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Unsinn, sich jetzt schon über etwas aufzuregen, was vielleicht niemals eintreffen wird.«

      »So ist es, Frau Wogand«, meinte Dr. Daniel. »Wir sehen uns dann Anfang nächster Woche zur Nachuntersuchung, und dann würde ich vorschlagen, daß Sie etwa alle sechs Monate zu mir kommen.«

      »Ja, Herr Doktor, das mache ich bestimmt«, versprach Sibylle. »Und vielen Dank für alles. Wenn Sie nicht gewesen wären, dann wäre ich vielleicht noch hundertmal ausgeschabt worden.« Sie schwieg kurz. »Ich bin sehr froh, daß ich bei Ihnen gelandet bin.«

      *

      Als sich die Arbeiter am frühen Morgen auf dem Werksgelände der CHEMCO einfanden, wurden sie von Rainer Bergmann bereits erwartet.

      »Meine Herren, es tut mir sehr leid, aber ich muß die Firma bis auf weiteres schließen«, erklärte er.

      Ein unwilliges Raunen ging durch die Männer, die jetzt vor verschlossenen Türen standen.

      »Sie müssen keine Sorge haben«, fuhr Rainer fort. »An Ihren Gehältern wird diese vorübergehende Schließung nichts ändern, und ich denke, daß Sie Ihre Arbeit spätestens Mitte nächster Woche wieder antreten können, aber hier im Werk hat es einen Störfall gegeben, der erst genauestens untersucht werden muß.«

      Wieder ging ein Raunen durch die Arbeiter. Natürlich hatten fast alle von den Vergiftungsfällen gehört, und viele waren auch schon von der Polizei befragt worden, doch keiner hatte genaue Auskünfte geben können. Schließlich wußte niemand, woher die Arsensalze gekommen waren, und die meisten vermuteten ohnehin ein Versehen.

      »Ist es denn sicher, daß das Gift aus der CHEMCO kam?« wollte einer der Männer nun von Rainer wissen.

      Dieser zögerte, doch dann nickte er. »Ja, das ist sicher.«

      »Es könnte doch auch auf einem der umliegenden Bauernhöfe mit Pestiziden gearbeitet worden sein«, hielt der Mann dagegen. »Der Steinhausener Bach fließt an mehreren Feldern vorbei und…«

      »Die Arsensalze, die den Bach vergiftet haben, stammen aus der CHEMCO«, wiederholte Rainer mit Nachdruck. »Mir gefällt das auch nicht, und ich bin sicher, daß es nicht passiert wäre, wenn ich in den vergangenen vierzehn Tagen hier gewesen wäre. Aber das Arsen ist nun mal von meiner Firma aus in den Bach gelangt, und ich muß herausfinden, wer für diese Vergiftung verantwortlich ist.« Er warf einen Blick in die Runde. Er kannte jeden seiner Angestellten mit Namen, und wenn er sie alle jetzt so betrachtete, erschien es ihm immer unwahrscheinlicher, daß einer von ihnen etwas mit dieser absichtlichen Vergiftung zu tun haben könnte. Und daß das Ablassen des arsenhaltigen Wassers in den Steinhausener Bach absichtlich geschehen war, stand für ihn außer Zweifel.

      »Gehen Sie jetzt bitte nach Hause«, fuhr Rainer fort. »Halten Sie sich aber nach Möglichkeit für Befragungen von der Polizei zur Verfügung. Und sobald das Werk wieder geöffnet wird, bekommen Sie Bescheid.«

      Die Arbeiter wandten sich zum Gehen, während Rainer vor den verschlossenen Eingangstoren der CHEMCO stehenblieb, bis alle gegangen waren.

      Dann trat er zu dem großen Tor, verschloß auch dieses und legte zur Sicherheit noch ein schweres Kettenschloß vor, für das nur er einen Schlüssel besaß.

      Wenige Minuten später betrat er die Steinhausener Polizeiinspektion.

      »Herr Bergmann, wir haben Sie schon erwartet«, erklärte Karl Huber, ein Beamter, der schon seit Jahrzehnten bei der Steinhausener Polizei beschäftigt war und hier wohl auch bis zu seiner Pensionierung bleiben würde.

      Rainer mußte trotz des Ernstes der Lage lächeln. »Sie haben es mir ja schon vor Jahren prophezeit, daß ich einmal hier enden würde, Herr Huber.«

      Der Polizeibeamte errötete. Natürlich konnte er sich noch gut daran erinnern, wie er damals als blutjunger Polizist dem frechen Rainer einmal den Hintern versohlt hatte.

      »Mit dir wird es noch einmal böse enden, Bergmann«, hatte er dabei gesagt. »Und hoffentlich bin ich dann derjenige, der dich in den Bau stecken darf.«

      »Das tragen Sie mir hoffentlich nicht mehr nach«, meinte er jetzt in Erinnerung an seine herben Worte von damals.

      Rainer schüttelte den Kopf. »Sie haben ja vollkommen recht, Herr Huber. Ich war schon ein fürchterlicher Lausbub.« Er seufzte. »Was mich heute hierher führt, ist allerdings ein viel schwerwiegenderes Problem.«

      Karl Hubert nickte. »Ich weiß, Herr Bergmann, und ich muß gestehen, daß wir die Ermittlungen nur deshalb nicht weiter vorangetrieben haben, weil wir auf Ihre Rückkehr aus dem Urlaub warten wollten. Ihr Vater war – mit Verlaub gesagt – nicht sehr kooperativ.«

      »Das kann ich mir vorstellen«, stimmte Rainer zu, während er auf Karl Hubers einladende Handbewegung hin Platz nahm. »Recht viele Ermittlungen sind wohl auch nicht mehr nötig. Ich weiß inzwischen, daß die Arsensalze, die den Steinhausener Bach vergiftet haben, aus der CHEMCO stammen. Gestern abend, unmittelbar nach meiner Rückkehr aus Südtirol, bin ich mit Dr. Metzler zum Werk gefahren, und ich habe die undichte Stelle gefunden.«

      »Dann handelt es sich also um einen Störfall, und ich gehe davon aus, daß Sie ihn auf der Stelle beheben werden«, entgegnete Karl Huber ernst.

      »Behoben ist er bereits«, erklärte Rainer. »Aber ein Störfall ist es nicht. Es ist… Absicht.«

      Aus weit aufgerissenen Augen starrte der Polizeibeamte ihn an.

      »Absicht?« wiederholte er gedehnt. »Und ein Zweifel ist ausgeschlossen?«

      Rainer nickte. »Sie können sich gern selbst davon überzeugen… das heißt, ich bitte Sie sogar darum, denn ich möchte herausfinden, wer das getan hat.«

      Karl Huber stand auf. »Das müssen wir auch herausfinden, Herr Bergmann.«

      Keine zehn Minuten später standen sie vor der Tonne, und Rainer zeigte dem Beamten das Rohr, das von hier zum draußen vorbeifließenden Bach führte. Und auch auf die Zeitschaltuhr, die jetzt natürlich außer Betrieb war, machte er Huber aufmerksam.

      »Sie haben recht«, stimmte der Polizist zu. »Der Bach wurde absichtlich vergiftet.« Er sah Rainer forschend an. »Sie kennen alle, die hier arbeiten. Wem würden Sie das zutrauen?«

      Da schüttelte Rainer den Kopf. »Niemandem. Und es gibt auch keinen, der einen Grund hätte. Weder von mir noch von meinem Vater, der in den vergangenen zwei Wochen das Werk vertretungsweise geleitet hat, wurde jemand entlassen oder sonstwie belangt. Herr Huber, ich versichere Ihnen, daß es im ganzen Haus niemanden gibt, der einen Grund hätte, sich an der CHEMCO zu rächen.«

      Karl Huber zögerte, dann stellte er die Frage, die sich ihm unwillkürlich aufdrängte, doch. »Hätte auch niemand einen Grund, sich an Ihrem Vater zu rächen? Immerhin war er als Chef nicht halb so beliebt wie Sie.«

      »Ich weiß, aber jeder Rachefeldzug gegen meinen Vater würde doch auf mich zurückfallen, wenn es – wie in diesem Fall – die CHEMCO betrifft.« Er schüttelte den Kopf. »Nein, Herr Huber, auch das halte ich für ausgeschlossen. Wenn jemand meinem Vater etwas hätte antun wollen, dann hätte er es nicht über die CHEMCO gemacht, sondern sich an ihm persönlich gerächt. Und wenn er nur die Reifen seines Wagens aufgeschnitten hätte.«

      Karl Huber nickte. Das klang einleuchtend.

      »Nun gut, dann sehen wir mal, ob wir auf der Tonne, auf dem Rohr oder an der Zeitschaltuhr irgendwelche Fingerabdrücke finden.« Er zuckte die Schultern. »Wenn es ein Profi war, dann halte ich das allerdings für ausgeschlossen.«

      Doch Huber hatte Glück.

      »Die sind ja wie aus dem Lehrbuch«, stellte er fest, als sich auf allen drei Gegenständen dieselben Abdrücke fanden. »Jetzt müssen wir bloß noch den Besitzer dazu finden, aber das ist wohl nur eine Frage der Zeit. Ich brauche eine Liste sämtlicher Angestellter, außerdem muß sich auch Ihr Vater bei uns einfinden und seine Fingerabdrücke abgeben.« Er zögerte. »Und so leid es mir tut, Herr Bergmann, wir dürfen auch Sie nicht ausschließen.«

      »Meine

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