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Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme. Galileio Galilei
Читать онлайн.Название Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme
Год выпуска 0
isbn 9783843804387
Автор произведения Galileio Galilei
Жанр Математика
Издательство Bookwire
Der Hass seiner Kollegen und eines Halbblutprinzen des Hauses Medici, welchen er durch eine freimütige Kritik einer von diesem erfundenen Maschine sich zum Gegner gemacht hatte, zwang ihn nach Ablauf des Trienniums im Jahre 1592 seine Stellung in Pisa aufzugeben. Galilei, dessen Vater inzwischen gestorben war, und auf dem die Sorge für seine Geschwister lastete, musste sich nach einer anderen Stellung umsehen. Wiederum leistete ihm der Marchesed e lM o n t evortreffliche Dienste; durch seine Empfehlung gelang es Galilei, die seit vier Jahren vakante Stelle eines Lektors der Mathematik in Padua zu erhalten. Die Bestallungsurkunde ist datiert vom 26. September 1592, am 7. Dezember hielt er in Padua seine Antrittsrede. – Eine glücklichere Wahl hätte G. nicht treffen können, denn nirgends sonst in Italien wurden der Forschung so wenig äußere Hindernisse in den Weg gelegt als auf dem Boden der Republik Venedig. Die Jahre, die er in Padua verlebte, waren denn auch seine glücklichsten und an wissenschaftlichen Ergebnissen reichsten. Zwar sind seine bedeutendsten Werke erst nach Ablauf dieser Periode geschrieben, das Material dazu aber hatte er größtenteils in Padua gewonnen. Uns interessiert dabei vorwiegend sein Verhältnis zur kopernikanischen Lehre und den sonst im Dialoge behandelten Materien.
Wie und wann Galilei zuerst von der kopernikanischen oder der »pythagoreischen«16 Lehre, wie man sie damals nannte, Kunde bekam, steht nicht fest; auch ist dieser Frage eine besondere Wichtigkeit nicht beizumessen. Denn mag auch die neue Lehre in jener Zeit wenig Anhänger auf italienischem Boden gezählt haben, bekannt war sie allenthalben. Jeder Verfasser eines Lehrbuchs der Astronomie fühlte sich verpflichtet von ihr zu reden, freilich nur um sie zu verurteilen, wo nicht gar sie lächerlich zu machen. Ja selbst vor den Zeiten des Kopernikus pflegte man die Unmöglichkeit einer Erdbewegung nach dem Vorgange des Aristoteles, des Ptolemäus und speziell des Sacrobosco, des Verfassers der oftmals kommentierten »Sphaera«, zu beweisen. Es lag also jetzt umso näher, auf die moderne Erneuerung und Vertiefung des antiken Gedankens der Erdbewegung hinzuweisen, wie sie von Seiten des Kopernikus stattgefunden hatte. Was in den früheren astronomischen Kompendien dem Leserkreise und selbst dem Verfasser mehr als müßiger Ballast, als übertrieben gewissenhafte Gründlichkeit erscheinen mochte, insofern es sich um die Widerlegung einer Ansicht handelte, die niemand mehr ernstlich teilte, das gewann immerhin, seitdem wieder Vertreter dieser Ansicht unter den Lebenden geweilt hatten, aktuelles Interesse. Freilich wurde die Bedeutung des Mannes und seiner Sache in Italien, wenn wir vonG i o r d a n oB r u n oabsehen, verkannt17 und die Argumente, die man gegen die neuerstandene Lehre anzuführen hatte, waren noch immer die fadenscheinig gewordenen, bis zum Überdruss wiederholten der Vergangenheit. Aber der Name des Kopernikus und die Schlagworte seiner Lehre, wenn auch nicht immer die gründliche Detailausführung seines Systems, waren jedem Fachmanne bekannt, nicht sowohl durch das Studium seines Werkes18 als in der Regel durch Darstellungen aus dritter und vierter Hand. Danach ist die Frage, wer Galilei mit dem kopernikanischen Systeme bekannt gemacht habe, ebenso unberechtigt, wie wenn man heutzutage feststellen wollte, durch welchen Anlass ein Gelehrter von der Deszendenztheorie Kenntnis erhalten habe; er selbst würde wahrscheinlich die Frage nicht beantworten können. Damit soll keineswegs behauptet werden, dass der BaselerC h r i s t i a nW u r s t e i s e n ,möglicherweise auchM ä s t l i n ,der Lehrer Keplers, von denen der eine gewiss, der andere nach unverbürgten Nachrichten vielleicht in Italien für das System Propaganda machte, sich keine Verdienste um die Sache erworben hätten; aber anzunehmen, dass Galilei durch Zufälligkeiten, wie die Wandervorlesungen Wursteisens,19 zu dem sein Leben und Wirken beherrschenden Standpunkte gebracht worden sei, ist verfehlt. Galilei war wahrlich nicht der Mann, der die Argumente gegen eine Lehre immer wieder zu seinen Ohren dringen ließ, ohne eine selbstständige vorurteilsfreie Prüfung derselben anzustellen. Er wird sehr bald das Werk des Kopernikus zur Hand genommen haben, ob er nun zu Füßen Wursteisens gesessen, oder von dessen Vorträgen durch Dritte Kunde bekommen hat, oder ob nichts derart geschehen ist. Da Wursteisen schon 1588 starb, Galilei aber noch nach dieser Zeit, wie wir sahen, dem kopernikanischen Systeme fremd gegenüberstand, so ist eine unmittelbare Einwirkung des einen auf den anderen unglaublich. Man kann höchstens zugeben, dass eine gewisse mittelbare Anregung durch solchen äußeren Anlass gegeben wurde. Genug, wir wissen mit Bestimmtheit von keiner Lebensperiode Galileis, in der er beide Systeme kannte und dabei dem ptolemäischen vor dem kopernikanischen innerlich den Vorzug gegeben hätte. – Dass ihn freilich äußere Rücksichten bewogen, seine wahren Überzeugungen zu verschweigen, ja zu verleugnen, ist ebenso gewiss. In seiner Stellung als Lektor der Mathematik in Padua, welche ihm die Kollegien »Sphaera« und »Theoricae planetarum« zur Pflicht machte, war es unvermeidlich in der Frage der Weltsysteme Partei zu ergreifen; in welchem Sinne er es tat, lehrt uns ein gedrängter, für die Hand seiner Schüler bestimmter Auszug seines Kollegs über sphärische Astronomie, der erst nach seinem Tode im Jahre 1656 gedruckte Trattato della Sfera o Cosmografia (Op. III, 1–52). Galilei behandelt darin in der damals üblichen Weise, nur mit ganz besonderer Klarheit, den üblichen Stoff. Er beweist die Kugelgestalt und diek r e i s f ö r m i g eB e w e g u n gd