Скачать книгу

so ein Huhn später noch einmal vorbei, bestaunte das Endprodukt und schüttelte einem gratulierend die Hand.

      Dann kamen die Schokoladeneier. Das war schon blöd genug. Ziemlich blöd sogar. Nun mal ganz ehrlich: Wer legt denn so etwas? Niemand legt so etwas. Das ist ja das Problem. Die werden hergestellt. In der Fabrik. Und mit wem soll ich dann anschließend ein Schlückchen trinken? Na? Mit Fabrikarbeitern vielleicht, denen völlig schnuppe ist, was sie dort vor sich haben? Womöglich noch Schokoladenlikör – igitt! Geht nicht. Was haben Schokoladenfabriken mit mir zu tun? Nichts. Die machen sich’s einfach selbst. So habe ich mir meinen Beruf nicht vorgestellt, das sag ich dir. Die brauchen keine Künstler. Die brauchen Boten.

      Ich finde, wenigstens gefragt werden sollte ich. Schließlich trage ich das ganze Zeug auf dem Rücken herum und verknackse mir dabei fast die Haxen. Aber darüber denkt natürlich mal wieder keiner nach. Habe ich im Übrigen auch nicht, bevor ich auf die bescheuerte Idee gekommen bin, in die Fußstapfen meines Vaters zu treten, der wiederum in die Fußstapfen seines Vaters getreten ist, der Depp.

      Meine Brüder haben es richtig gemacht: Haben sich in den Wald verzwitschert und Familien gegründet. Die trinken weder Eierlikör noch essen sie Schokolade. Die stopfen den ganzen Tag Möhrchen in sich hinein, wie es sich für einen Hasen gehört. Und ab und zu mal einen Löwenzahn.

      Was für eine Schufterei. Als ich mit dem Job begann, hat auch mich zunächst der Gedanke aufrecht erhalten, ein Künstler zu sein. Du magst lachen, aber die Gestaltung eines Eies vom Hühnerpopo zum Ostergedeck benötigt ein sehr genaues Auge. Ein Künstlerauge. Und alle haben gesagt, ich hätte einen Strich wie Van Gogh. Dieser Maler, falls du den kennst. Ja, sicher hat es mir geschmeichelt. Anders als der Herr van Gogh habe ich mir allerdings nie ein Ohr abgeschnitten. Wäre doch schade – bei der himmlischen Länge. Aber ich gebe es zu, ich habe daran gedacht, mir eines der beiden Ohren abzubinden. Für den richtigen Look. Aus Geschäftsgründen. USP – Unique Selling Point – das heißt Einzigartigartigkeit, um sich besser verkaufen zu können oder so ähnlich; jedenfalls gibt’s das auch bei uns.

      Und als die Schokoladenfritzen das Geschäft übernahmen, oder sagen wir, neue Verhandlungspartner wurden, da sah es zunächst so aus, als würde das Ganze recht gut für mich laufen. Sie wollten sogar eine Edition mit meinem berühmten Strich auf Silberpapier herausbringen. Auf lila Grund. Nicht meine Farbe, aber das Geld hätte gestimmt. Bloß, dass da nie etwas draus geworden ist.

      Von echten Eiern zur Schokolade. Sie haben nicht gefragt, sie haben es getan. Und ich hab’s geschluckt. Die Schokolade heruntergewürgt und versucht, dem Ganzen das Beste abzugewinnen. Habe gedacht: ruhig Blut. Lass sie halt. Bist ein positiver Hase. Ich steckte das Zeug ins Körbl und trug es auf den festlich gedeckten Tisch. Unauffällig, sodass alle nur meine Silhouette davon hüpfen sehen konnten. Und da die Kindlein sich freuten, war ich gleich ein wenig entschädigt für meine Mühe.

      Aber jetzt? Gerüchte sagen, dass plötzlich Stoffkrokodile verteilt werden sollen. Richtig gehört: Stoffkrokodile! Zu Ostern! Man stelle sich das vor. Schokolade, okay, okay, wir hatten das Thema bereits. Stoffkrokodile aber sind so eine Sache. Irgendwelche Leute entscheiden: Ostern gibt’s ein Krokodil, und ich soll’s dann ausbaden. Austragen! Ist das okay? Nein, ganz und gar nicht okay ist das, wenn du mich fragst. Total daneben. Die passen nicht einmal in den Korb, sehen blöd aus und haben will die auch niemand. Oder gut: haben vielleicht, aber tragen? Oh no. Vielen Dank. Kleine Stoffhäschen, das machte noch Sinn. Doch selbst die, bei Licht betrachtet: geschmacklos.

      Ein Krokodil bleibt ein Krokodil bleibt ein Krokodil. Die gehören in Kaufhausregale und nicht ins Nestchen. Womöglich in Plastiknestchen, mich schaudert’s.

      Apropos: Wo sind eigentlich die Kindlein, die mir Jahr für Jahr ein Nest aus Moos bauen, auf dass ich die Eier hineinlege? Aber warum sollte das jetzt auch noch jemand tun: Nestchen basteln? Legen Hasen Krokodile? Ich bitt’ doch sehr.

      Sind Krokodile überhaupt fruchtbar? – Keine Ahnung. Hasen sind’s. Und darum geht es doch an Ostern: um Fruchtbarkeit, Leben geben. Frühling. Auferstehung. Wie auch immer. Und aus Eiern kommt es eben herausgeschlüpft, das Fruchtbare, das ewige Leben, der Frühling, die Freude. Aus dem Ei schlüpfen Küken und – Krokodile. Da haben wir’s. Mist.

      Okay, ich werd’s überleben. So ist das Leben. Vielleicht kann ich sie ja ein wenig bepinseln. Strich drüber. Grün ist immerhin nicht viel schlechter als Lila, möchte ich meinen.

      Corinna Antelmann wurde 1969 in Bremen geboren und lebt heute in Linz, Österreich. Seit ihrem künstlerischen Studium ist sie vorwiegend als Kino-Drehbuchautorin und Dozentin für Storytelling tätig, daneben arbeitet sie auch als Dramaturgin für Theaterprojekte und Regieassistentin für Hörfunk. Kurzgeschichten sind in Anthologien erschienen und in der Zeitschrift JÖ.

      *

      Wie der Weihnachtsmann das Osterfest rettete

      Puschel war sehr stolz. Nicht nur, dass er zum Hilfsosterhaseneieraufpasser ernannt worden war, sondern man hatte ihm auch den großen Schlüssel für das Vorratslager anvertraut. Gemeinsam mit seinem besten Freund Schwarzpfote stand er vor der großen Höhle, die für die Eier vorgesehen war, welche von Frau Henne und den anderen Hühnern geliefert werden sollten. Die beiden kleinen Hasen hüpften ungeduldig auf der Stelle herum. Schwarzpfote wollte den Schlüssel auch mal halten, doch Puschel war unerbittlich.

      Sein Vater hatte nur ihm das große Messingding anvertraut, da er dringend in die große Stadt zur Hasenakademie musste. Puschels Vater war für die Ostereier und Geschenke rund um den großen Wald verantwortlich. Wenn er befördert werden würde, dann kämen auch die Häuser der Menschen jenseits des Bachs dazu.

      Jetzt aber ging es darum, die Eier der Hühner sicher in der Höhle zu verstauen. Schwarzpfote entdeckte das gackernde Federvieh als Erster. Ganz wichtig trippelten die Hühner heran, jedes schwer beladen mit frischen Eiern, die später von den Hasen des Waldes eingefärbt und verziert werden würden.

      Bis dahin aber mussten sie gut versteckt werden, denn es gab viele Räuber im Wald. Der rot gewandete Fuchs, die flinken Marder und natürlich die Backenvollstopfer, wie Puschel und Schwarzpfote die Hamster nannten. Mit denen lagen die beiden Hasenkinder ständig im Streit. Ganz zu schweigen von den vielen Streichen, die sie sich gegenseitig spielten. Sicher versuchten die Backenvollstopfer auch dieses Jahr, Eier zu stehlen. Damit dies nicht geschah, drehte Puschel extra zweimal den großen Schlüssel herum, nachdem er sich artig bei Frau Henne und den anderen Hühnern für die Lieferung bedankt hatte.

      „Meinst du, die Eier sind dort drinnen richtig gelagert? Die Nächte sind doch noch so kalt“, fragte Puschel seinen Freund.

      „Vielleicht. Was könnten wir auch sonst tun?“

      „Na, die Heizung einschalten?“

      Schwarzpfote nickte.

      „Das ist eine prima Idee.“

      Puschel schloss nochmals die große Tür auf, schaltete die Heizung ein und drehten den Regler auf kuschelig warm.

      In den nächsten Tagen widmeten sich die zwei Freunde all den Dingen, die Hasenkinder gerne machten. Sie gingen zur Hasenschule, ärgerten die Backenvollstopfer, aßen köstlichen Möhrenkuchen von Mama und ließen es sich gut gehen.

      Dann war Vater Hase zurück. Mit stolzgeschwellter Brust verkündete er, dass er in den obersten Rat der Osterhasen berufen worden war. Alle waren begeistert. Nach dem Essen machten Puschel und sein Vater sich auf den Weg zur großen Höhle. „Na mein Sohn, hat mit der Lieferung alles geklappt?“

      „Natürlich Papa. Ich habe es den Eiern sogar extra schön warm gemacht.“

      „Du hast was? Oh, oh, ich ahne Schlimmes.“ Auf einmal hatte es Vater Hase sehr eilig. Hastig hoppelte er voran, sodass Puschel kaum mithalten konnte.

      An der Höhle angekommen, sperrten sie die Tür auf und wurden von einem fröhlichen Gepiepse begrüßt. Flauschig weiche Küken im gelben Federkleid trippelten zwischen den Eierschalen hin und her.

Скачать книгу