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gefiel es, ahnungslosen Zwergkaninchen die Welt zu erklären. „Die Menschen nennen ihn Vechte“, begann einer der beiden mit wichtiger Miene. Dann hielt er einen langen Vortrag, erklärte, wo der Fluss entsprang, welches Gras an seinen Ufern wuchs und so weiter und so weiter. Schließlich sagte er: „Was wollt ihr eigentlich vom Osterhasen?“

      „Wir wollen ihn kennenlernen und ihm helfen“, schaltete sich Cleo aufgeregt ein.

      Nachdenklich kratzten sich die Rammler hinter ihren langen Ohren. „Na gut, folgt uns.“ Blitzschnell drehten sie sich um und verschwanden hinter einem prachtvoll blühenden Forsythienstrauch in einem Höhleneingang.

      Die Zwergkaninchen folgten ihnen und trauten ihren Augen nicht. Hier unten herrschte geschäftiges Treiben. Hasen hoppelten hin und her, manche mit Farbe bekleckert, andere mit Kiepen beladen, in denen sie herrlich bunte Eier zum Ausgang trugen. Die bekleckerten Hasen gehörten zu einer Gruppe von Malern, die gut gelaunt und hoch konzentriert ein Ei nach dem anderen färbten, um sie dann den Trägerhasen zu übergeben.

      „Glaubst du jetzt endlich, dass es den Osterhasen gibt?“, fragte Lotta ihren Mann und puffte ihn mit ihrer Schnauze in die Seite.

      Freddy antwortete nicht, denn im gleichen Augenblick kam ein Hase auf sie zu, der ihnen nicht nur durch seine Größe Respekt einflößte, sondern auch durch seinen Blick. Darin spiegelten sich Klugheit und Güte, aber gleichzeitig eine gewisse Strenge. „Ihr wollt mich sprechen? Ich bin der Osterhase“, sagte er freundlich.

      „Genau“, stotterte Freddy.

      „Was kann ich für euch tun?“

      „Wir würden dir gerne helfen“, antwortete Lotta.

      „Hm … Zwergkaninchen haben wir noch nie als Helfer beschäftigt.“ Zweifelnd musterte der Osterhase die Besucher. Gespannt wartete Cleo auf seine Antwort. Alles würde sie für ihn tun, selbst wenn sie nur die Höhle sauber machen durfte. „Also gut“, sagte der Osterhase schließlich. „Zum Tragen der schweren Kiepen seid ihr natürlich nicht geeignet, aber ihr könntet beim Malen helfen. Wir brauchen noch Tiere, die die kleinen Eier färben.“ Er sah sich suchend um. „Hey, Lothar, hier sind drei Zwergkaninchen. Nimm sie unter deine Pfoten. Bei den kleinen Eiern braucht ihr doch noch Helfer, oder?“

      Lothar hüpfte heran und wackelte mit seinen langen Hasenohren. „Gute Idee, Boss.“ Und zu den Zwergkaninchen sagte er: „Dann kommt mal mit.“ Er erklärte ihnen, was sie zu tun hatten und schon kurze Zeit später waren Lotta, Freddy und Cleo an der Arbeit.

      Verliebt sah Freddy seine Frau an. „Du bist großartig, Lotta. Ohne dich hätten wir das alles hier nicht erlebt“, seufzte er.

      „Ich weiß, ich weiß“, antwortete Lotta leicht errötend, weil sie sich sehr über das Kompliment freute. Endlich hatte sie mit ihrer Familie den Platz fürs Leben gefunden hatten.

      Mathias Meyer-Langenhoff wurde 1958 im westfälischen Dingden geboren. Nach seiner Zivildienstzeit als Altenpfleger studierte er in Bonn und Münster Diplompädagogik und war danach in verschiedenen pädagogischen Berufen tätig. Seit 1993 arbeitet er als Lehrer für Pädagogik und Psychologie an einer Berufsschule.

      *

      Lilo Löffels Osterfest

      Lilo Löffel hoppelte traurig über die Wiese zu ihrem Bau.

      „Schneehase, Triefnase“, riefen die anderen Häschen ihr ständig hinterher. Was konnte denn sie dafür, dass ihr Fell weiß war wie frisch gefallener Schnee? All ihre Geschwister und die Nachbarhäschen waren braun, ganz normal hasenbraun. Nur sie nicht!

      Lilo rutschte in ihre Schlafhöhle und kuschelte sich in das weiche Heu. Schön warm war es hier unten. So begann die kleine Häsin bald, vor sich hinzuträumen.

      Bald, ja, bald würde es Frühling werden. Dann wäre sie schon ein ganzes Jahr alt. Groß genug, um zum Osterhasen in die Lehre zu gehen und ihm zu helfen, die bunten Eier zu verstecken. Oh, wie sie sich darauf freute!

      Am nächsten Morgen wurde Lilo früh wach und hüpfte behänd aus ihrem Bau. Neugierig lugten hier und da schon die ersten Gräschen aus der braunen Erde – ein köstliches Frühstück.

      Ein Stückchen weiter erblickten Lilos scharfe Augen ein Büschel Schneeglöckchen. Übermütig steckte sie sich eines hinters Ohr. Die Weiße spiegelte sich glücklich im Bach, der die Grenze zur Siedlung der Menschen bildete.

      Noch nie war Lilo auf der anderen Seite des Wassers gewesen. Über die schmale Brücke durften die Häschen nur hoppeln, wenn sie mit schweren Kiepen beladen für den Osterhasen unterwegs waren.

      Inzwischen waren auch die anderen aus den Nestern gefallen. Schon hatte der dicke Hopserich Lilo erblickt. „Schneehase, Triefnase“, rief er sogleich. „Wir wollen nach dem Frühstück Hochhopsen spielen. Rate mal, wer nicht mitspielt?“

      „Schneehase, Doofhase!“, fügte Hasentrine gehässig hinzu. „Du kannst sowieso nicht gut hopsen, weil du nicht einmal eine Farbe hast, ätsch! Und wer nicht hopsen kann, braucht auch keinen Schmuck!“ Damit riss sie Lilo grob das Schneeglöckchen aus dem Fell.

      Die weiße Häsin blinzelte die Tränen weg. Wenn ihr doch wenigstens ein einziges Mal eine passende Antwort eingefallen wäre! Aber dazu war sie wohl zu dumm. Mutlos ließ Lilo die Ohren hängen und schlich davon.

      Doch welch’ köstlichen Duft trug ihr der Wind da zu? Sie hoppelte weiter und entdeckte bald einen zartlila Krokus. Ein wenig getröstet von der unerwarteten Leckerei kroch die kleine Häsin in den Bau. Bald würde alles besser werden! Bald würde sie dem Osterhasen helfen! Lilo Löffel träumte glücklich davon, wie schön es wäre, die Eier zu färben.

      Dabei bemerkte sie etwas Seltsames: Ihr weißer, weicher Pelz war so warm, dass überall, wo sie ein Weilchen gelegen hatte, bald wunderschöne Blumen und saftige Gräser sprossen.

      Lilo freute sich über diese Frühlingspracht. So hatte sie gar keine Zeit mehr, an die anderen Häschen und ihre Gemeinheiten zu denken.

      Dann kam der große Tag, an dem die einjährigen Hasenkinder ihre Lehre beim Osterhasen begannen. Lilo war vor Aufregung schon ganz früh wach. Sie konnte kein noch so kleines Grashälmchen herunterbringen. Ach, wie schön würde alles werden!

      „Hopserich, Hasentrine, Hüpfer, Langohr, Hasenlotte!“, hörte sie da den Oberhasen rufen. „Zeit, dass wir uns auf den Weg zum Osterhasen machen. Vergesst eure Pinsel nicht!“

      Die fünf Häschen hüpften wie der Blitz aus ihren Löchern. Auch Lilo sprang aus dem Bau. Langsam hüpfte sie zum Oberhasen.

      „Nein, Lilo Löffel, du nicht!“, sagte dieser streng. „Du hast selber keine Farbe, wie solltest du da malen können? Du bleibst hier und putzt die Hasenlöcher.“

      Fröhlich sprangen die anderen Häschen davon.

      Für Lilo brach eine Welt zusammen: Sie als Einzige sollte nicht mit zum Osterhasen! Und das alles wegen ihres weißen Pelzes. Wie sie den hasste! Wütend wälzte sie sich in einem Maulwurfshügel, um wenigstens einmal schön braun zu sein. Aber von der Erde verklebte und juckte ihr Fell sehr. So wusch sie die Dreckkruste doch rasch mit dem klaren Wasser des Baches ab.

      Seufzend machte sie sich daran, den Dreck eines ganzen Winters aus den Löchern zu putzen; eine Arbeit, die keiner der Hasen je freiwillig tat. Davon bekam Lilo schließlich Hunger. Die weiße Häsin hoppelte quer über die Wiese zu ihrem Bau, an dem sie mit ihrer Wärme ein ganzes Gärtchen der köstlichsten Kräuter zum Sprießen gebracht hatte. Sie knabberte ein wenig daran und streckte sich dann müde im Gras aus.

      Schläfrig schaute Lilo in die Luft und erschrak: Dicke, graugelbe Wolken hatten sich drohend am Himmel aufgebaut. Rasch verschwand die Häsin in ihrem Bau und spürte noch in ihrem warmen Nest, dass der kalte Winter zurückkam. Mit Schnee und Eis überzog er unbarmherzig das ganze Land und alle zarten Kräutchen froren zu Tode.

      Viel

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