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Hause gekommen bist.«

      Liams Worte ähnelten frappierend denen seiner Mutter, in ihnen schwang dieselbe Sorge mit – und die gleiche unausgesprochene Angst.

      Jake schluckte. »Ich versprech's.« Er nahm die Tasche mit der Flasche und den Snacks und wandte sich zum Gehen. Als er die Türschwelle erreichte, blieb er abrupt stehen. »Moment. Calebs Laptop.«

      »Ich hol ihn.« Liam ging ins Wohnzimmer und kam mit dem kostbaren Gegenstand zurück. »Pass auch darauf gut auf. Ich denke immer noch, es wäre ein Wunder, wenn er weiter funktioniert, also mach dir keine Hoffnungen, ihn allzu lange benutzen zu können. Und er kann ein bisschen… launisch sein. Vielleicht solltest du die Möglichkeit in Betracht ziehen, den Speicher löschen zu lassen. Vielleicht verlängert es seine Lebensdauer ein bisschen, ihn auf die Werkseinstellungen zurückzusetzen.«

      Jake klemmte ihn sich unter den Arm. »Ich schätze, das wäre eine Möglichkeit.« Insgeheim war er von der Idee wenig begeistert. Wer wusste schon, welche Informationen der Speicher des Laptops enthielt? Er nickte Liam zu und trat auf den überdachten Gehweg hinaus. Als er die Straße erreichte, drehte er sich noch einmal um. Liam stand am Geländer und beobachtete ihn. Jake hob die Hand und Liam erwiderte die Geste.

      Jake stieg in den Pick-up, deponierte den Laptop vorsichtig auf dem Beifahrersitz und legte seine Jacke darauf.

      Zeit, nach Hause zu fahren.

      Kapitel 7

      Als Jake den Motor abstellte, stand Mama bereits an der Tür. Lächelnd kam sie zu ihm herüber, um ihn zu begrüßen.

      »Ich hab nicht erwartet, dich schon so früh zu sehen.« Sie umarmte ihn fest. »Ich bin so froh, dass du daheim bist. Alles gut gegangen?« Bevor Jake antworten konnte, ließ sie ihn los und schaute auf die Ladefläche des Pick-ups. »Meine Güte. Ich schätze, das kann erst mal alles in Calebs Zimmer.«

      Jake streckte sich. Er hatte nur einmal angehalten, um zur Toilette zu gehen, da er schnell nach Hause wollte. »Ich mach das nach dem Abendessen.«

      »Das wirst du nicht.« Mama starrte ihn grimmig an. »Dein Daddy kann sich um die Kisten kümmern. Du gehst rein und isst. Ich hab Brathähnchen im Ofen und heut Vormittag frisches Maisbrot gebacken.«

      Jake lief das Wasser im Mund zusammen. »Aww, Mama. Extra für mich?«

      Mama küsste ihn auf die Wange. »Jeder Junge, der an einem Tag über acht Stunden fährt, verdient eine Belohnung, wenn er nach Hause kommt.« Sie zerzauste seine kurzen Haare. »Weißt du, ich hab mir Sorgen gemacht. Wenn du so weit fährst.«

      Jake duckte sich, um aus der Reichweite ihrer Hand zu gelangen. »Komm schon. Caleb hat es auch getan, oder? Und es war nicht so schlimm. Ich hatte die ganze Zeit das Radio an.« Aber er war müde. Er griff durch das Fenster auf der Beifahrerseite nach seiner Jacke und dem Laptop. Auf gar keinen Fall würde er den im Auto lassen.

      Nachdem er Brathähnchen, Kartoffelbrei und Gemüse sowie mehrere Scheiben Maisbrot verdrückt hatte, fühlte sich Jake wieder menschlicher, auch wenn er pappsatt war. Daddy lud die Kisten aus und kam zu ihm und Mama in die Küche, als er fertig war.

      »Also, wie war seine Wohnung?«, fragte Mama, während sie Eistee in drei Gläser goss.

      »Schien ein nettes Viertel zu sein. Ruhig, mit vielen Bäumen. Irgendwie friedlich. Und die Wohnung war okay.« Jake verputzte den letzten Bissen seines Maisbrots, bevor er weitersprach. »Caleb hatte einen Mitbewohner.«

      Seine Eltern starrten ihn mit offenen Mündern an.

      »Damit hat er aber hinterm Berg gehalten«, brummte Daddy. »Mit wem hat er sich denn die Wohnung geteilt?«

      »Er heißt Liam. Scheint ein netter Kerl zu sein.« Jake begegnete dem Blick seines Daddys. »Du hast ihn bei der Beerdigung getroffen.«

      Daddys Augen weiteten sich. »Dieser… dieser Kerl?« Er errötete. »Verstehe.«

      »Ich versteh's nicht. Wieso hat er diesen… Liam nie erwähnt?« Mama biss sich auf die Lippe. »Ist er erst kürzlich eingezogen? Ist das der Grund?«

      Jake atmete tief durch. »Mama, er hat von Anfang an mit Liam zusammengewohnt. Sie sind zusammen aufs College gegangen. Da haben sie sich kennengelernt.«

      Der Schmerz in ihren Augen war nicht zu übersehen. »Und er hat's uns nicht erzählt. Du denkst, du kennst jemanden, und dann…«

      Jake war klar, was sie meinte. »Ich weiß. Ich hab's auch nicht verstanden. Aber dann hab ich ein bisschen länger darüber nachgedacht. Caleb hat nicht viel über sein Leben in Atlanta geredet, stimmt's? Mir keinem von uns.« Er hatte während der Heimfahrt darüber nachgedacht. »Vielleicht wollte er einfach die beiden Teile seines Lebens getrennt halten. Allerdings hab ich auch keine Ahnung, warum er das tun sollte. Und es ist nicht so, dass wir den Grund je erfahren werden.«

      »Tja, das ist jetzt gesessen«, stellte Daddy fest. »Wir müssen einfach mit unserem Leben weitermachen. Ist ja nicht so, als würden wir nicht dauernd an Caleb denken.« Seine Züge verhärteten sich. »Entschuldigt mich. Ich muss im Schuppen was überprüfen.« Er stand auf und entfernte sich rasch.

      Jake sah ihm schweren Herzens hinterher. Als könnten sie Caleb je vergessen. Er nahm an, dass es lange dauern würde, bis der Schmerz über Calebs Tod bei einem von ihnen nachlassen würde.

      Mama legte ihre Hand auf seine. »Bist du okay?«

      Jake zwang sich zu einem Lächeln. »Mir geht's gut. Bin nur hundemüde. Ich glaub, ich geh ins Bett.« Eine Welle der Müdigkeit überrollte ihn, drang ihm bis tief in die Knochen. Er stand auf und wollte seinen Teller abräumen, aber Mama hielt ihn zurück.

      »Ich kümmre mich drum. Geh du nur ins Bett. Morgen früh wirst du dich besser fühlen. Dein Daddy erwartet, dass du morgen arbeitest.«

      Was momentan wahrscheinlich das Beste war, was er tun konnte.

      Jake küsste sie auf die Wange und ging in sein Zimmer. Nachdem er sich gewaschen hatte und unter der Decke lag, sah er zu dem Laptop hinüber, den er auf seinem Nachttisch abgelegt hatte. Er war körperlich und mental zu erschöpft, um sich jetzt damit zu beschäftigen.

      Das konnte warten, bis er ausgeschlafen hatte. Er musste hellwach sein, wenn er das Passwort knacken wollte. Denn wenn er aus der Vergangenheit eines gelernt hatte, dann, dass Caleb kein offensichtliches verwendet hatte. Der Gedanke brachte ihn zum Lächeln und er umarmte sein Kissen und schlief sofort ein.

      ***

      »Gottverdammt, Caleb, was auf diesem verfickten Laptop ist so schrecklich wichtig?« Jake stand kurz davor, sich die Haare zu raufen. Zwei Wochen waren vergangen, seit er das verdammte Stück Schrott nach Hause gebracht hatte, und er hatte das Passwort immer noch nicht herausgefunden. Er hatte alle offensichtlichen durchprobiert, Zum Beispiel Geburtstage, aber kein Glück gehabt. Auch einprägsame Daten wie die Tage, an denen Caleb seine Führerscheinprüfung bestanden oder seinen Abschluss gemacht hatte, führten nicht zum Erfolg. Damit blieben die Namen von Calebs Lieblingsbands, Fernsehserien, die Namen der Mädchen, mit denen er während seiner Highschoolzeit ausgegangen war… Nichts.

      Es wurde zu einer Besessenheit.

      Jake wusste genau, was ihn antrieb. Was machte Caleb die ganze Zeit, wenn er nicht zu Hause war? Gab es einen Hinweis darauf, warum er sich verändert hat? Warum er weggeblieben war? Verdammt noch mal, Jake wollte es wissen. Und während all der Zeit, in der diese Fragen unbeantwortet blieben, hatte Jake das Gefühl, dass er es nicht ruhen lassen konnte. Erst am Samstagabend hatte er einen Geistesblitz.

      Was, wenn Liam das Passwort kennt?

      Kaum war ihm der Gedanke gekommen, tat Jake ihn wieder ab. Wenn Liam es gewusst hätte, hätte er es ihm gesagt.

      Ihm kam ein anderer Gedanke, so schnell, als würde in seinem Kopf jemand Tischtennis spielen. Ach ja? Denk mal nach. Er schien nicht wirklich scharf drauf zu sein, dass du ihn zum Laufen bringst, oder? Hat sogar vorgeschlagen, den Speicher zu löschen. Zu dem

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