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verdrehen schon wieder die Tatsachen, Herr Bergmann«, hielt Dr. Daniel ihm vor. »Nicht Dr. Metzler und ich haben Ihren Sohn zu diesen Arbeiten gezwungen, sondern seine eigenen Arbeiter. Allerdings bestanden ihre Forderungen absolut zu Recht. Die CHEMCO war ein Risikofaktor, und es erfüllt ganz Steinhausen mit Erleichterung, daß das Werk jetzt sicherer geworden ist.« Er schwieg kurz. »Hören Sie, Herr Bergmann, ich unterstelle Ihnen nichts, und ich zweifle auch nicht an der Sicherheit des Werks. Aber es könnte doch sein, daß durch irgendeinen Umstand Arsensalze in den Steinhausener Bach gelangt sind.«

      Feindselig starrte Martin Bergmann seinen Besucher an. »Nein, Herr Dr. Daniel, das kann nicht sein. Die CHEMCO ist sicher, und solange Sie keinen Beweis haben, daß diese Arsensalze aus meinem Werk stammen, verbitte ich mir derartige Anspielungen.«

      Dr. Daniel seufzte leise. »Herr Bergmann, das sind doch keine Anspielungen. Tatsache ist, daß wir fünfundzwanzig Fälle von Arsenvergiftung in der Klinik haben. Und alle diese Menschen haben sich durch das Wasser des Steinhausener Bachs vergiftet. Und dieser Bach läuft unmittelbar hinter der CHEMCO vorbei. Unser Verdacht, daß die Arsensalze von hier stammen, ist also durchaus begründet. Und ich bitte Sie ja nur, Ihr Werk dahingehend zu überprüfen.«

      »Da gibt es nichts zu überprüfen«, behauptete Martin Bergmann. »Die CHEMCO ist sicher. Und jetzt verlassen Sie auf der Stelle mein Büro.«

      Dr. Daniel zögerte, doch er sah ein, daß er bei diesem verbohrten alten Mann nichts ausrichten konnte.

      *

      Stefanie Scheibler erwachte mit einem gellenden Schrei. Im nächsten Moment war ihr Bruder an ihrer Seite. Er war zufällig an ihrem Zimmer vorbeigekommen und hatte sie gehört.

      »Steffi, Kleines«, erklärte Dr. Metzler beruhigend und nahm seine Schwester dabei liebevoll in den Arm. »Es ist ja alles gut.«

      Stefanie wurde jedoch von so heftigem Schluchzen geschüttelt, daß sie minutenlang kein Wort hervorbrachte. Erst allmählich gelang es ihr wieder zu sprechen.

      »Der Traum«, stieß sie hervor. »Ich hatte wieder diesen… schrecklichen Traum.«

      Unwillkürlich hielt Dr. Metzler den Atem an. Würde sich Stefanie heute endlich an den Inhalt des Traumes erinnern? Bisher war sie nach dem Erwachen lediglich immer von Angstgefühlen gepeinigt worden.

      »Ein Auto«, stammelte sie. »Es fuhr direkt auf mich zu.«

      »Hast du es… erkannt?« fragte Dr. Metzler zögernd.

      Stefanie schluchzte auf, dann schüttelte sie den Kopf. »Es war ein großes Auto… mehr weiß ich nicht. Ein riesiges Auto. Und ich wollte weglaufen, aber es ging nicht…« Wieder wurde sie von heftigem Schluchzen geschüttelt.

      »Was ist mit Steffi?«

      Dr. Daniels unerwartete Stimme ließ Wolfgang erschrocken herumfahren. Er hatte den Freund nicht hereinkommen hören.

      »Frau Bergmeier hat mir gesagt, daß du auf der Station bist, und Schwester Alexandra hat mich hier hereingeschickt«, erklärte Dr. Daniel, als er Wolfgangs überraschten Gesichtsausdruck bemerkte, dann sah er die noch immer weinende Stefanie an. »Ist es wegen der Fehlgeburt?«

      Dr. Metzler schüttelte den Kopf. »Ich erzähle es dir später. Wartest du bitte in meinem Büro auf mich? Gerrit muß in ein paar Minuten hier sein.«

      Dr. Daniel streichelte tröstend über Stefanies dunkles Haar, dann verließ er leise das Zimmer und begab sich in Wolfgangs Büro. Es dauerte wirklich nur wenige Minuten, bis der junge Chefarzt ebenfalls hereintrat, dann ließ er sich mit einem tiefen Seufzer auf seinen Sessel fallen.

      »Sie hat Alpträume«, erklärte er, dann warf er einen kurzen Blick auf seine Armbanduhr. »Normalerweise ist Gerrit um diese Zeit längst bei ihr, aber heute hat er sich verspätet. Weißt du, wir versuchen für Steffi eine möglichst familiäre Atmosphäre zu schaffen. Gerrit, Daniela und Claudia schlafen nachts bei ihr, und ich glaube, das tut Steffi sehr gut. Es gibt ihr Sicherheit. Aber wenn sie allein ist, dann kommen diese Träume wieder, die offenbar mit ihrem Unfall zusammenhängen. Zuerst wußte ich nicht, was sie träumt, denn sie konnte sich nicht daran erinnern. Sie hatte nach diesen Träumen nur jedesmal so schreckliche Angst.«

      »Und jetzt weißt du es?«

      Dr. Metzler zuckte die Schultern. »Nur was diesen letzten Traum betrifft. Sie hat geträumt, ein Auto wäre auf sie zugefahren, und sie hätte versucht wegzulaufen, doch es wäre nicht gegangen.«

      »Du glaubst, sie hat den Unfall geträumt«, meinte Dr. Daniel.

      »Ich bin nach wie vor überzeugt davon, daß es kein Unfall war«, berichtigte Dr. Metzler. »Leider ist die Polizei bisher mit ihren Ermittlungen noch nicht weitergekommen. Daß sich Steffi an nichts erinnern kann, kommt natürlich noch erschwerend hinzu.«

      Dr. Daniel schwieg einen Moment, dann fragte er: »Hast du schon einmal an Hypnose gedacht?«

      »Natürlich«, gab Wolfgang sofort zu. »Aber das möchte ich ihr zumindest zum jetzigen Zeitpunkt noch ersparen. Und wer weiß? Vielleicht erinnert sie sich ja auch so wieder daran.« Dann wechselte er das Thema. »Was hast du bei Bergmann erreicht?«

      Dr. Daniel winkte ab. »Überhaupt nichts. Du kennst ihn doch. Er hat natürlich rundheraus abgestritten, daß er etwas mit dem arsenhaltigen Wasser zu tun hat.«

      »Vielleicht hat die Polizei mehr Erfolg«, erwiderte Dr. Metzler. »Du warst noch keine fünf Minuten weg, als zwei Beamte bei mir waren. Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren.«

      »Kein Wunder bei fünfundzwanzig Vergifteten«, meinte Dr. Daniel. »Und wenn der alte Bergmann etwas damit zu tun hat, dann wird es ihm diesmal an den Kragen gehen.« Er runzelte die Stirn. »Wann kommt eigentlich Rainer aus dem Urlaub?«

      »In zwei Tagen«, antwortete Dr. Metzler. »Und ich glaube, dann werden wir mehr erfahren.«

      *

      Die Patienten, die sich mit dem arsenhaltigen Wasser vergiftet hatten, befanden sich nach zwei Tagen allesamt auf dem Weg der Besserung, trotzdem ließ Dr. Metzler noch immer regelmäßige Urinanalysen durchführen, und auch den Chelatbildner mußten sie mehrmals täglich gespritzt bekommen, was vor allem den Kindern überhaupt nicht gefiel. Neue Vergiftungsfälle waren glücklicherweise ausgeblieben, was wohl auf die vielen Warnhinweise zurückzuführen war. Doch bis jetzt war noch immer nicht klar, woher die Arsensalze gekommen waren, die den Steinhausener Bach vergiftet hatten und dies noch immer taten, wie neuerliche Wasseranalysen bestätigten.

      »Ich verstehe nicht, warum die Polizei dem alten Bergmann nicht kräftiger auf die Füße tritt«, ereiferte sich Dr. Metzler wieder einmal. »Daß kein begründeter Verdacht gegen ihn vorliegt, ist doch kein Argument. Immerhin leitet der Kerl ein Chemiewerk, in dem mit Arsensalzen gearbeitet wird. Das allein bietet doch schon Verdacht genug.«

      Mißbilligend schüttelte Dr. Daniel den Kopf. »Wolfgang, Wolfgang, du wirst dich wohl nie ändern.«

      »Was soll das heißen?«

      »Das heißt, daß du immer ein Hitzkopf bleiben wirst. Die Polizei kann gegen Martin Bergmann nicht das Geringste unternehmen, denn zum einen ist er nicht mehr Chef der CHEMCO, und zum zweiten gibt es im Augenblick nicht den geringsten Beweis, daß die Arsensalze wirklich aus dem Werk stammen«, erklärte Dr. Daniel. »Warte ab, bis Rainer nach Hause kommt, dann wird sich die Sache bestimmt schnell aufklären.«

      Dr. Metzler grummelte etwas Unverständliches, und Dr. Daniel war sicher, daß es keine sehr freundliche Bemerkung gewesen war.

      »Im Grunde müßte Rainer längst in Steinhausen sein«, meinte Wolfgang schließlich. »Er hat Steffi und Gerrit versprochen, daß er nicht länger als zwei Wochen weg sein wird. Und diese zwei Wochen sind heute um.«

      Dr. Daniel seufzte. »Wolfgang…«

      Doch Dr. Metzler ließ ihn gar nicht aussprechen. Entschlossen stand er auf. »Ich fahre jetzt zu Rainer. Vielleicht ist er schon da, dann kann ich gleich mit ihm sprechen.«

      »Tu,

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