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Truth & Betrayal. K.C. Wells
Читать онлайн.Название Truth & Betrayal
Год выпуска 0
isbn 9783958238541
Автор произведения K.C. Wells
Жанр Языкознание
Серия Southern Boys
Издательство Bookwire
Es wurde Juni und die Temperaturen stiegen. Die helleren Abende wirkten sich allerdings nicht auf Jakes Stimmung aus. Er hatte sich noch nie so verloren gefühlt.
Alles hatte sich geändert.
Die Kirche war inzwischen beinahe Mamas neues Zuhause, so oft war sie dort. Mittlerweile kümmerte sie sich um den Blumenschmuck, besuchte diejenigen, die das Haus nicht verlassen konnten, und nahm an den zweimal in der Woche stattfindenden Gebetskreisen teil. Jake hatte das Gefühl, dass das weniger an einer neu entdeckten Hingabe an den Herrn lag, sondern eher daran, dass sie dadurch dem eigenen Haus fernbleiben konnte.
Dort lauerten zu viele Erinnerungen.
Sein Daddy verhielt sich genauso. Er und Jake waren am Montag nach der Beerdigung wieder zur Arbeit gegangen und was Jake betraf, war das okay. Sich zu beschäftigen, war das beste Mittel gegen seinen Kummer. Aber Daddy arbeitete länger. Er ließ Jake zur üblichen Zeit nach Hause gehen, während er blieb, um nur noch ein bisschen mehr zu tun.
Daraus wurden normalerweise mehrere Stunden.
Zuerst hatte Mama sich beschwert, aber aufgegeben, nachdem er das ein paar Tage durchgezogen hatte. Jake vermutete, dass sie wusste, was vor sich ging. Was ihn beunruhigte, war die Distanz zwischen den beiden.
Warum helfen sie sich nicht gegenseitig? Er hatte angenommen, dass sie sich mehr aufeinander stützen würden, aber sie schienen eher in zwei getrennten Blasen zu existieren. Diese Erkenntnis traf Jake mit der Wucht eines Vorschlaghammers an dem Abend, als Mama ihn zu Daddys Holzschuppen geschickt hatte, um ihn zum Essen zu rufen. Er war bis zu der verwitterten Tür gekommen, als er von drinnen ein Schluchzen gehört hatte.
Kein Kind sollte diese Laute von einem Elternteil hören. Jake hatte sich ins Haus zurückgezogen und seiner Mama eine vage Entschuldigung darüber aufgetischt, dass Daddy noch beschäftigt war. Sie hatte ihn angesehen, bis er überzeugt war, dass sie genau wusste, was los war, und schließlich genickt. Als Daddy eine halbe Stunde später auftauchte, wurde nicht darüber gesprochen.
Jake war sich nicht sicher, wie viel länger er das aushalten konnte. Seine Familie löste sich auf und er konnte es verdammt noch mal nicht aufhalten. Jake tat das Einzige, was ihm möglich war, um den Schmerz in seinem Herzen zu lindern. Er schaltete auf Autopilot und gab sein Bestes, um nicht zu denken, nicht zu fühlen. Er schleppte sich durch die Tage, konzentrierte sich darauf… zu existieren.
Langeweile wurde zu seinem Alltag, und das war völlig in Ordnung. Aus Tagen wurden Wochen und ehe er sich's versah stand der Juli vor der Tür.
Es war das Maßband seines Vaters, das alles veränderte.
»Jake, haben wir irgendwo ein Ersatzmaßband?«, rief Daddy, als er zur Tür hereinkam. »Ich hab meins gerade kaputt gemacht und keine Zeit, morgen vor der Arbeit im Laden vorbeizugehen.«
Von ihrem Sessel neben dem Kamin aus schaute Mama auf die Uhr und presste die Lippen zusammen. Dann stand sie auf und ging in die Küche. Sie und Jake hatten bereits gegessen, als klar wurde, dass Daddy nicht zu einer vernünftigen Uhrzeit nach Hause kommen würde.
Als Daddy das Wohnzimmer betrat, schaltete Jake den Fernseher aus, ohne seine Verärgerung zu verbergen. »Mehr hast du nicht zu sagen? Daddy, es ist neun Uhr. Du hast nicht mal angerufen und Mama gesagt, dass du später kommst.«
Daddy hatte immerhin den Anstand, rot zu werden. »Mist.« Er seufzte schwer. »Schätze, ich gehe besser da rein.« Er neigte den Kopf Richtung Tür. »Hat sie getobt?«
Jake sah ihn ungläubig an. »Überrascht dich das?« Es war eine seltsame Situation. Einen Moment lang waren ihre Rollen vertauscht und Jake kam es vor, als wäre er der Erwachsenere von ihnen beiden. »Vielleicht wäre ein Strauß von Mamas Lieblingsblumen eine gute Idee? Du weißt schon, um die Wogen zu glätten?«
Daddy nickte. »Ja, klingt gut. Ich besorge ihr morgen einen.« Seine Augen funkelten. »Na ja, du wirst die Blumen besorgen. Ich werde arbeiten.« Er hielt einen Finger hoch. »Lass dir das eine Lehre sein, Sohn. Stell dich mit Frauen immer gut. Macht auf lange Sicht alles einfacher. So was musst du wissen, denn eines Tages wirst du, so Gott will, selbst eine Frau haben.«
Jake wechselte das Thema. »Ja, irgendwo liegt noch ein Maßband rum. Warte kurz, ich find es schon.« Er stand vom Sofa auf und ging zur Kommode hinüber. In der oberen, mittleren Schublade sammelte Mama all den Kram, den sie im Haus so fand. Dort wurde alles aufbewahrt, was keinen eigenen Platz hatte, aber eines Tages nützlich sein könnte.
Er zog die Schublade auf und fand schnell das Maßband. Als Jake die Lade wieder schließen wollte, fiel ihm etwas ins Auge und sein Magen zog sich zusammen.
Es war Calebs Schlüsselring. Er stand stocksteif da, konnte den Blick nicht davon losreißen. Scheiße… Wie konnten wir das einfach… vergessen?
Er wusste natürlich, wie. Sich um solch praktische Dinge zu kümmern, bedeutete, an Caleb zu denken, und der Schmerz lag immer noch zu dicht unter der Oberfläche. Aber es war eindeutig an der Zeit, dass sich jemand mit diesen praktischen Aspekten beschäftigte.
Irgendwo in Atlanta hatte Caleb eine Wohnung gemietet, die keiner von ihnen je zu Gesicht bekommen hatte. Eine Wohnung, in der sich seine Kleidung und all seine Besitztümer befanden. Und diese Erkenntnis warf weitere Fragen auf. Ist die Miete überfällig? Denn das hatte Folgen. War sein Vermieter über seinen Tod informiert worden? Seine Bank? Warum hatte sich niemand gemeldet?
Jake schätze, es war Zeit, dass sie sich mit der Realität auseinandersetzten. Er nahm den Schlüsselring und schloss die Schublade.
Als er in die Küche kam, saß Daddy am Tisch und verputzte das Hühnchen mit Kohl, das Mama für ihn aufgehoben hatte. Mama saß neben ihm und nippte an einem Glas Tee. Jake zog einen Stuhl heraus und setzte sich zu ihnen.
»Es gibt was, über das wir reden müssen.« Bevor einer von ihnen antworten konnte, legte er den Schlüsselring vorsichtig vor sich auf den Tisch.
Mama stockte der Atem. »Ah ja.«
Daddy sah die Schlüssel resigniert an. »Ja, du hast recht. Ich hatte vor, mich um Calebs Wohnung zu kümmern, aber es kam immer was dazwischen.« Er legte Messer und Gabel hin und trank einen großen Schluck Tee. »Es hat keinen Sinn, es hinauszuzögern. Du musst mit deinem Pick-up hinfahren und seine Sachen holen.«
»Ich?«
Daddy zog die Augenbrauen hoch. »Tja, ich kann ja schlecht fahren, oder? Ich muss arbeiten. Abgesehen davon kannst du es an einem Tag schaffen. Nach Atlanta brauchst du nur vier Stunden. Ich komm einen Tag ohne dich zurecht.« Er lehnte sich zurück und riss das kleine Blatt vom Kalender an der Wand hinter ihm ab, dann streckte er sich noch ein bisschen nach dem Stift, der in einem Halter daneben befestigt war.
»Du musst seine Bankdaten herausfinden. Irgendwo werden Kontoauszüge rumliegen. Ich weiß, dass er ein Konto bei einer Bank in Atlanta hatte. Wir können bei der Firma anrufen, bei der er gearbeitet hat, und uns nach seinem Gehalt erkundigen. Wenn du Kisten brauchst, geh in den nächsten Supermarkt oder Schnapsladen, die haben hinten draußen immer welche aufgestapelt.« Daddy runzelte die Stirn und kritzelte etwas auf das Blatt Papier. »Ich hab das viel zu lange schleifen lassen. Hätt mich schon vor Wochen drum kümmern sollen, aber du weißt ja, wie es ist.«
Jake wusste es nur zu gut. Sich damit zu befassen, bedeutete, an Caleb zu denken und er konnte problemlos verstehen, warum keiner von ihnen darauf scharf gewesen war.
Mama legte ihm eine Hand auf den Arm. »Vielleicht ist es zu viel, um es an einem Tag zu erledigen. Wenn es nötig ist, kann Jacob sich für eine Nacht ein Hotel oder so suchen. Ich will nicht, dass er fährt, wenn er müde ist.« Sie sah Jacob in die Augen. »Hörst du, Jacob?« Sie presste die Lippen zusammen.
Man musste kein Genie sein, um zu wissen, was ihr durch den Kopf ging.
»Ja, Ma'am. Ich werde vorsichtig sein.«
»Das bist du besser.« Sie warf einen Blick auf die Küchenuhr. »In diesem Fall solltest du vielleicht jetzt ins