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Gummischlauch in den Magen einführen zu lassen.

      Währenddessen bereitete Dr. Scheibler schon die Spritze vor, wartete, bis die Magenspülung beendet war, und trat dann zu der Patientin.

      »Sie haben ja mitbekommen, daß das Einspritzen des Medikaments ein bißchen unangenehm ist«, meinte er, während er die Einstichstelle am Gesäßmuskel desinfizierte. Dann stach er die Nadel mit einem kurzen Ruck tief in den Muskel, machte die Aspirationsprobe und drückte den Kolben schließlich langsam nach unten.

      »Jetzt kann ich die Kinder wirklich verstehen«, stöhnte die Lehrerin leise. »Das ist ja ein ganz ekelhaftes Zeug.«

      »Der Wirkstoff muß in öliger Lösung verabreicht werden«, erklärte Dr. Scheibler. »Und das verursacht ein krampfartiges Gefühl. Kinder empfinden es als besonders schmerzhaft. So, Frau Körner, Sie haben’s überstanden – für die nächsten vier Stunden. Dann kommt die nächste Injektion.«

      Margot Körner seufzte. »Wo können wir uns diese Vergiftung denn nur geholt haben? Die Kinder haben lediglich ihre mitgebrachten Brote gegessen, und ich habe auch nur ein paar Joghurts zu mir genommen.«

      »Da sind wir leider überfragt«, meinte Dr. Metzler. »Ihre Klasse ist nämlich kein Ausnahmefall. Wir hatten bereits vorher Patienten mit Arsenvergiftung.«

      »Arsen«, wiederholte Margot Körner erschrocken. »Aber das ist ja…«

      Dr. Metzler mußte lächeln. »Ich weiß, daß Sie jetzt an den Film ›Arsen und Spitzenhäubchen‹ denken, aber derartige Morde sind überwiegend in Literatur und Film begangen worden. Ich vermute eher, daß Sie sich mit Beeren vergiftet haben, die mit Pestiziden in Berührung gekommen sind.«

      Margot schüttelte den Kopf. »Zumindest ich habe keine Beeren gegessen. Und auch bei den Kindern habe ich nichts davon gemerkt.«

      Dr. Daniel trat nun ebenfalls hinzu. »So war es doch bei dem ersten Patienten mit Arsenvergiftung auch.«

      Dr. Metzler nickte. »Aber es muß etwas geben, was alle Vergifteten gemeinsam zu sich genommen haben.«

      »Wir haben Wasser getrunken«, ließ sich Margot jetzt vernehmen. »Der kleine Bach, der durch den Wald fließt, sah so klar und sauber aus.« Sie zuckte die Schultern. »Irgendwie hat mich das an meine Kindheit erinnert. Ich bin auf dem Land großgeworden und habe überwiegend Wasser getrunken, das direkt vom Berg kam.«

      »Der Bach ist sauber«, entgegnete Dr. Metzler. »Er wird von beinahe allen Wanderern als Trinkwasser benutzt und…« Mitten im Satz hielt er inne. »Mensch, das ist es! Der erste vergiftete Patient… er hat mir gesagt, daß er von dem Bach getrunken hätte.« Er wandte sich seinem Assistenzarzt zu. »Stefan, geh zu den anderen drei Patienten, die gestern und heute eingeliefert wurden, und frag sie, ob sie auch Wasser aus dem Bach getrunken haben.«

      Stefan Daniel beeilte sich, der Aufforderung des Chefarztes nachzukommen.

      »Volltreffer«, rief er, als er zurückkam. »Alle drei haben Wasser getrunken.«

      »Die CHEMCO«, sagte Dr. Metzler nur, doch Dr. Daniel hob abwehrend beide Hände.

      »Langsam, Wolfgang«, wehrte er ab. »Dafür hast du nicht den geringsten Beweis.«

      »Wer sonst sollte…«, begann Dr. Metzler aufgebracht.

      »Ein Bauer könnte mit Pestiziden gearbeitet haben«, fiel Dr. Daniel ihm ins Wort. »Aber wir werden der Sache natürlich auf den Grund gehen. Allerdings mit der gebotenen Höflichkeit.«

      »Robert…«

      »Nein, Wolfgang!« entgegnete Dr. Daniel energisch. »Du kannst Martin Bergmann nicht mit Vorwürfen bombardieren, die vielleicht ungerechtfertigt sind – auch wenn du ihn noch so sehr verabscheust und ihn zu allem für fähig hältst.«

      *

      Sibylle Wogand war ein bißchen nervös, als sie sich am Dienstagfrüh in der Waldsee-Klinik einfand, doch Dr. Daniel erwartete sie schon und kam ihr mit einem herzlichen Lächeln entgegen.

      »Sie müssen keine Angst haben«, beruhigte er sie, als er bemerkte, wie kalt ihre Hände waren und wie sehr sie zitterten. »Die Untersuchung ist wirklich nicht schlimm, und wenn Sie Bedenken wegen der Narkose haben, dann können wir die Hysteroskopie auch in örtlicher Betäubung durchführen.«

      Doch da schüttelte Sibylle den Kopf. »Nein, Herr Doktor, ich würde das Ganze schon lieber verschlafen. Ich habe auch seit gestern abend nichts mehr gegessen – genau wie Sie es mir gesagt hatten.«

      Dr. Daniel nickte. »Das ist fein. Dann gehen wir jetzt mal in die Gynäkologie hinüber.«

      Dort wartete auch schon die Anästhesistin, Frau Dr. Erika Metzler, auf sie, und in ihrer Begleitung trat Sibylle in einen kleinen Nebenraum.

      »Hier können Sie sich ungestört ausziehen«, meinte die junge Ärztin. »Und dann schlüpfen Sie bitte in dieses Kliniknachthemd. Anschließend kommen Sie bitte wieder zu mir, ja?«

      Sibylle konnte nur nicken. Ihr Hals schien wie zugeschnürt zu sein vor lauter Angst und Nervosität. Mit bebenden Händen entkleidete sie sich und zog dann das hinten offene Hemd an. Als sie wieder in das Untersuchungszimmer trat, wartete Erika Metzler schon auf sie.

      »So, Frau Wogand«, erklärte sie lächelnd, »dann werde ich Sie jetzt mal schlafen schicken. Legen Sie sich bitte da hinauf, dann bekommen Sie eine Spritze von mir. Die wird Sie sehr müde machen.«

      Es dauerte tatsächlich nicht einmal eine halbe Stunde, bis Sibylle von einer angenehmen Müdigkeit übermannt wurde. Gleichzeitig fiel alle Nervosität von ihr ab. Völlig entspannt lag sie da, zählte die Deckenplatten über sich, bis sie alle ineinander verschmolzen. Dann wurde es dunkel um sie.

      »Die Patientin schläft«, erklärte Erika zu Dr. Daniel gewandt. »Ich bringe sie in den OP hinüber und leite die Narkose ein.«

      »In Ordnung«, entgegnete Dr. Daniel. »Ich komme sofort.«

      Er wusch sich gründlich die Hände, dann ließ er sich von Schwester Bianca die keimfreien Handschuhe überstreifen, bevor er zu der Patientin trat und mit der Hysteroskopie begann.

      »Kein Wunder, daß die arme Frau immer wieder Zwischenblutungen bekommt«, erklärte er, als er durch das Gerät ins Innere von Sibylles Gebärmutter sehen konnte. »Sie leidet unter schlimmen Wucherungen, und zwar zumeist an Stellen, die ihr Arzt mit der Kürette gar nicht erreichen konnte. Die Ausschabungen, die er vorgenommen hat, waren damit größtenteils völlig umsonst.«

      Erika runzelte die Stirn. »Können diese Wucherungen bösartig sein?«

      »Möglich«, meinte Dr. Daniel. »Ich glaube es zwar nicht, werde aber trotzdem eine feingewebliche Untersuchung vornehmen lassen. Schließlich will ich gerade bei solchen Dingen absolut sichergehen.«

      Im Rahmen der Untersuchung hatte Dr. Daniel nun auch die Möglichkeit, die Wucherungen zu entfernen.

      »Schwester Bianca, veranlassen Sie bitte, daß diese Gewebeproben eingeschickt und gründlich untersucht werden«, erklärte er, dann stand er auf.

      »Bringen Sie Frau Wogand in den Aufwachraum und anschließend auf die Station«, fuhr er fort. »Ich werde mich nachher persönlich um sie kümmern.«

      Dr. Daniel streifte die Handschuhe ab, ging in den Waschraum hinaus und wusch sich die Hände, dann begab er sich eiligst in die Chirurgie hinüber und betrat nach kurzem Anklopfen das Zimmer des Chefarztes.

      »Grüß dich, Wolfgang. Oberschwester Lena sagte mir, daß du mich sprechen wolltest.«

      Dr. Metzler nickte. »Richtig. Und keine Angst, Robert, ich werde dich nicht lange aufhalten. Ich wollte dir nur zeigen, was die Analyse des angeblich so reinen Quellwassers von Steinhausen ergeben hat.«

      Dr. Daniel nahm den Bericht entgegen, dann schüttelte er entsetzt den Kopf. »Das ist ja unglaublich. Bei derartig hohen Arsenkonzentrationen ist es beinahe ein Wunder, daß noch niemand gestorben ist.«

      »Da

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