Скачать книгу

Ich...“ Mit einem Mal stockte Brian. Die Schwester blickte von ihren Unterlagen auf und sah, wie er auf seine Schwester hinunter starrte.

      „Mr. Farley, stimmt etwas nicht?“

      „Sie hat meine Hand gedrückt...“

      Schwester Claire warf einen Blick auf ihre Patientin, die mit geschlossenen Augen in ihrem Bett lag. Sie sah auf die Monitore, die jedoch keine Veränderungen anzeigten. „Das war sicher nur ein Reflex“, erklärte sie.

      „Sie hat meine Hand gedrückt“, beteuerte Brian diesmal mit Nachdruck. Er ließ sich nicht von Schwester Claires offensichtlichen Zweifeln beirren und wandte sich mit deutlicher Stimme an seine Schwester. „Joan, ich möchte, dass du noch einmal meine Hand drückst. Ich weiß, du schaffst es.“ Er wartete einen Moment, aber sie reagierte nicht. „Joan, du hast in den vergangenen Wochen so hart gekämpft, nun gib nicht auf! Drück’ noch einmal meine Hand. Streng dich ein klein wenig an“, ermutigte er sie und kaum hatte er seine Bitte ausgesprochen, spürte er einen leichten Druck in seiner Hand, der von ihren Fingern ausging. „Das war sehr gut!“, freute Brian sich über die Regung seiner Schwester. Tränen traten in seine Augen. Nun reagierten auch die Geräte. Gebannt beobachtete Schwester Claire Brian. „Ich weiß, Joan, ich verlange sehr viel von dir, aber jetzt möchte ich, dass du versuchst deine Augen zu öffnen.“ Gespannt blickte er in Joans Gesicht und hoffte darauf, dass sie die Augen aufschlug. „Joan, kannst du für mich ein Auge aufmachen? Oder für mich lächeln? Ich habe dein Lächeln so vermisst...“ In ihrem Gesicht zeigte sich jedoch keine Regung. Nachdem Joan minutenlang nicht auf seine unablässigen Bitten reagierte, glaubte er schon, er hätte sie wieder an den Ort verloren aus dem sie versuchte zu fliehen, doch da griff sie fester als zuvor mit ihrer Hand zu. „Das war sehr gut, Kleines. Und bestimmt sehr schwer für dich. Wir machen eine kleine Pause. Ruh dich ein wenig aus“, sagte er leise, ohne ihre Hand loszulassen. Mit feuchten Augen blickte er auf seine kleine Schwester hinunter. Diese Minuten waren so unglaublich. Plötzlich zuckten kaum merklich Joans Augenlider. „Oh mein Gott...” Brian glaubte seinen Augen nicht trauen zu können. Nach vier Wochen zwischen Leben und Tod kam Joan allmählich ins Leben zurück. Vor Freude wollte er seiner Schwester um den Hals fallen, hielt sich jedoch zurück. „Claire, haben Sie das gesehen?”

      „Sprechen Sie weiter mit ihr. Ich hole einen Arzt.“ Schon eilte Schwester Claire hinaus.

      „Joan, ich habe es gesehen“, sagte Brian dicht zu ihr hinunter gebeugt, damit sie ihn besser verstehen konnte. Er hielt ihre Hand, küsste überwältigt ihre Finger. „Du musst deine Augen aufmachen... bitte... versuche es, mir zuliebe...“

      In dem Moment kamen Dr. Cooper und Schwester Claire ins Zimmer. Als hätte Joan auf weitere Zuschauer gewartet, öffnete sie ihre Augen einen Spalt.

      „Das ist wunderbar, Jo!“, würdigte Brian ihre ungeheure Leistung. Arzt und Schwester sahen einander voller Freude an, griffen jedoch nicht ein, da beide fanden, dass Brian das hervorragend machte. „Kannst du deine Augen noch ein wenig weiter öffnen? Versuch’ mich anzuschauen“, drängte er Joan weiter, um zu verhindern, dass sie wieder einschlief. Prompt bekam er ein lautes Stöhnen als Antwort, so als wollte sie ihre Missstimmung über seine grenzenlosen Forderungen äußern. Dann schlug sie ganz plötzlich ihre Augen auf, nur um sie gleich darauf wieder zu schließen. Ihre Anstrengungen waren gewaltig. „Hallo, Kleines...“, sagte Brian durch einen Tränenschleier. „Ich bin bei dir. Du brauchst keine Angst zu haben. Ich bleibe hier...“

      Da öffnete Joan erneut ihre Augen. Diesmal sah sie ihn einen Augenblick lang an und lächelte, ehe sie die Lider wieder schloss. Einen Moment darauf war sie eingeschlafen.

      „Mr. Farley, Sie sollten heimfahren. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Ihre Schwester heute noch einmal aufwachen wird“, erklärte Dr. Cooper. „Gönnen Sie ihr etwas Ruhe.“

      „Ruhe? Sie hat beinahe fünf Wochen geschlafen“, sagte Brian, der seine Schwester nun nicht mehr allein lassen wollte.

      „Das kommt nur uns so vor. Ihre Schwester hat diese Wochen hart gekämpft, um zu überleben. Vergleichen Sie es mit einem sehr langen Marathonlauf. Sie hat soeben erst die Hälfte geschafft.“

      Was genau Dr. Cooper damit meinte, erklärte er Brian anschließend in seinem Büro. Nun, da Joan aus dem Koma erwacht war, würde sich erst das ganze Ausmaß des Unfalls erkunden lassen. Er erklärte, dass einige Untersuchungen auf Joan zukamen, die ihnen Klarheit über die Auswirkungen der Gehirnprellung und des Komas verschafften. Sollten sich diese Schäden als gering darstellen, so musste sie noch mindestens vier Wochen, vermutlich jedoch länger, im Krankenhaus bleiben und mit Hilfe einer täglichen Physiotherapie wieder zu Kräften kommen. Seit ihrer Einlieferung hatte sie fast zehn Kilo verloren und mit den Übungen, die ihre Muskeln trainierten, hatte die Physiotherapeutin erst vor knapp zwei Wochen beginnen können, sodass Joan arge Probleme beim Laufen und beim Bewegen ihrer Arme haben würde.

      „Sie ist aufgewacht!“, rief Brian freudestrahlend ins Telefon.

      „Wer?“, fragte Rachel am anderen Ende verwirrt. Da erst begriff sie, von wem Brian sprach. „Oh mein Gott! Joan? Sie ist aufgewacht?”

      „Sie hat meine Hand gedrückt, die Augen geöffnet und mich angelächelt“, sagte er noch immer von dem Ereignis aufgeregt.

      „Das ist wundervoll, Schatz. Gott hat meine Gebete erhört...“

      Er hörte ihr leises Schluchzen durchs Telefon und sehnte sich danach, sie in die Arme schließen zu können, doch Rachel war für zwei Tage in San Diego.

      Brian ignorierte den Rat von Dr. Cooper und verbrachte die Nacht am Bett seiner Schwester. Von den Ereignissen zu aufgewühlt, fand er keinen festen Schlaf und so betrachtete er Joan bis spät in die Nacht hinein. Schließlich übermannte ihn die Müdigkeit und als die Nachtschwester um Fünf ins Zimmer trat, schlief er mit verschränkten Armen zurückgelehnt auf seinem Stuhl.

      Am nächsten Morgen wurde Brian von den gedämpften Geräuschen geweckt, die das rege Treiben auf dem Gang vor Joans Zimmer vermuten ließ. Mit geschlossenen Augen bewegte er seine Arme und die Schulter, die durch das lange Sitzen verkrampft waren. Dann erst öffnete er seine Augen und wandte den Blick zu seiner Schwester hinüber. Überrascht sah er, dass Joan ihn anschaute.

      „Hey... du bist ja wach“, sagte Brian sanft. Lächelnd stand er von seinem Stuhl auf, beugte sich zu ihr hinunter und küsste liebevoll ihre Stirn. „Ich habe dich vermisst.“ Joan lächelte und nickte als Antwort. „Wie fühlst du dich? Hast du Schmerzen?“, fragte Brian besorgt, worauf Joan kaum merklich den Kopf schüttelte und plötzlich das Gesicht verzog. „Dank mir, spätestens jetzt. Tut mir leid“, sagte er mit gequältem Blick. Da erinnerte er sich an Dr. Coopers Worte am Vorabend. „Dein Arzt sagt, du brauchst viel Ruhe, um wieder völlig gesund zu werden. Möchtest du, dass ich dich allein lasse?“ Er bemerkte die plötzliche Angst in ihrem Gesicht, als sie abermals den Kopf schüttelte. Diesmal schien es ihr weniger Schmerzen zu bereiten. „Rachel wird dich heute Abend besuchen kommen. Sie hat sich sehr gefreut, als ich ihr von deinem Erwachen erzählte und lässt sich entschuldigen. Sie ist in San Diego, irgendeine Konferenz“, erklärte Brian, während er seinen Stuhl näher an ihr Bett heranzog und sich setzte. Lächelnd nahm er ihre Hand in die seine. „Ich kann dir gar nicht sagen, wie glücklich ich darüber bin, dass du wieder bei uns bist. Du hast mich ganz schön erschreckt.“ Joan öffnete ihren Mund und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. „Warte, ich tupfe sie dir“, sagte Brian und griff nach dem Wattebausch, um ihr gleich darauf Wasser auf die trockenen Lippen zu tupfen. Indessen wandte Joan den Blick nicht von ihm ab.

      „Ich glaube, dass genügt erst einmal. Sobald die Schwester kommt, frage ich, ob du etwas Wasser trinken darfst, einverstanden?“ Joan nickte und legte ihre rechte Hand auf die von Brian. Sie öffnete ihren Mund, als wollte sie etwas sagen, doch es war nur ein sehr leises Krächzen zu hören. „Was möchtest du mir sagen, Jo?“, fragte Brian und rückte näher an ihr Gesicht, um sie besser verstehen zu können. Joan versuchte es nochmals, aber es kam kein Laut heraus. Darüber verärgert schloss sie missmutig den Mund. „Schon gut, du brauchst nichts zu sagen. Das strengt dich noch zu sehr an“, sagte Brian lächelnd und küsste

Скачать книгу