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abenteuerlichen Fahrt durch einen Teil von Paris stieg Gorham vor der Polizeidirektion Montmartre aus dem Taxi und ging in das unscheinbare Gebäude, um mit dem zuständigen Beamten zu sprechen. Er hatte sich am Morgen noch vom Hotel in Köln aus angemeldet.

      „Guten Tag. Mein Name ist Andrew Gorham, Agent bei der EUSC. Ich müsste erwartet werden von...“ Gorham kramte in seinem Sakko nach dem Zettel auf dem er sich den Namen des Beamten notiert hatte. Darüber, dass der Beamte hinter dem Tresen eventuell kein englisch sprach hatte er sich keine Gedanken gemacht und einfach drauf los geredet.

      Gorham fand den Zettel. „...von Monsieur Thierry Herbault“, beendete Gorham seinen Satz.

      Der Beamte bedeutete ihm einen Augenblick zu warten und verschwand in einem der hinteren Zimmer. Kurz darauf kam er zurück. Hinter ihm folgte ein stämmiger Mann, in etwa so groß wie Gorham, nur deutlich beleibter. Seine Glatze wurde von einem Kranz grauen Haares eingerahmt. Die Augen saßen tief in den Höhlen.

      „Bonjour Monsieur Gor-am.“ Herbault hielt ihm die Hand entgegen, welche Gorham ergriff. „Bittö kommen Sie doch mit in mein Büro. Ier entlang.“ Gorham folgte der beeindruckenden Statur des französischen Kommissars, der ganz offensichtlich schon länger nicht mehr im dauerhaften Außendienst tätig war und wohl kurz vor der Pension stand.

      In dem kleinen Büro angekommen nahmen sie gegenüber voneinander Platz. „Nun Monsieur, was kann isch für Sie in der Angelegen-eit von Mademoiselle Bouvois tun? Oder anders gefragt, wie glauben Sie uns elfen zu können?“ Der Kommissar sprach ein überraschend gutes englisch, wie Gorham feststellte.

      „Zunächst einmal möchte ich mich bedanken, dass Sie mich so kurzfristig empfangen haben. Ich kann mir denken, dass hier eine Menge los ist in dieser Sache. Ganz besonders, wo es nun auch noch einen dritten ähnlichen Fall gibt.“

      „Einen dritten Fall? Wie meinen Sie das, einen dritten Fall?“ Herbault war ehrlich überrascht, lehnte sich in seinem Bürostuhl zurück, der bedenklich weit nach hinten kippte.

      „Sie haben noch nichts von dem Fall aus Hamburg gehört? Dort wurde gestern in den frühen Morgenstunden ebenfalls eine Leiche entdeckt und es gibt ein paar Dinge, die diesen Fall mit dem hier, als auch mit dem in London in Verbindung bringen könnten.“

      „Nein, davon abe isch noch nischts ge-ört. Erzählen Sie bittö“, forderte Herbault Gorham auf ihn aufzuklären.

      „Nun ja, es wurde im Innenhof einer Kirche ein gepfählter Kopf gefunden. Der Körper des Opfers, als auch die abgetrennten Arme und Beine lagen, sauber in die vier Himmelsrichtungen zeigend, um den Kopf herum. Es handelt sich erneut um eine Verbrechergröße. Es handelt sich wieder um eine Kirche als ausgewählten Ort des Mordes. Und es handelt sich wieder um Tötung durch einen Schnitt durch die Kehle. In den beiden letzteren Fällen wurde der Kopf sogar komplett abgetrennt.“

      Herbault lehnte sich wieder vor und schaute nachdenklich sein Gegenüber an. „Und Sie glauben, dass diese drei Mordö in einem gewissen Zusammen-ang ste-en? Mmmm.“ Herbault rieb sich über sein stoppeliges Kinn. „Da könnten Sie rescht aben, Monsieur Agent.“

      „Und deshalb bin ich hier. Zudem habe ich Informationen von einer Seite erhalten, die ich nicht benennen darf. Mit meinen Vorgesetzten werde ich später in Kontakt treten, um ganz offiziell die Ermittlungen zu führen. Sie bekommen dann einen entsprechenden Bescheid. Nun möchte ich aber gerne mit dem Herren sprechen, der das Opfer zuletzt gesehen hat. Er sei wohl der Freund gewesen, ist das richtig?“

      „Oui, das ischt korrekt. Monsieur Etienne Chavalier. Warten Sie, isch gebe Ihnen die Adresse. In dem Ver-ör konnte er uns allerdings nischt wirklich elfen und wir mussten ihn wieder laufen lassen, aber vielleischt aben Sie mehr Glück.“ Herbault kramte in den Unterlagen auf seinem Tisch, bis er die Akte gefunden hatte. „Ier, er wohnt in Versailles. Wenn Sie wollen rufe isch Ihnen ein Taxi.“ Herbault kritzelte in einer kaum lesbaren Handschrift die Adresse auf einen Notizzettel und reichte ihn Gorham herüber.

      „Danke, ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie das mit dem Taxi übernehmen würden.“

      Herbault griff zum Telefonhörer und rief Gorham ein Taxi. Fünf Minuten später war es da und Gorham stieg ein.

      „Sie hören von mir, ich melde mich, sobald ich mehr weiß“, verabschiedete Gorham sich von dem Kommissar.

      „Au revoir Monsieur Gor-am. Isch warte auf Ihre Meldung.“

      Herbault kehrte in das Polizeigebäude zurück, während das Taxi mit Gorham seine Fahrt nach Versailles aufnahm.

      Versailles. Der reiche Vorort von Paris, nur wenige Kilometer westlich der französischen Hauptstadt gelegen und bekannt natürlich durch die riesige Schlossanlage, die besonders zum Ende des Zweiten Weltkrieges eine gewisse Bedeutung erlangte, als hier die Friedensverträge unterzeichnet wurden.

      Das Taxi hielt vor einer Villa, die dem Schloss selber in nichts nachstand. Natürlich war sie deutlich kleiner, versprühte aber dennoch den gleichen Charme von Reichtum und Macht. Selbst die Steine, aus denen die Villa gebaut war, schienen aus demselben Material zu sein, wie die des Schlosses.

      Drei Geschosse hoch und mit einer Grundfläche von Hundertzwanzig Quadratmetern je Etage bot diese Villa reichlich Platz. Hier wohnte der Pariser Drogenbaron Etienne Chavalier, der offiziell Eigentümer einer Schifffahrtsgesellschaft war, die hauptsächlich mit Ländern aus Südamerika zusammenarbeitete. Eine perfekte Tarnung für sein eigentliches Geschäft, dessen er bis heute nicht ein einziges Mal überführt werden konnte.

      Andrew Gorham bezahlte den Fahrer, stieg aus dem Taxi und betrachtete sich das opulente Gebäude voller Staunen. Er bemerkte, dass sämtliche Vorhänge vor den Fenstern geschlossen waren. Schwerer schwarzer Brokatstoff, wie Gorham vermutete, der nicht ein bisschen Helligkeit in die dahinter liegenden Räume ließ.

      Gorham schritt zu dem Tor und klingelte. Das Anwesen war gesichert durch eine Videokamera, die sich schräg oberhalb des Tores befand, sowie eine direkt über der Klingel. So konnte man von drinnen über einen Monitor sehen, wer vor dem Tor stand. Doch es regte sich nichts, also versuchte Gorham es erneut.

      Kurz bevor sein Finger die Klingel berührte sprach eine weibliche Stimme durch den eingebauten Lautsprecher zu ihm. Es musste sich wohl um die Haushälterin handeln.

      „Bonjour. Qui est là, s´il vous plait?“

      Gorham antwortete auf englisch in der Hoffnung verstanden zu werden. „Guten Tag. Ich bin Agent Gorham von der EUSC und ermittle im Fall der ermordeten Francine Bouvois. Ich möchte gerne zu Herrn Chavalier. Ist er zu Hause?“

      „Je lui demande si je ne peux pas les laisser. Attendre s´il vous plait.“

      Gorham blieb vor dem Tor stehen und harrte der Dinge, die nun kommen mögen. Er konnte nur hoffen, dass das was die Haushälterin sagte, etwas positives auf seine Anfrage hin war.

      Es fühlte sich an wie eine Ewigkeit bis erneut eine Stimme aus dem Lautsprecher kam. Diesmal allerdings eine gebrochene männliche Stimme, die in überraschend klarem und deutlichem englisch sprach.

      „Agent der EUSC? Ich fürchte meine Haushälterin hat Ihren Namen nicht genau verstanden. Was genau wünschen Sie von mir?“ Offensichtlich handelte es sich um den Hausherren.

      „Mein Name ist Gorham, Agent bei der EUSC. Ich ermittle im Mordfall von Madame Bouvois und möchte Ihnen gerne ein paar Fragen stellen.“

      „Mademoiselle, nicht Madame. Gorham ist Ihr Name? Hm, wie auch immer. Ich öffne Ihnen das Tor.“ Mit einem Summen schoben sich die beiden Elemente auseinander und Gorham ging über den langen Zuweg auf die Villa zu. Irgendwie kam ihm die Stimme entfernt bekannt vor, er konnte es nur nicht einordnen.

      Um zum Eingang zu gelangen musste man über eine fast drei Meter breite und sechs Stufen nach oben führende Treppe gehen. Die Villa hatte den Ansatz einer Südstaatenvilla mit den Säulen an der Eingangsseite.

      Als Gorham die letzte Stufe erklomm öffnete sich bereits die Tür und dahinter kam ein Mann, so groß wie ein Bär zum Vorschein. Nur das sein Gesicht keine

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