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jeder freien Minute aushilft. Schon oft sind sie zusammen im Park spazieren gegangen. Einmal musste Felian Charly suchen, da er flitzen gegangen ist. Doch nach einer Nacht kam er wieder.

      „Du musst leise sein“, sagt Felian und legt den Zeigefinger auf seine Lippen. Als wenn Charly ihn verstehen würde, hört er auf zu winseln. Felian löst die Gurte, mit denen Charly festgebunden wurde. In dem Moment betritt Darius den Lagerraum.

      „Was geht hier vor?“, schreit er wütend.

      Wegen seines bandagierten Fußes kann Felian nicht so schnell abhauen wie Juliet. Darius schnappt sich den Jungen, setzt ihn auf einen Küchenstuhl und fesselt ihn daran. Ganoven haben immer ein Seil herumliegen, mit dem sie die Guten fesseln können.

      Juliet konnte sich so flink verstecken, dass Darius sie nicht bemerkt hat.

      „Willst du mein Projekt sabotieren?“

      Felian steht der Schweiß an der Stirn, doch er versucht, locker zu bleiben. „Ich weiß, was Sie mit Charly vorhaben. Ich weiß nur nicht, warum.“ Während er spricht, verdreht er seine Finger hinter dem Rücken, um an seine Gesäßtasche heranzukommen. Wenn er sein Handy erreichen könnte, könnte er den Notruf wählen, den er im Kurzwahlspeicher unter 1 abgelegt hat.

      Darius zwirbelt seinen schwarzen Bart. „Warum ich das Gehorsamkeits-Gen haben will, kann ich dir erklären. Du wirst es eh nicht weitererzählen können.“ Er grunzt kurz, als er lacht und erklärt: „Ich habe lange gebraucht, um diesen Hund zu finden und ich werde weitersuchen, um andere für mein Projekt zu finden. Es müssen keine Hunde sein. Das mit Charly war nur zufällig. Ich habe euch im Park beobachtet und gesehen, wie er dir gehorcht.“

      „Aber wofür das alles?“ Felian will Darius mit Fragen ablenken, um weiterhin nach dem Handy zu kramen.

      „Ich will ihm das Gen entnehmen, dann werde ich es verflüssigen und in meine Schokoladeneier spritzen, die ich dann in der ganzen Welt verkaufen werde. Die Kinder sollen dermaßen gehorsam sein, dass sie ihren Eltern nie wieder widersprechen.“

      „Sie haben Ihr Gehirn wohl im Schokoladenbottich verloren.“

      Unbeirrt erklärt Darius, wie es zu der Scheidung von seiner Ehefrau kam, weil seine beiden Kinder so aufmüpfig waren, dass es jeden Tag Zoff gab.

      „Ich gab meiner Frau die Schuld, weil sie die Kinder zu weich erzogen hat und sie gab mir die Schuld, weil ich wohl zu streng war. Aber mit meinen Ostereiern wird es Frieden auf Erden geben.“

      Felian schüttelt ungläubig den Kopf.

      Darius trottet siegessicher auf seine Maschine zu, nachdem er Charly wieder eingefangen und festgeschnallt hat. Da bemerkt er entsetzt, dass jemand Limonade über das Schaltpult geschüttet hat, während er Felian von seinem Plan erzählt hat. Die Funken sprühen ihm entgegen, die Knöpfe sind verklebt und die Instrumente spielen verrückt.

      Während Darius ungläubig dasteht und seiner Maschine nachtrauert, befreit Juliet Charly. Für Charly, der in letzter Zeit stark zugenommen hat, ist das alles zu stressig. Er zieht sich zurück und legt sich zwischen die verpackten Schokoladeneier, die noch präpariert werden sollten. Felian und Juliet beobachten den geschwächten Charly. Nachdem Juliet ihren Felian befreit hat, humpelt dieser zu Charly.

      „Fußball ist wohl doch nicht so gesund“, sagt Juliet und will mit dieser Aussage die Lage beruhigen. Währenddessen kniet Felian neben Charly und stützt dessen Kopf.

      Plötzlich löst Darius seine Gedanken von der Ostereier-Maschine und stürzt auf die beiden Kinder zu. Zur selben Zeit stürmen zwei Polizisten den Lagerraum, die Felian informieren konnte. Mit ihrem Geschrei verdutzen sie Darius so sehr, dass er sich nicht einmal wehrt, als er festgenommen wird.

      „Wie sind Sie hier hereingekommen?“, fragt Darius erschreckt.

      „Durch eines der vielen Löcher in den Mauern“, antwortet einer der Polizisten.

      Da kommt Felian hinzu, mit Charly auf dem Arm.

      „Ist er tot?“, fragt der andere Polizist.

      Felian lächelt vergnügt. „Nein, sie ist Mama.“

      Darius dreht sich zu den Kindern um. „Charly ist ein Mädchen?“

      Nun gesellt sich auch Juliet zu der kleinen Gruppe, mit vier kleinen Welpen auf dem Arm. „Das ist wohl das Ergebnis, als sie ausgebüxt ist, und der Grund, warum sie immer dicker wurde.“

      Alle, bis auf Darius, lachen und streicheln die Hundemama mitsamt ihren Babys. Darius schaut traurig zu.

      „Trauern Sie um Ihre Maschine, um Ihren Plan, der nicht aufging, oder um das verlorene Gehorsamkeitsgen?“, fragt Felian schnippisch.

      Darius blickt betrübt auf die quiekenden Hundebabys. „Da hätte ich fast Mist gebaut, hm?“

      Ostern ist gerettet, die Kinder dieser Welt dürfen auch mal unartig sein, solange sie nachher wieder lieb sind und Darius bekommt nur eine Geldstrafe als Denkzettel. Ein Hundemädchen darf er sogar behalten und kümmert sich rührend um sie.

      Carmen Matthes wurde 1971 in Reutlingen geboren und lebt seit einigen Jahren glücklich verheiratet in Heilbronn. Nach der Tätigkeit als Übersetzerin begann sie Ende 2009 mit dem Schreiben von Geschichten und veröffentlichte bereits einige in Anthologien und Zeitschriften.

      *

      Die Aushilfe

      Es war Oscars großer Tag. Er war schon sehr früh aufgestanden und hatte sich noch im Dunkeln für die Aufgabe, die ihn heute erwartete, vorbereitet. Das Fell war gekämmt, die langen Ohren sauber und seine Fußnägel geschnitten. Ihr müsst nämlich wissen, Oscar ist ein Hase. Aber nicht irgendein gewöhnlicher Feldhase, sondern ein angehender Osterhase in Ausbildung.

      Eigentlich sollte er erst im nächsten Jahr beim großen Eierverstecken mitmachen. Sein Vater, der jedes Jahr mit den anderen Osterhasen ausschwärmte, um die vielen Kinder mit Ostereiern zu versorgen, lag aber seit gestern mit einer gewaltigen Grippe im Bett. Oscar hatte schon viel gelernt und seine Noten waren so gut, dass der Boss seine Zustimmung zur Aushilfe gegeben hatte, obwohl ihm noch das letzte Ausbildungsjahr zum anerkannten Osterhasen mit Diplom fehlte.

      „Also dann, viel Erfolg und gib gut auf dich acht“, sagte die Hasenmutter zum Abschied, drückte Oscar fest an sich und öffnete die Tür.

      Die kleinen, halbrunden Häuser des Osterhasendorfes standen in Kreisform um den großen Dorfplatz und so konnte Oscar direkt auf seine Kollegen schauen, die sich dort versammelt hatten. Ein wenig mulmig war ihm schon zumute, als er die erfahrenen Osterhasen mit ihren Körben auf dem Rücken erblickte.

      „Wird schon alles gut gehen, Mama“, verabschiedete sich der neue Osterhasengehilfe mit einem Kuss von seiner Mutter und ging in die Hütte des Ostereierverteilers.

      „Name!“, fragte der alte Hase hinter dem Tisch, ohne aufzublicken. Mit einer großen, runden Brille auf der Nase studierte er angestrengt seine Akten.

      „Oscar!“, rief der Osterhase in Ausbildung aufgeregt und stolz zugleich. Langsam ging der Blick des alten Hasen nach oben und er musterte Oscar über den Rand seiner Brille hinweg. „So, so. Der Oscar. Der Boss hat dich schon angekündigt. Du bist also als Vertretung deines Vaters hier, obwohl deine Ausbildung noch nicht abgeschlossen ist.“ Die scharfe Stimme des Alten verunsicherte Oscar. Der traute ihm bestimmt niemals zu, den Job vernünftig auszuführen.

      „Na ja, der Boss wird schon wissen was er macht“, sagte der Alte zweifelnd und schaute wieder auf seine Akten. „Tour 43“, gab er nach einem kurzen Blick auf die Papiere kund und suchte aus einem anderen Stapel auf dem Tisch den entsprechenden Plan raus. „Die Eier stehen da hinten in der Ecke.“ Ohne seine Augen noch einmal auf Oscar zu richten, gab er ihm seinen Tourplan. „Der Nächste! Name!“, rief der Alte laut.

      Schnell hatte sich Oscar seinen Korb mit den Ostereiern geholt

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