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bekommen.«

      Stefanie nickte tapfer.

      »Wolfgang und Gerrit haben mir gesagt, daß du dich an den Unfall nicht erinnern kannst«, wechselte Dr. Daniel das Thema.

      »Das stimmt. In meiner Erinnerung ist alles dunkel. Ich weiß nur, was Wolfgang und Gerrit mir erzählt haben.« Mit brennenden Augen sah sie den Arzt an. »Der Mann hat mich angefahren und ist dann einfach geflüchtet. Ich hätte sterben können… ganz zu schweigen von den Kindern…«

      Dr. Daniel runzelte die Stirn. »Woher weißt du, daß es ein Mann war?«

      »Wolfgang glaubt das. Er sagt, eine Frau würde so etwas nicht fertigbringen.«

      »Wenn er sich da nur nicht irrt«, entgegnete Dr. Daniel, dann tätschelte er beruhigend Stefanies Hand. »Die Polizei sucht nach dem Fahrer, und wenn man ihn gefunden hat, dann wird er sich für das, was er getan hat, verantworten müssen.«

      Stefanie zuckte die Schultern. »Das bringt mir mein Baby auch nicht wieder zurück.«

      Dr. Daniel schwieg. Auf diese Worte gab es nichts zu sagen.

      *

      »Steffi ist ziemlich am Ende«, erklärte Dr. Daniel wenige Minuten später Wolfgang und Gerrit. »Die Fehlgeburt setzt ihr ziemlich zu.«

      Dr. Scheibler nickte. »Und das Schlimmste ist, daß ich ihr dabei nicht helfen kann. In dieser Situation gibt es für eine Frau keinen Trost.« Er senkte den Kopf. »Ich muß gestehen, daß ich auch leide. Obwohl die Schwangerschaft nicht gerade zum günstigsten Zeitpunkt kam, haben wir uns doch sehr auf unser zweites Kind gefreut.«

      Tröstend legte Dr. Daniel eine Hand auf seine Schulter. »Gerrit, ich habe es zu Ihrer Frau schon gesagt – Sie beide werden wieder ein Baby haben können. Ich weiß, daß das jetzt höchstens ein schwacher Trost sein kann, aber vielleicht sollten Sie sich trotzdem daran festhalten.«

      Bevor Dr. Scheibler antworten konnte, lief Oberschwester Lena ins Arztzimmer.

      »Herr Chefarzt, wir haben schon wieder einen Notfall«, erklärte sie. »Ähnliche Symptome wie bei Herrn Krug und Frau Steinberg.«

      Dr. Metzler runzelte die Stirn. »Das kann doch kein Zufall mehr sein!« Dann wandte er sich um. »Gerrit, Robert, kommt bitte mit.«

      Zusammen eilten sie in die Notaufnahme hinunter. Diesmal war es ein junges Paar, das an denselben Vergiftungssymptomen litt wie die beiden Patienten, die seit gestern auf der Intensivstation lagen. Trotzdem sicherte Dr. Metzler seinen Verdacht mit einer Urinanalyse ab, doch ein Zweifel war ausgeschlossen. Das junge Paar litt an einer akuten Arsenvergiftung.

      »Gerrit, du übernimmst die Frau, ich den Mann«, ordnete Dr. Metzler an. »Alles wie gehabt. Magenspülung und anschließend Beginn der Dimercaprol-Therapie.«

      Dr. Daniel leistete den beiden Kollegen Hilfestellung, soweit es ihm möglich war. Mit Vergiftungen kannte er sich nicht so gut aus, doch die Tatsache, daß es schon mehr solcher Fälle gegeben haben mußte, beunruhigte auch ihn.

      Als das junge Paar ausreichend medizinisch versorgt war und von Oberschwester Lena und Dr. Scheibler ebenfalls zur Intensivstation gebracht wurde, wandte sich Wolfgang mit einem tiefen Seufzer Dr. Daniel zu.

      »Vier Fälle von akuter Arsenvergiftung innerhalb von zwei Tagen«, erklärte er. »Das kann doch wirklich kein Zufall mehr sein.«

      Dr. Daniel runzelte die Stirn. »Denkst du an die CHEMCO?«

      »Ursprünglich dachte ich schon an sie«, gab Dr. Metzler unumwunden zu. »Aber keiner der Vergifteten ist dort angestellt oder hat sich zum Zeitpunkt der Vergiftung in der Nähe des Werks aufgehalten. Sie haben sich nicht einmal alle in der gleichen Gegend vergiftet. Herr Krug erlitt die Vergiftung im Wald hinter der Klinik, Frau Steinburg in der Nähe des Waldcafés und das junge Paar nicht weit vom Kreuzberg entfernt.«

      Dr. Daniel fuhr sich mit einer Hand durch das dichte blonde Haar. »Du hast recht, Wolfgang, das sind Entfernungen von bis zu zwei Kilometern.«

      »Besonders undurchsichtig ist der Fall von Herrn Krug«, fuhr Dr. Metzler fort. »Er hat keine Waldfrüchte gegessen. Weißt du, ich dachte natürlich sofort an die Pestizide, die in der CHEMCO hergestellt werden. Obwohl in unserer Gegend nicht damit gearbeitet wird, hätte ja etwas auf die Pflanzen gelangen und Früchte wie Walderdbeeren, Himbeeren oder ähnliches vergiften können. Aber er hat lediglich ein Salamibrot gegessen, und von einer arsenhaltigen Salami habe ich noch niemals etwas gehört.«

      »Das ist wirklich…«

      Es gelang Dr. Daniel nicht, den angefangenen Satz zu beenden, denn jetzt kam Martha Bergmeier in heller Aufregung auf ihn und Wolfgang zu.

      »Herr Chefarzt, schnell!« rief sie, und ihre Stimme überschlug sich dabei beinahe. »Am Telefon ist eine Lehrerin, die mit ihrer Klasse einen Ausflug unternommen hat. Fünfzehn Schüler leiden an Vergiftungserscheinungen, wie wir sie seit gestern schon ein paarmal hatten.«

      »Das ist doch…«, knurrte Dr. Metzler, dann lief er zum Telefon und riß den Hörer an sein Ohr.

      »Metzler, Chefarzt«, gab er sich knapp zu erkennen. »Können Sie die Kinder herbringen? Bis wir sie einzeln mit dem Krankenwagen holen, kann es für einige bereits zu spät sein.«

      Es stellte sich heraus, daß nur zwei der vergifteten Vierzehnjährigen nicht mehr selbst gehen konnten. Die anderen schienen leichtere Vergiftungen davongetragen zu haben. Dr. Metzler ließ sich den genauen Standort durchgeben und sagte zu, die beiden Mädchen zu holen.

      »Versuchen Sie, die vergifteten Kinder zum Erbrechen zu bringen«, riet er der Lehrerin. »Und bringen Sie sie auf dem schnellsten Weg hierher.«

      »Wolfgang, das sprengt beinahe den Rahmen der Klinik«, gab Dr. Daniel zu bedenken. »Die Intensivstation ist für solche Epidemien nicht eingerichtet. Und auch aus ärztlicher Sicht sind wir hier unterbelegt.«

      »Es muß einfach gehen«, hielt Dr. Metzler dagegen. »Wir können die Kinder nicht ins Kreiskrankenhaus bringen lassen. Bis sie dort ankommen, sind sie vielleicht schon tot. Arsenvergiftungen müssen schnellstmöglich behandelt werden. Ich muß jetzt die beiden Kinder holen. Vielleicht kannst du inzwischen Frau Dr. Carisi alarmieren. Wir könnten ihre Hilfe jetzt brauchen.«

      Dr. Daniel nickte. »Geht in Ordnung. Und notfalls kann auch ich Magenspülungen durchführen.«

      Dr. Metzler war noch keine zwei Minuten weg, als schon die ersten Kinder in der Waldsee-Klinik eintrafen. Außer den dreizehn schon angekündigten zeigten sich nun auch bei fünf anderen Kindern erste Anzeichen einer Vergiftung.

      Dr. Daniel, sein Sohn Stefan, Dr. Scheibler, die Anästhesistin Erika Metzler und die Gynäkologin Alena Kern hatten alle Hände voll zu tun. Dann traf auch die in Steinhausen praktizierende Allgemeinmedizinerin Manon Carisi in der Klinik ein und half sofort mit, bei den vergifteten Kindern Magenspülungen durchzuführen.

      Währenddessen hatte Dr. Metzler die beiden Vierzehnjährigen, die verhältnismäßig schwere Vergiftungen davongetragen hatten, versorgt und auf die Intensivstation bringen lassen. Jetzt verabreichte er der Reihe nach die dringend benötigten Spritzen.

      Die ganze Notaufnahme war erfüllt von qualvollem Weinen. Die Magenspülungen waren für die Kinder schon schrecklich gewesen, und die Spritzen taten nun auch noch weh. Dazu kam, daß höchste Eile geboten war. Die Ärzte konnten also nicht mit so viel Einfühlungsvermögen arbeiten, wie es gerade die Kinder gebraucht hätten.

      Dann war auch das letzte Kind endlich versorgt, und die Ärzte ließen sich erschöpft auf die nächstbesten Stühle fallen.

      »Ich… ich glaube, ich spüre auch etwas«, ließ sich die Lehrerin plötzlich leise vernehmen. Bis jetzt hatte sie sich im Hintergrund gehalten und lediglich versucht die vielen weinenden Kinder zu trösten. »Ich habe auf einmal solche Bauchschmerzen, und mir ist schrecklich übel.«

      Dr. Metzler zögerte nicht lange und stand auf.

      »Legen Sie sich auf die Liege«, bat er.

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