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      Koeln

      Montag, 27. September

      Der ICE fuhr in den Bahnhof in der Rheinmetropole ein. Agent Gorham rieb sich noch den letzten Rest Schlaf aus den Augen, packte dann seinen Laptop zurück in die Tasche und zog sich das Sakko an. Mit dem Mantel über die Schulter geworfen und den Koffer in der Hand verließ er das Abteil und begab sich zur Tür zum Aussteigen.

      Das kleine Schläfchen hatte ihn doch müder gemacht, als er vermutet hätte. So suchte er sich zunächst mal eine Möglichkeit für einen Kaffee, kaufte sich vorher eine aktuelle Tageszeitung und setzte sich in dem ausgewählten Café an einen Fensterplatz.

      In der Zeitung stand natürlich noch nichts über den Fall aus Hamburg, von dem er aus dem Internet erfahren hatte. Da würde man sich bis morgen gedulden müssen.

      Nachdem er den Kaffee ausgetrunken hatte suchte er sich ein Taxi, um zum Hotel zu fahren. Bruder Magnus hatte im selben Hotel ein Zimmer gebucht, in dem Gorham bereits im Sommer untergekommen war, dem Hotel Domblick.

      Dort angekommen bat er den Fahrer auf ihn zu warten, bis er vom Einchecken zurück kam, damit er nicht lange auf ein Weiteres warten musste, um zum Dom zu kommen. Der Fahrer wies Gorham recht unfreundlich darauf hin, dass die Wartezeit natürlich berechnet werden musste, was der Agent mit einem höflichem Selbstverständlich beantwortete und dazu setzte, dass der Fahrer, so er denn seine Unfreundlichkeit ablegen würde, zusätzlich mit einem guten Trinkgeld rechnen könne.

      Das ließ sich der Taxifahrer nicht zweimal sagen, stieg sofort aus, um den Koffer aus dem Kofferraum zu holen und Gorham bis zur Eingangstür des Hotels zu bringen.

      Gorham betrat das ihm bekannte Foyer und stellte fest, das heute der selbe Angestellte hinter dem Tresen saß, der schon im Sommer Dienst hatte. Wieder trug dieser ein verwaschenes Oberteil mit dem riesigen Emblem von Fortuna Düsseldorf.

      „Guten Tag. Mein Name ist Andrew Gorham. Auf meinen Namen müsste ein Zimmer reserviert worden sein.“ Gorham wartete auf eine Reaktion, doch der Mann hinter dem Empfangstresen beendete in aller Seelenruhe sein Sudoku ohne auch nur kurz aufzuschauen.

      Schließlich legte er doch noch den Stift beiseite und hob den Kopf. „Wie war der Name? Koahamm? Nein, auf diesen Namen gibt es keine Reservierung“, sagte der Fortuna-Fan gelangweilt.

      „Nicht Koahamm. Gorham. G-O-R-H-A-M“, buchstabierte der Agent seinen Namen. „Das ist Englisch, falls ihre Bildung soweit reicht, dass Sie wissen, dass es auch noch andere Sprachen auf dieser Welt gibt.“

      Der Blick, mit dem Gorham nun bedacht wurde hätte ihn töten können. Doch der Hotelangestellte schaute wieder in sein Buch. „Ach hier, da steht´s ja. Hätten ja auch gleich deutlicher sprechen können. Zimmer 23, zweite Etage, Fahrstuhl ist da drüben.“ Der Portier reichte Gorham den Schlüssel über den Tresen und war schon wieder in seinem Rätsel vertieft.

      Man, man, man, hab ich es denn heute nur mit Idioten zu tun? Gorham fuhr hinauf in sein Zimmer, stellte den Koffer neben dem Bett ab und hing seinen Mantel an den Garderobenhaken. Er musste feststellen, dass er witziger Weise das selbe Zimmer hatte, wie im Sommer des Jahres.

      Schnell noch einen Spritzer kaltes Wasser ins Gesicht als weiteren Wachmacher und dann machte er sich auch schon wieder nach unten, um das Taxi nicht zu lange warten zu lassen. Der Fahrer stand lässig an die Beifahrerseite gelehnt und unterhielt sich, eine brennende Zigarette im Mundwinkel, mit einem Kollegen.

      „Ich bin wieder da. Wir können dann los“, sagte Gorham, während er wieder hinten einstieg. Doch der Taxifahrer schien ihn gar nicht wahrgenommen zu haben und setzte seine Unterhaltung fort. Gorham kurbelte das Fenster runter. „Hallo!? Ich sagte wir können los! Glauben Sie mal ja nicht, dass ich Ihnen die Zeit, die Sie jetzt vertrödeln bezahle!“ Demonstrativ startete Gorham die Stoppuhrfunktion auf seinem Handy.

      „Ja, ja doch. Einen Moment noch.“ Der Taxifahrer störte sich gar nicht daran. Gorham war es egal, die Zeit lief – und zwar gegen das Taxameter. Nach unendlich scheinenden fünf Minuten stieg auch sein Chauffeur in sein Taxi. „Wo soll es denn jetzt hingehen?“, fragte er, den letzten Zug seiner Zigarette auspustend.

      „Zum Dom. Und nur damit Sie es wissen: Das Trinkgeld können Sie sich in die Haare schmieren und die Zeit habe ich auch gestoppt, die Sie mich haben warten lassen. Die ziehe ich Ihnen von dem Fahrpreis ab.“

      Irgendetwas vor sich hinmurmelnd bugsierte der Taxifahrer den Wagen aus der Parklücke und nahm den schnellsten Weg zum Dom, um diesen unangenehmen Fahrgast so schnell, wie nur irgendwie möglich loswerden zu können. Da war ihm auch das zu erwartende Fahrgeld völlig gleichgültig.

      Andrew Gorham stand vor dem großen Kirchengebäude des Bistums Köln und betrat durch das imposante Portal den von Touristen fast überquellenden Innenraum. Erinnerungen an den Sommer kamen in ihm hoch, doch die verdrängte er. Er sprach den nächstbesten Mönch an, der ihm über den Weg lief.

      „Entschuldigung. Ich möchte zu Bruder Magnus, dem Bischof. Er hat mich hergebeten, weiß aber nicht, dass ich heute komme.“

      „Einen Moment bitte. Ich schaue, ob er Zeit für Sie hat. Wie ist denn Ihr Name?“

      „Gorham. Andrew Gorham.“

      Der Mönch setzte sich in Bewegung. In der Zwischenzeit schaute Gorham sich ein wenig um. Im Sommer hatte er kaum Gelegenheit und auch nicht den Kopf gehabt, sich den Kölner Dom etwas genauer anzusehen. Das holte er jetzt nach, während er auf den Bischof wartete.

      Plötzlich ertönte eine freundliche und bekannte Stimme in seinem Rücken. „Mein lieber Agent! So schnell habe ich gar nicht mit Ihnen gerechnet. Schön, dass Sie da sind.“ Gorham drehte sich um und sah Magnus auf sich zukommen.

      „Hallo Bischof.“ Gorham hielt ihm seine Hand entgegen, doch der Bischof umarmte ihn, als wären sie alte Freunde. „Ich bin so froh, dass Sie gekommen sind, wirklich! Sie sind der Einzige, der in dieser Sache helfen kann. Kommen Sie.“

      Magnus führte den Agent die große Treppe hinunter ins Untergeschoss, wo sich das Büro des Bischofs verbarg. Gorham erinnerte sich noch gut an den Weg durch diese mittelalterlich anmutenden Gänge und auch an die riesige Eichentür zum Büro vor der sie nun standen.

      Magnus schloss auf und bat den Agent herein. Gorham setzte sich auf einen der Sessel vor dem voluminösen Schreibtisch und Magnus nahm ihm gegenüber auf dem thronartigen Stuhl Platz. Eine Kanne dampfender Kaffee, sowie zwei Becher, Milch und Zucker und ein Teller mit Gebäck standen bereit, so als wenn Magnus mit der Ankunft des Agent gerechnet hätte.

      Gorham kam sogleich zum Thema. „Wollen Sie mir dann den Inhalt Ihres Briefes erläutern? Denn so ganz bin ich daraus nicht wirklich schlau geworden, wenn ich ehrlich sein soll.“ Gorham blickte erwartungsvoll zu seinem Gegenüber und wartete auf eine Antwort.

      Magnus fiel es sichtlich schwer einen Anfang zu finden. „Wo soll ich beginnen?“, sagte er schließlich und verfiel erneut in eine Denkpause. Gorham ließ ihm Zeit, wollte ihn nicht drängen, da er merkte, dass es dem Bischof offenbar schwer fiel überhaupt darüber zu reden. Was dieses Darüber denn auch sein mochte.

      „Nun gut. Ich habe mit dem Brief an Sie angefangen und kann jetzt nicht einfach aufhören und gar nichts sagen. Also...“. Magnus machte nochmals eine Pause, holte tief Luft und sprach dann weiter.

      „Ich darf Ihnen nicht zu viel sagen. Es gibt Dinge, die ich Ihnen komplett verheimlichen muss, ansonsten drohen mir schärfste Sanktionen. Warum darf und kann ich Ihnen ebenfalls nicht erklären. Ich kann nur hoffen, dass Sie die Ermittlungen aufnehmen und von selber auf diverse Dinge stoßen werden. Es wird sich Vieles für Sie wie ein Rätsel anhören und genau diese Rätsel sind es, die Sie lösen müssen und die Sie dann zur Aufklärung führen werden.

      Aber nun zu den Dingen, die ich sagen kann und muss. Denn es muss aufhören!“ Nachdenklich richtete der Bischof seinen Blick an die Decke, schien eine gewisse Kraft sammeln zu müssen, um weiter zu sprechen.

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