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Handy, scrollte durch die Kontakte und schickte eine Nachricht.

      Hey. Haste kurz Zeit?

      Liams Antwort kam umgehend. Klar. Alles okay?

      Jakes Daumen flogen über das Display. Hast du das PW für Calebs Laptop? Er wartete darauf, dass Liam antwortete. Nichts. Jake begann eine weitere Nachricht zu tippen, wurde aber unterbrochen, als das Handy klingelte. Es war Liam.

      »Hey. Kann ich dich was fragen?« Er klang fast verhalten.

      »Sicher.«

      »Warum ist es dir so wichtig, Zugang zu dem Laptop zu bekommen?«

      Nicht die Reaktion, die Jake erwartet hatte, und für einen Moment war er verwirrt, wusste nicht, was er darauf antworten sollte. »Ist das nicht offensichtlich?«

      »Nicht wirklich. Er hat Caleb gehört. Was auch immer da drauf ist, war wichtig für ihn, nicht für jemand anderen. Es ist wie… zu versuchen, jemandes Tagebuch zu lesen.«

      Jake wurde die Brust eng. »Okay, schön und gut, aber…« Er kämpfte darum auszudrücken, was ihn bedrückte. »Es fühlt sich an, als wäre da dieses… Loch, und ich muss es füllen. Seit Caleb aufs College gegangen ist, war es, als…« Verdammt, das war schwer. Jake atmete tief durch. »Ich möchte sehen, was ich verpasst hab. Es ist Jahre her, dass er gegangen ist, und ich hab keine Ahnung, was er in all der Zeit gemacht hat. Wie er mit dem Studium zurechtkam, wie er seinen Job gefunden hat…« Jake schluckte, seine Kehle zog sich zusammen. »Schau, Liam, mir ist scheißegal, was da drauf ist. Im Moment ist es so, dass das Nichtwissen… na ja, es hindert mich daran, abschließen zu können. Macht das überhaupt Sinn?«

      Kurz herrschte Schweigen, dann hörte Jake Liam seufzen. »Hast du einen Stift? Du musst es dir aufschreiben.«

      Jake schaute zu seinem Schreibtisch unter dem Fenster, auf dem ein Glas mit Kugelschreibern und Bleistiften stand. Er hechtete durch das Zimmer, schnappte sich einen Bleistift und einen Notizblock, dann setzte er sich wieder auf sein Bett, den Rücken gegen die Kissen gelehnt. »Okay, bin so weit.«

      »Es ist eine Buchstaben- und Zahlenfolge. Bereit? I-A-B-W-W-T-2011.«

      Jake schrieb alles auf, dann starrte er mit gerunzelter Stirn auf das Blatt. »Was hat das für eine Bedeutung?«

      »Caleb hat ständig seine Passwörter gewechselt. Nicht, dass er sonderlich auf Sicherheit bedacht war. Er hatte einfach ein schlechtes Gedächtnis. Am Ende nahm er eine Textzeile aus einem seiner Lieblingslieder und verwendete den ersten Buchstaben jedes Wortes zusammen mit einem Datum, das ihm wichtig war.«

      »Also, was war die Textzeile?« Jake las das Passwort noch einmal und versuchte es herauszufinden.

      Erneut eine kurze Pause. »Das musst du nicht wissen. Du hast das Passwort. Also mach dich an die Arbeit und füll dein Loch.« Er legte auf, bevor Jake antworten konnte.

      Was nagt an ihm? Liams schroffe Art schien nicht zu dem sympathischen Mann zu passen, den er in Atlanta getroffen hatte, und der scharfe Gegensatz ließ Jake erschauern. Dann schob er sein Unbehagen beiseite. Endlich, ein Passwort.

      »Jacob? Zeit zum Abendessen.«

      Jake unterdrückte sein Stöhnen. Was für ein Timing…

      Der Laptop würde warten müssen.

      ***

      Jake wartete, bis es im Haus ruhig war und eher unwahrscheinlich, dass seine Eltern an seine Tür klopfen würden, bevor er nach dem Laptop griff, auf dem der Notizblock lag. Er klappte das Gerät auf und war überrascht, wie schnell sein Herz schlug.

      Was glaubst du, was du da drin finden wirst?

      Wie bei seinen vorherigen Versuchen dauerte das Laden des Anmeldebildschirms eine Ewigkeit und Jake wurde klar, dass Liam nicht gescherzt hatte, als er sagte, dass das Gerät langsam war. Als das Anmeldefeld endlich aufpoppte, tippte Jake sorgfältig das Passwort ein. Er atmete schneller – und hielt vor der letzten Zahl inne.

      Aus irgendeinem Grund hatte er Angst, aber keine Ahnung, wovor.

      Jake wusste, dass seine Angst unlogisch war. Er sagte sich, dass ihn die späte Stunde daran hinderte weiterzumachen. Dass er hiermit anfangen sollte, wenn er genügend Zeit hatte und Unterbrechungen unwahrscheinlich waren.

      Ihm war klar, dass das nur Ausreden waren, aber es reichte aus, dass er auf den Ausschaltknopf drückte.

      Morgen. Ich mache es, wenn Mama und Daddy in die Kirche gehen.

      Jake legte den Laptop zusammen mit dem Notizblock auf den Nachttisch und schaltete das Licht neben seinem Bett aus. Er lehnte sich gegen die Kissen zurück und schloss die Augen, atmete den Duft des nachtblühenden Jasmins auf dem Hof ein, der von der warmen Brise hereingeweht wurde.

      Zwei Dinge hielten ihn jedoch davon ab einzuschlafen – das Rätsel um das Passwort und Liams seltsames Verhalten. Songtexte gingen ihm durch den Kopf, bis er das Kissen packte und es sich über den Kopf legte, als würde das den konstanten Strom irgendwie aufhalten.

      Irgendwann klappte es.

      ***

      Durch das Wohnzimmerfenster beobachtete Jake, wie Daddy die Zufahrt hinunterfuhr. Mama saß auf dem Beifahrersitz, auf dem Kopf ihren schönsten Sonntagshut. Als der Pick-up nicht mehr zu sehen war, ging er in sein Zimmer, schloss die Tür und setzte sich aufs Bett. Er klappte den Laptop auf und wartete darauf, dass der Anmeldebildschirm lud. Sein Herz pochte heftig, als er das Passwort eintippte.

      Endlich baute sich die Benutzeroberfläche auf und Jake musterte die Symbole. Der ganze Bildschirm war mit Icons übersät, vom Hintergrundbild war kaum noch etwas zu erkennen. Jake gluckste und seine Nervosität löste sich auf. Kein Wunder, dass das verdammte Ding langsam ist. Da waren die üblichen Programme und eine Menge Ordner, von denen einer sofort seine Aufmerksamkeit erregte. Bilder.

      Na bitte, geht doch. Er klickte den Ordner an und wurde vom Anblick mindestens zwanzig weiterer Ordner begrüßt. Einige hatten Namen, andere waren lediglich nummeriert. Als Jake einen Ordner Familie entdeckte, öffnete er ihn schnell und lächelte, als er Fotos von sich und Caleb sah, die während der Feiertage aufgenommen worden waren, als Jake noch ein Baby war. Aww. Dass Caleb solche Bilder behalten hatte, wärmte ihm das Herz.

      Dann sah er eines, das ihn verwirrte, und er klickte es an. Alle Personen darauf waren schwarz. Das Foto zeigte eine Gruppe von Menschen, die um einen Esstisch saßen, und alle lächelten in die Kamera. Jake fragte sich, wer zum Teufel sie waren, bis er sich einen der Männer genauer ansah.

      Es war Liam.

      Warum zum Geier ist er hier mit drin?

      Da waren noch mehr solcher Fotos und dann entdeckte Jake eines von einem weiteren Treffen, aber dieses Mal war auch Caleb mit auf dem Bild. Und auf einem anderen. Und auf noch einem.

      Sekunde mal. Vielleicht hat er Liams Familie besucht. Nicht so abwegig, oder? Ich meine, wie lang waren sie Freunde? Es beantwortete allerdings nicht die Frage, warum die Bilder sich in diesem speziellen Ordner befanden. Es war kein Irrtum, es waren nicht nur ein paar Bilder versehentlich dort abgespeichert worden. Dafür waren es zu viele.

      Jake schloss den Ordner und überflog den Rest. Reisen, College, Projekte… und einer mit der Bezeichnung US. Das trug nur noch mehr zu Jakes Verwirrung bei. Soweit er wusste, hatte Caleb kaum Gelegenheit gehabt, Orte außerhalb Tennessees und Atlantas zu besuchen. Dann ging ihm auf, dass sein Wissen leider sehr zu wünschen übrig ließ. Er hatte keine Ahnung, wo in den Vereinigten Staaten Caleb in den acht Jahren, seit er sein Zuhause verlassen hatte, gewesen sein könnte.

      Noch mehr Geheimnisse. Der Gedanke tat weh. Er öffnete den Ordner, um mehr herauszufinden – und erstarrte.

      Was zum Teufel?

      Jake stellten sich die Nackenhaare auf, als ihn die Erkenntnis traf wie ein Blitz aus heiterem Himmel.

      Das ist nicht US für U.S. wie Vereinigte Staaten – das ist US für WIR.

      Er

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