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dass so jemand in der Lage war, wahre Gefühle zu zeigen.

      Er bat Gorham hinein und runzelte dabei leicht die Stirn, als Gorham an ihm vorbei in die Villa ging.

      „Kommen Sie, gleich hier links durch die erste Tür. Da können wir uns setzen.“ Etienne Chavalier deutete in einen kleinen Salon mit Bartresen und einer gemütlichen Sitzecke bestehend aus einem runden Tisch, zwei Sesseln aus Leder und dahinter einem Kamin. Gorham setzte sich in einen der beiden Sessel.

      Chavalier schlurfte zur Bar. „Was möchten Sie trinken Monsieur.... Gorham? Hab ich den Namen richtig behalten?“

      „Ja, Gorham ist richtig. Nur ein Glas Wasser für mich bitte.“

      Chavalier schenkte Gorham ein Wasser ein und für sich selbst einen großen Cognac. Dann setzte er sich zu Gorham an den Kamin.

      „Kann es sein, dass wir uns kennen?“, fragte Chavalier den Agent völlig unvermittelt. „Irgendwie kommen Sie mir bekannt vor.“

      Gorham musterte sein Gegenüber. „Ich weiß nicht, ich glaube nicht. Ich hätte auch keine Idee woher.“

      „Egal. Sie wollten mit mir sprechen?“

      „Ja. Es geht um Ihre Freundin, Mademoiselle Bouvois und die Umstände ihres Todes und was Sie eventuell dazu sagen können.“

      „Was könnte ich Ihnen sagen, was ich nicht auch schon der Polizei gesagt habe? Ich habe denen alles gesagt, was ich weiß. Warum fragen Sie nicht die? Warum müssen Sie mich damit belästigen? Es ist für mich schon schwer genug mit dem Verlust.“

      Chavalier fiel in sich zusammen. Es war ein groteskes Bild diesen eindrucksvollen Mann so in seine Trauer verfallen zu sehen. Gorham war es in diesem Moment schon ein wenig unangenehm, aber es musste sein. Er sah halt die Dinge aus der Sicht eines Agent anders, als es ein einfacher Polizist tun würde und konnte durchaus ganz andere Schlüsse ziehen. Er ließ Chavalier Zeit sich zu sammeln.

      Nach ein paar Minuten und einem zweiten, mittlerweile ebenfalls leeren Glas Cognac schien Chavalier bereit zu sein.

      „Also gut. Ich weiß zwar nicht was es bringen soll, aber bitte. Stellen Sie Ihre Fragen.“ Er stand auf und goss sich das dritte Glas Cognac ein. Zumindest war es das Dritte, seitdem Gorham da war. Wie viele er womöglich vorher schon getrunken hatte konnte man nicht einschätzen.

      „In Ordnung. Zunächst würde mich interessieren wann, wo und unter welchen Umständen Sie Mademoiselle Bouvois zuletzt gesehen haben.“

      „Das war an dem Abend, so gegen dreiundzwanzig Uhr muss es gewesen sein. Am Osttor zum Bois de Boulogne. Da habe ich so eine Art Stammplatz. Auf dem Rest meines Weges hatte ich das Gefühl verfolgt zu werden, aber dann entpuppte sich das als Francine. Sie wollte dann nach Hause. Wir waren für den Sonntag darauf verabredet, doch sie kam nicht, ging auch nicht ans Telefon. Da habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Es konnte alle möglichen Gründe dafür gegeben haben und kam auch vorher schon häufiger mal vor, dass sie nicht erreichbar war.“

      Chavalier verfiel in eine Lethargie bei den Erinnerungen an das letzte Treffen mit seiner Freundin. Doch Gorham war dabei etwas aufgefallen.

      „Sind Sie sich denn sicher, dass da nicht doch niemand Anderes war? Vielleicht doch jemand, der Sie verfolgt und sich dann versteckt hat, nachdem Mademoiselle Bouvois auftauchte?“

      Chavalier hob den Kopf mit einem Ausdruck im Gesicht, der wirkte, als wenn er intensiv über etwas nachdachte. „Ich weiß nicht. Jetzt wo Sie das sagen... Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht. Die Polizei hat auch nichts in der Hinsicht gesagt. Aber vielleicht haben Sie recht. Das könnte sein.“

      „Und wenn das sein kann, dann kann diese Person doch auch der mutmaßliche Mörder gewesen sein, meinen Sie nicht? Hatten Sie, oder Mademoiselle Bouvois Feinde?“

      „Sie machen mir Spaß! Natürlich hatten wir die. Jeder, der in den Kreisen arbeitet wie wir hat Feinde. Das ist doch ganz normal. Sollten Sie als Agent aber auch wissen.“ Da klang tatsächlich so etwas wie ein Vorwurf in der Stimme mit, als Chavalier dies sagte.

      „In was für Kreisen meinen Sie denn? Ich weiß nur, dass Sie in der Schifffahrtsbranche tätig sind“, tat Gorham unwissend, um sein Gegenüber aus der Reserve zu locken.

      „Wollen Sie mich veralbern? Hat Ihnen Kommissar Herbault denn nichts weiter gesagt? Also gut. Mein Schifffahrtsunternehmen ist nur ein Deckmantel für den Drogenhandel, den ich betreibe. Das ist mein Hauptgeschäft. Fragen Sie mich jetzt bitte nicht, warum ich Ihnen das erzähle. Aber das Francine ebenfalls in dem Bereich tätig war brauche ich wahrscheinlich nicht extra zu erwähnen. Und da hat man Feinde, ohne Frage.“

      „Und können Sie sich jemand von denen vorstellen, der, aus welchen Gründen auch immer, Ihnen, oder Mademoiselle Bouvois so etwas antun wollte?“

      Chavalier überlegte kurz. „Nein. Ehrlich gesagt wüsste ich da niemand.“

      Er wusste nichts. Da war sich Gorham sicher. Chavalier wirkte sehr glaubwürdig auf ihn. So kam Gorham zu dem Schluss, dass er hier nichts Nennenswertes mehr erfahren würde. „Ich danke Ihnen für Ihre Zeit Monsieur Chavalier. Sie haben mir durchaus helfen können, auch wenn es Ihnen vielleicht nicht bewusst war.“ Gorham erhob sich, um die Villa zu verlassen. Chavalier geleitete ihn zur Tür.

      „Eine Frage hätte ich aber noch Monsieur Chavalier. Sie scheinen auf mich durch und durch französisch, dennoch sprechen Sie ein hervorragendes englisch und haben den Raum auch durchaus in einem typischen englischen Stil eingerichtet. Da frage ich mich woher das kommt und ob das nicht doch in irgendeiner Weise mit dem Fall zu tun haben kann. Schließlich erfolgte der zweite Mord in London.“

      Chavalier wirkte verwirrt. Was hatte er gesagt, dass dem Agent hätte weiterhelfen können? Und was sollte seine Einrichtung seines Kaminzimmers damit zu tun haben?

      „Naja, es ist so, dass ich ursprünglich Student der Kriminalistik war. Und dadurch war ich ein halbes Jahr in London als Austauschstudent. Da konnte ich meine Englischkenntnisse vertiefen. Und außerdem hatte ich an der dortigen Uni einen Mentor... warten Sie, ich glaube das war der Professor Billingham. Ja Billingham, so hieß er. Und der hatte auch so ein Kaminzimmer in seinem Haus in das er häufiger Studenten eingeladen hatte und das hat mir sehr gefallen. Daher habe ich mir auch so eines eingerichtet.“

      Gorham starrte Chavalier überrascht an. „Sie kannten Professor Billingham? Einen Moment, kann es sein, dass Sie zu der Zeit einen Spitznamen bei den Briten hatten?“

      „Das stimmt. Die hatten irgendwie Schwierigkeiten mit meinem Vornamen und da gaben sie mir einen, der irgendwie dazu passte. Ich glaube das war...“

      „...Tinnie!“, beendet Gorham für Chavalier den Satz. „Das waren Sie? Sie sind Tinnie?“

      „Genau das war mein Spitzname. Aber woher kennen Sie den?“

      Gorham grinste leicht verlegen ehe er antwortete. „Ich bin Andrew, oder damals besser als Drewie bekannt gewesen. Tinnie! Ich fasse es nicht!“

      Die beiden Männer standen sich unentschlossen gegenüber. Sie wussten beide nicht, wie sie sich verhalten sollten. Damals in London waren sie in dem halben Jahr, das Chavalier dort verbracht hatte sehr gute Freunde geworden. Doch diese Freundschaft wurde immer weniger nachdem Chavalier wieder in Paris war. Schließlich brach der Kontakt dann irgendwann komplett ab.

      Zudem kam die Situation, in der sie steckten. Gorham ermittelte in dem Mordfall der Freundin von Chavalier und dieser stand durchaus im Verdacht damit etwas zu tun zu haben, zumindest für die französischen Behörden. Gorham selbst war eigentlich von seiner Unschuld überzeugt. Dennoch gab es da noch den Drogenhandel.

      Chavalier brach den Bann. „Nach so langer Zeit und dann zu solch getrübten Umständen. Aber vielleicht nennt man so etwas Schicksal. Pass auf, ich werde dir helfen, wo ich kann. Du wirst dir denken können, dass ich Verbindungen habe, die uns helfen können dieses Schwein zu kriegen.“

      „Das kann ich mir denken, da hast du recht. Aber vorerst möchte ich alleine ermitteln. Verstehe mich nicht falsch, aber

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