ТОП просматриваемых книг сайта:
Am Ende der Wahrheit. Kerstin Teschnigg
Читать онлайн.Название Am Ende der Wahrheit
Год выпуска 0
isbn 9783752904529
Автор произведения Kerstin Teschnigg
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Kapitel 6
Ich kehre gerade von einem langen Spaziergang gemeinsam mit Maxi zurück. Heute habe ich ihn einmal nur für mich ganz allein. Wir haben die Pferde auf der nahegelegenen Koppel besucht und jetzt bekommen die Schafe noch ein bisschen altes Brot. Ich überlege schon den ganzen Tag, ob ich nicht doch zu Markus fahren soll, aber ich weiß nicht was es bringt wenn wir reden und in der Vergangenheit wühlen. Es ist vorbei. Lange vorbei. Ich mag mich nicht mehr kränken und darüber nachdenken.
„Mama schau…der Anton…“, Maxi zupft an meinem Shirt.
Anton steuert über die große Wiese auf uns zu. Er meint es also wirklich ernst, anders ist seine permanente Anwesenheit in unserer Nähe nicht zu erklären. Ich weiß allerdings noch nicht ob ich das gut finden soll. Es ist eher so, dass ich mich überrumpelt fühle.
„Hey ihr zwei!“, ruft er uns entgegen.
„Hallo…“, begrüße ich ihn nicht besonders euphorisch.
„Schlechte Laune?“, fragt er mit hochgezogenen Augenbrauchen.
Ich schüttle den Kopf und versuche zu lächeln.
„Ich habe deiner Mutter das bestellte Fleisch vorbei gebracht und da dachte ich Maxi hat vielleicht Lust ein bisschen Fußball zu spielen?“
Jetzt ziehe ich die Augenbrauen hoch, aber Maxi ist sofort begeistert. Ich seufze für mich selbst. Na dann…Ich hasse Fußball spielen, wenigstens muss ich mich dann nicht an den Ball. Anton und Maxi gehen voraus, ich hinterher. Ein paarmal dreht Anton sich um und lächelt mich an. Ich erwidere es, auch wenn es bei mir nicht die vermutlich von ihm gewünschten Gefühle weckt. Inzwischen die beiden spielen hänge ich noch die Wäsche auf und nehme die bereits getrocknete ab. Er kann wirklich gut mit Maxi umgehen, so viel steht fest. Sie haben viel Spaß, sogar Leopold spielt mit. Nachdem bis auf Maxi alle völlig außer Puste sind, bringt Leopold zwei Bier. Maxi fährt mit dem neuen Fahrrad, das er zum Geburtstag bekommen hat, im Hof herum. Ich beobachte alles aus sicherer Entfernung und falte dabei die Wäsche. Braucht Maxi einen Vater? Bis jetzt brauchte er keinen. Ich schaffte das allein. Doch wenn ich ihn so glücklich sehe überlege ich schon ob ein männlicher Part nicht doch wichtig für ihn wäre. Wenn ich mir einen Ruck gebe und mich öffne, könnte es vielleicht klappen. Ich mag Anton, und ich kenne ihn und er mich. Ja ich mag ihn und das ist der Punkt. Keine Ahnung ob ich ihn jemals wieder lieben könnte, ich weiß ja nicht einmal ob ich ihn jemals richtig geliebt habe, das ist alles so lange her. Doch was ist schon Liebe? Liebe bringt auch immer Leid mit sich. Womöglich ist eine Beziehung in tief verbundener Freundschaft viel mehr wert. Plötzlich steht Mama neben mir.
„Wie oft legst du das Handtuch jetzt noch neu zusammen?“, sie sieht mich schmunzelnd an.
Verlegen lege ich es zur Seite und lasse mich auf die Gartenbank fallen.
„Ich hab nachgedacht.“
Sie setzt sich zu mir. „Worüber denn?“
Ich zucke mit den Schultern.
„Ob Maxi einen Vater braucht“, murmle ich.
Sie lehnt sich zurück. „Anton und du?“
„Ich weiß es nicht Mama. Das ist alles lange her.“ Ich reibe mir die Stirn. „Vielleicht war es ein Fehler mich von ihm zu trennen. Damals hab ich eine ziemlich blöde Zeit durchgemacht.“
„Denk nicht über die Vergangenheit nach. Schau in die Zukunft und überleg was für euch gut ist. Nur wegen Maxi musst du das nicht tun. Du selbst solltest einmal glücklich sein.“
Ihre Worte überraschen mich. Ich war mir sicher sie würde eine Vernunftbeziehung mit Anton sofort befürworten.
„Ja du hast Recht Mama…Ich brauch ein bisschen Zeit.“
Inzwischen ist auch mein Vater nach Hause gekommen und hat sich zu den Männern gesellt.
„Machen wir für die Männer eine Jause. Du hast doch nichts dagegen wenn ich Anton zum Abendessen einlade?“
Ich schüttle den Kopf. Der freut sich natürlich über die Einladung meiner Mutter und spielt noch ein bisschen mit Maxi, während ich Mama helfe. Immer wieder beobachte ich die zwei im Garten durch das Küchenfenster. Irgendwie hat er sicher verändert. Er ist ruhiger geworden. Ich habe mich auch verändert.
Die gemeinsame Jause war wirklich nett und hat länger gedauert als erwartet. Wir haben zwei Flaschen Wein geleert und uns sehr gut unterhalten. Ich habe gerade Maxi ins Bett gebracht, weil es inzwischen wirklich spät geworden ist. Auch heute ist er wieder schnell eingeschlafen. Als ich wieder nach unten komme, will auch Anton gerade fahren. Ich begleite ihn noch nach draußen und gehe ein Stück mit ihm über den Hof bis zu seinem Wagen.
„Kannst du auch sicher noch fahren?“, frage ich verantwortungsbewusst.
„Sicher. Es ist ja nicht weit.“
„Darum geht es nicht. Wenn du ein guter Vater sein willst musst du ein Vorbild sein.“
Keine Ahnung warum ich das jetzt gesagt habe, vermutlich habe ich zu viel Wein getrunken. Er lächelt mich überrascht an, ich nehme ihm aber sofort den Wind aus den Segeln.
„Das war rein rhetorisch Anton, dass ich das gesagt habe bedeutet noch gar nichts.“
Er nickt lächelt aber immer noch.
„Du denkst darüber nach. Das gefällt mir.“
Er lehnt sich an die Wangentür und durchbohrt mich förmlich mit seinem Blick. Ich verschränke meine Arme und seufze.
„So einfach ist das nicht…“
Er kommt auf mich zu und bleibt sehr knapp vor mir stehen.
„Doch, es ist so einfach. Mach es nicht komplizierter als nötig.“
Kurz steht er so vor mir, dann streicht er mir eine Haarsträhne zurück und küsst mich sanft. Ohne Zunge oder so, das hätte ich gar nicht zugelassen, aber seine Lippen berühren meine. Ich bin kurz geschockt und weiche einen Schritt zurück. Er schließt seine Augen und atmet durch.
„Genau das fehlt mir Resi…Genau das…“
Ich schnappe nach Luft. „Echt Anton? Nach allem was ich dir angetan habe? Bist du dir wirklich sicher?“
Er verdreht die Augen. „Was hast du mir denn angetan?“
„Ich habe dich betrogen und verlassen und selbst danach wolltest du es noch einmal versuchen, sogar kurz bevor ich nach Deutschland gegangen bin. Immer wieder hab ich dich zurück gewiesen.“
Seufzend zuckt er mit den Schultern. „Das ist doch jetzt egal, es ist eine ganz andere Situation.“
Ich blicke zu Boden.
„Ich bin mir sicher Resi.“
„Du musst mir Zeit geben.“ Ich sehe wieder auf. „Ich brauche Zeit.“
Er nickt und greift nach meiner Hand. Dann küsst er mich noch einmal. Jetzt intensiver, fast als wolle er mir demonstrativ zeigen, was er für mich empfindet. Ich lasse es zu, auch wenn ich dabei nicht fühle was ich fühlen sollte. Es ist zwar schön und vertraut, aber mehr auch nicht. Noch einmal streicht er durch meine Haare.
„Darf ich jetzt fahren, oder muss ich zu Fuß gehen?“, fragt er mit einem scheinbar zufriedenen Lächeln.
„Los fahr schon…“, sage ich kopfschüttelnd.