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      „Warum denn? Was hast du denn?“

      Wahrscheinlich klang das jetzt besorgter, als ich es heraus bringen wollte.

      Er seufzt und schließt kurz die Augen.

      „Ich schwimme jetzt seit über fünfzehn Jahren ununterbrochen. Im Winter hatte ich wochenlang eine Mittelohrentzündung und jetzt seit fast vier Monaten das Knie. Bei mir ist momentan einfach die Luft draußen.“

      „Klingt nicht gut.“

      „Nein.“

      „Und du glaubst hier am Land wird das besser?“

      Er schüttelt den Kopf. „Aber hier habe ich meine Ruhe. Ich bin sozusagen abgerissen.“

      Ich ziehe ungläubig die Augenbrauen hoch. „Echt?“

      Jetzt lächelt er. „Ja echt.“

      Wieder sieht er mich länger an als ich es aushalte.

      „Wo warst du denn die letzten Jahre? Ich hab dich nie mehr gesehen“, sagt er leise und mit leicht gesenktem Blick.

      Mir wird ein bisschen heiß. Weg. Ich war weg. Einfach weg.

      „Lange Geschichte.“

      Mehr will ich dazu nicht sagen, darum beginne ich schnell meine Socken und Schuhe anzuziehen.

      „Hab ich was Falsches gesagt?“, meint er fast entschuldigend.

      Ich schüttle den Kopf. „Nein, ich muss nach Hause und du solltest zusehen, dass du dich nicht erkältest, es wird frisch.“

      Seine Mundwinkel verziehen sich merkwürdig. Ich denke, dass ich gerade sehr nach Mama geklungen habe.

      „Teresa…können wir vielleicht reden?“, sagt er dann recht tonlos.

      Ich sehe vom Schuhbandzubinden auf. „Worüber denn?“

      „Wir sind nicht gerade freundschaftlich auseinander gegangen.“

      Ich zucke mit den Schultern. „Du warst sehr jung, ich ein bisschen naiv und alles ist lange her. Wir müssen über nichts reden.“

      „Mir tut es aber weh, wenn ich dich anschaue und daran denke. Nur reden Teresa. Bitte.“

      Er sieht mich bedrückt an. Ich halte diesen Blick kaum aus. Ja…mir tut es auch weh. Ich kenne den Tonklang seiner Stimme, es erinnert mich an seine entschuldigenden Worte von damals, als er sich für seine Freunde rechtfertigte.

      „Außerdem bräuchte ich einen ordentlichen Haarschnitt. Das ließe sich doch verbinden, was meinst du?“

      Jetzt lächelt er ein bisschen und strubbelt sich dabei durch die feuchten Haare. Na ja…ein wenig nachschneiden würde wirklich nicht schaden.

      „Ich überleg es mir…“, seufze ich.

      Ganz zufrieden scheint er über meine Antwort nicht und ehrlich gesagt meine ich auch nicht wirklich was ich sage. Ich will nicht wieder alles aufwirbeln und mich damit beschäftigen. Vorbei. Es ist zu Ende und vorbei.

      „Du weißt wo du mich findest, entweder hier, oder oben im Haus“, noch einmal lächelt er mich schüchtern an.

      Ich nicke und sehe noch einmal zu ihm auf. Es fällt mir schwer ihn so stehen zu lassen und trotzdem gehe ich. Zielstrebig und schnell. Ohne zurück zu sehen.

      Kapitel 5

      Ich hatte unseren gemeinsamen Sommer recht gut verdrängt in den letzten Jahren. Verdrängt aber nicht vergessen. Ich werde es nie vergessen können, dafür war es einfach zu schön. Es war mehr als eine Affäre, Sex oder was auch immer. Ich fühle mich ganz komisch in seiner Gegenwart, es wäre am Einfachsten zu beschließen ihn zu vergessen, aber das gelingt mir nicht. Es wird mir nie gelingen, auch wenn es besser so wäre. Nachdenklich gehe ich nach Hause. Nein ich gehe nicht, ich schlurfe. Kraftlos und müde fühle ich mich. Ein Wagen der mir entgegen kommt lässt mich aufschauen. Ich seufze tief durch. Auch das noch. Das Auto hält neben mir, die Scheibe geht hinunter. Anton sieht mich breit grinsend an.

      „Grüß dich Resi! Wo läufst du denn herum? Ich war bei euch am Hof, aber da herrscht gähnende Leere.“

      „Servus. Ja meine Eltern sind mit Maxi unterwegs und Leopold wird auf irgendeinem Weinberg sein denke ich.“

      „Ach so. Warum meldest du dich denn nie? Ich hab doch gesagt du sollst mal vorbei kommen?“

      Jetzt versuche ich das Seufzen zu unterdrücken. Ich will ihn nicht unbedingt besuchen, ich wüsste nicht wozu, darum zucke ich nur mit den Schultern.

      „Soll ich dich nach Hause fahren?“

      „Nein, ich laufe, ist ja nicht mehr weit. Wir sehen uns.“

      Ich versuche die Konversation abzukürzen. Er nickt etwas verständnislos. Ich will schon losgehen, aber er scheint noch nicht fertig zu sein.

      „Warum ich eigentlich bei euch war…Vroni schmeißt morgen eine Geburtstagsparty für Jonas, ich wollte dich und Maxi einladen. Er wird sechs, ich denke die Jungs könnten sich gut verstehen.“

      Ich lächle. Vroni ist seine jüngere Schwester, ich mochte sie immer sehr gerne. Auch wenn ich nicht unbedingt scharf auf einen Besuch am Hof der Klingers bin, für Maxi wäre es bestimmt lustig mit anderen Kinder spielen zu können. Darum stimme ich auch seinetwillen zu.

      „Danke, das ist nett. Wann denn?“

      „Um zwei. Ich freue mich.“

      Ich zwinge mich zu einem: „Ja…ich mich auch.“

      Er verabschiedet sich mit seinem mir durchaus bekannten Augenzwinkern. Charmant kann er schon sein wenn er will, allerdings verstehe ich nicht, was er bei mir damit erreichen möchte. Er fährt weiter und ich gehe nach Hause. Mir geht sowieso nicht ein, warum er nicht längst verheiratet ist und selbst Kinder hat. Er ist jetzt über dreißig. Aber ich will darüber nicht nachdenken, weil es mich eigentlich auch gar nicht interessiert. Gerade als ich am Hof ankomme, fahren auch meine Eltern ein. Endlich, der Tag war unglaublich lang ohne Maxi. Ich lege schrittmäßig zu und öffne die hintere Autotür.

      „Na wie schaust du denn aus Bärchen?“, frage ich lachend.

      Er hatte scheinbar einen richtig tollen Tag und so sieht er auch aus, ziemlich eingesaut.

      „Mama schau, wir waren bei McDonalds und da hab ich ein Spielzeug bekommen, und wir waren dort wo man so toll turnen kann und der Opa kann nicht balancieren.“

      So glücklich hab ich ihn lang nicht mehr erlebt. Er strahlt von einer Backe zur anderen.

      „Ehrlich? Das musst du mir ganz genau erzählen. Am besten während du in der Badewanne sitzt, du schaust ja aus wie ein Schweinebärchen.“

      Ich knuddle und küsse ihn. Schnell tritt alles worüber ich den ganzen Tag über nachdachte, sowie die Begegnung mit Markus in den Hintergrund.

      Maxi ist nach dem Baden schnell eingeschlafen, er war komplett erledigt. Auch wenn es erst kurz vor neun ist, hab ich mich auch gleich hingelegt. Ich würde wirklich gerne einmal richtig gut schlafen. Sanft streiche ich noch einmal über seine Wange und fahre mit meiner Nase durch seine Haare. Dann schließe ich meine Augen und atme dabei tief durch.

      „Warum gehst du mir nicht aus dem Sinn…warum nicht…“, murmle ich für mich selbst und versuche einzuschlafen.

      Tatsächlich konnte ich die vergangene Nacht ein paar Stunden schlafen, dafür habe ich fürchterlich geträumt und bin heute auch nicht wirklich ausgeschlafener. Ich hatte solche Angst im Traum, weil mir ständig jemand Maxi wegnehmen wollte, als ich aufwachte war ich komplett schweißgebadet. Jetzt sind wir auf dem Weg zur Geburtstagsfeier von Jonas. Am Vormittag haben wir noch ein kleines Geschenk besorgt, Maxi freut sich total. Ich allerdings habe ein sehr komisches Gefühl im Bauch, das sich noch

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