sie erst mal auf die Station, dann bekommen Sie etwas zu trinken«, meinte sie. »Und heute mittag wird Dr. Daniel Sie besuchen und mit Ihnen das Ergebnis der Untersuchung besprechen.«

      »Was ist denn dabei herausgekommen?« wollte Sibylle wissen.

      »Tut mir leid, Frau Wogand, das weiß ich nicht«, antwortete Bianca bedauernd. »Aber selbst wenn ich es wüßte, dürfte ich es Ihnen nicht sagen. Wissen Sie, wir Schwestern sind nicht befugt, derartige Auskünfte zu geben. Das dürfen nur die Ärzte tun.«

      Sibylle nickte. Im Augenblick war ihr diese Antwort auch gar nicht so wichtig. Dazu war sie noch viel zu müde.

      »Wird die Wirkung der Narkose noch sehr lange anhalten?« fragte sie aus diesen Gedanken heraus.

      »Es war nur eine ganz leichte Narkose«, entgegnete Schwester Bianca. »Ich schätze, daß Sie bis mittags noch ein bißchen müde sein werden, aber danach werden Sie nicht mehr allzu viele Probleme haben.«

      »Das ist gut«, murmelte Sibylle und schloß die Augen. Das kurze Gespräch hatte sie so sehr erschöpft, daß sie sogar ihren Durst vergaß. Und als Schwester Bianca das Bett ins Zimmer schob, schlief Sibylle bereits.

      Als sie zum zweiten Mal erwachte, stand auf dem fahrbaren Nachttisch neben ihrem Bett eine Tasse Tee, und durstig trank Sibylle sie leer. Dabei stellte sie fest, daß die Müdigkeit nun ein wenig nachließ. Trotzdem schloß sie erneut die Augen und dämmerte noch ein wenig vor sich hin.

      Erst als sich die Tür öffnete, schlug Sibylle die Augen wieder auf. Ein Lächeln glitt über ihr Gesicht.

      »Herr Doktor.«

      »Na, Frau Wogand, war doch gar nicht schlimm, oder?« fragte Dr. Daniel und setzte sich ohne viele Umstände auf die Bettkante.

      »Ich habe bestens geschlafen«, meinte Sibylle, dann wurde sie ernst. »Herr Doktor, was ist bei der Untersuchung herausgekommen?«

      »Im Innern Ihrer Gebärmutter hatten sich arge Wucherungen gebildet, die zu den Zwischenblutungen führten«, erzählte er. »Unglücklicherweise lagen sie zumeist an Stellen, die man bei einer Ausschabung nicht erreichen kann, aber im Rahmen der Hysteroskopie war es mir möglich, sie zu entfernen. Künftig werden Sie also von Zwischenblutungen verschont bleiben.«

      Sibylle runzelte die Stirn. »Wucherungen. Ist das… schlimm? Ich meine…« Sie wagte es nicht, die letzten Worte auszusprechen.

      »Ich weiß schon, was Sie meinen«, entgegnete Dr. Daniel. »Und der Ehrlichkeit halber muß ich Ihnen sagen, daß solche Wucherungen durchaus bösartig sein können. Sie sollten sich aber trotzdem nicht zu viele Sorgen machen, Frau Wogand. Ich habe veranlaßt, daß das, was ich aus Ihrer Gebärmutter entfernt habe, einer feingeweblichen Untersuchung unterzogen wird. Das Ergebnis werde ich spätestens in zwei Tagen haben, und dann rufe ich Sie umgehend an.«

      Jetzt zeigte sich doch Angst auf Sibylles Zügen. »Herr Doktor, wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, daß es… Krebs ist?«

      »Nicht sehr groß«, antwortete Dr. Daniel. »Wissen Sie, in meiner bisherigen Laufbahn habe ich schon viele Krebsgeschwulste gesehen und auch viele harmlose Wucherungen. Gelegentlich kann sich das bloße Auge natürlich irren, aber das, was sich in Ihrer Gebärmutter festgesetzt hatte, sah mir gar nicht nach einer bösartigen Geschwulst aus. Aber wie gesagt – wir müssen das histologische Gutachten abwarten.«

      Sibylle senkte den Kopf. »Ich fürchte, das werden Tage voller Angst für mich werden.«

      *

      Martin Bergmann war absolut nicht erfreut, als Frau Salling, die Sekretärin, die bereits unter seiner Leitung gearbeitet hatte und von seinem Sohn Rainer dann übernommen worden war, Dr. Daniel angekündigte.

      »Was will der denn?« schnauzte er seine Sekretärin an.

      »Das hat er mir nicht gesagt«, entgegnete Frau Salling so ruhig, wie es ihr möglich war, und dabei fragte sie sich, wie sie es überhaupt jahrelang bei diesem Chef ausgehalten hatte. Seit sie mit Rainer zusammenarbeitete, wußte sie erst, wie angenehm es war, einen rücksichtsvollen Chef zu haben.

      »Schicken Sie ihn herein«, knurrte Martin Bergmann und setzte dabei seine finsterste Miene auf, doch davon ließ sich Dr. Daniel natürlich nicht beeindrucken. Schließlich kannte er Martin Bergmann seit vielen Jahren und hatte seine Angst vor ihm längst abgelegt.

      »Guten Tag, Herr Bergmann«, grüßte Dr. Daniel höflich. »Ich werde Ihre Zeit nicht lange in Anspruch nehmen. Es geht um etliche Vergiftungsfälle, die in der Waldsee-Klinik aufgetaucht sind.«

      »Was habe ich damit zu tun?« entgegnete Martin Bergmann unwirsch. »Sie und Metzler sind Ärzte, also sollten Sie allein damit fertigwerden.«

      »Darum geht es auch gar nicht«, erwiderte Dr. Daniel. »Es handelt sich um Arsenvergiftungen, und ich bin nun auf der Suche nach einer undichten Stelle, denn nirgendwo…«

      »Aber nicht in meiner Firma!« fiel der alte Bergmann ihm grob ins Wort. »Sie und Metzler haben Rainer

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