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Am Ende der Wahrheit. Kerstin Teschnigg
Читать онлайн.Название Am Ende der Wahrheit
Год выпуска 0
isbn 9783752904529
Автор произведения Kerstin Teschnigg
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Ich lächle ihn mühselig an. „Ich soll dir doch die Haare schneiden.“
Langsam beruhige ich mich wieder. Jetzt bin ich hier und werde das durchziehen. Es ist längst überfällig. Zuerst schaut er mich ungläubig an, aber als ich meine Tasche aus dem Auto nehme lächelt er auch. Wir gehen wieder hinein. Ich nehme noch einen Schluck vom Wasser, es geht schon wieder. Zumindest rede ich mir das ein.
„Magst du einen Kaffee, oder vielleicht einen Tee?“, fragt er mich, immer noch besorgt wirkend.
„Kaffee. Bitte.“
Er schaltet die Nespresso Maschine ein und ich suche mir eine Kapsel aus. Er macht die zwei Kaffee inzwischen ich meine Sachen auspacke. Mal sehen ob ich das mit den zittrigen Händen hinbekomme. Ich nehme einen großen Schluck vom Kaffee, die Milch hat er schon hineingetan, er kann sich scheinbar noch sehr genau daran erinnern wie ich meinen Kaffee trinke.
„Sollen wir nicht vorher reden?“, fragt er mich auf meine Schere sehend.
„Wenn ich dir alles gesagt habe was ich mir vorgenommen habe, kann ich keine Schere mehr in die Hand nehmen“, sage ich leise aber bestimmt.
Er sieht mich mit großen Augen an, vermutlich hat er Angst ich steche ihn mit meiner Schere ab. Dennoch nimmt er am Stuhl Platz und ich lege ihm den Frisierumhang um. Jetzt sitzt er mit dem Rücken zu mir da, ich schließe kurz meine Augen und sammle mich. Er dreht sich vorsichtig um und sieht mich an.
„Wie soll ich denn schneiden?“
„Du weißt schon wie“, entgegnet er leicht verunsichert und dreht sich wieder nach vorne.
Ich streiche durch seine Haare über seinen Nacken bis zu seinen Schultern. So wie ich es immer tue. Die Haare sind noch feucht vom Schwimmen. Mein Herz klopft und mir wird heiß. Ich bin froh, dass er sich nicht mehr umdreht und nicht sehen kann wie es mir geht. Darum nehme ich schnell meine Schere und meinen Kamm in die Hand und beginne. Wir reden nicht und das ist gut so. Ich reiße mich zusammen und nach etwa zwanzig Minuten bin ich fertig. Noch einmal streiche ich durch seine Haare.
„Fertig.“
Ich nehme ihm den Frisierumhang ab.
„Danke Teresa.“
„Schon gut. Bringst du mir bitte einen Besen, oder Staubsauger damit ich die Haare wegputzen kann?“
Er schüttelt den Kopf, gerade als mein Handy klingelt. „Ich mach das schon.“
Ich nehme es aus der Tasche. Es ist meine Mama. Hoffentlich hatte Maxi nicht noch einen Unfall. Ich signalisiere Markus, dass ich da kurz rangehen muss und gehe durch die Terrassentür die ich hinter mir zuziehe nach draußen.
„Mama?“, frage ich besorgt.
„Hallo Resi, entschuldige. Ich wollte nur fragen ob der Maxi so eine Serie anschauen darf?“
„Ach so…ja was denn?“
„Warte ich gebe ihn dir.“
„Mama….Darf ich Feuerwehrmann Sam schauen?“
Ich schaue nach drinnen, Markus hat gerade den Staubsauger angemacht.
„Sicher mein Bärchen, aber nicht zu lange.“
„Die Oma macht Palatschinken…tschüss Mama…“
Und schon ist er wieder weg, dafür ist Mama wieder dran.
„Wir haben alles im Griff, keine Sorge, mach dir einen schönen Abend“, sagt sie schnell.
„Ja ich weiß, ich bin nicht lange weg. Palatschinken?“, frage ich lächelnd.
„Hast du doch auch immer so gerne gegessen“, antwortet sie sanft.
„Mhmmm….Danke Mama, bis später.“
Dann lege ich auf. Markus kämpft noch immer mit dem Sauger. Ich gehe wieder hinein, er stellt das Gerät zur Seite.
„Was Wichtiges?“, meint er und putzt sich die Hände am Hosenboden ab.
„Schon.“
Ich lehne mich an den Küchenschrank und lege das Handy neben mich. Die Haare sehen gut aus. Er sieht gut aus. Scheiße. Ich atme vorsichtig durch. Nur nicht zu tief atmen, sonst werde ich wieder panisch.
„Weißt du eigentlich wie ich mich gefühlt habe? Weißt du das?“, sage ich leise, aber sehr eindringlich und vorwurfsvoll.
Er schluckt und wechselt die Farbe. Ja…dafür kannst du dich ruhig schämen denke ich mir. In mir baut sich ein ungutes Gefühl auf.
Als ich dieses Haus nach dem Zusammenstoß mit seinem Vater nämlich so fluchtartig verließ, änderte sich alles. Markus musste natürlich sofort mit nach Graz zum Training, sein Vater war sehr angepisst über die Tatsache, dass er wegen einer Frau schwänzte. Ich bemerkte gleich, dass mich Herr Strasser nicht besonders schätzte. Eine halbnackte Frisörin, noch dazu merklich älter als sein Sohn, das passte ihm augenscheinlich gar nicht. Noch dazu, wenn sie ihn vom Training abhielt. Markus erzählte mir abends am Telefon, dass er im Moment nicht mehr so oft kommen wird, und meinte es werde schon einen anderen Weg geben damit wir uns weiter sehen können. Ich verstand die ganze Aufregung eigentlich gar nicht. Ich wollte nur mit ihm zusammen sein, sonst nichts.
„Wir können uns doch auch in Graz treffen, oder du kommst zu mir nach Hause. Ist doch ganz egal“, beruhigte ich ihn.
„Ja…sicher…Papa ist aber ziemlich angefressen, weil ich die letzten Wochen so oft nicht beim Training war“, stammelte er.
Ich wurde unsicher.
„Ist es weil ich älter als du bin?“, fragte ich vorsichtig.
Es war kurz still, zu gerne hätte ich ihm bei dieser Frage in die Augen geschaut und nicht telefoniert.
„Nein, das ist es nicht. Wir werden schon eine Lösung finden. Die Woche muss ich aber mal fix jeden Tag trainieren. Ich ruf dich an, ok?“
Ich seufzte weil ich schon nach ein paar Stunden vermisste und richtig verabschieden konnte ich mich auch nicht von ihm. Er hielt sein Versprechen und rief mich täglich an. Eine Woche lang. Dann wurde es mir zu viel. Ich wollte ihn einfach sehen, sein Vater war mir egal. Sollte er sich doch aufregen. Also machte ich mich an meinem freien Montag auf und fuhr in die Stadt um ihn zu überraschen. Ich beschloss ihn vom Training abzuholen. Das war echt ein Liebesbeweis, denn ich hasste es in der Stadt zu fahren. Besonders um kurz nach vier, wo sich der Verkehr in jeder Gasse stopfte. Wie durch ein Wunder schaffte ich es etwas vor fünf einen Parkplatz in der Straße vor der Schwimmhalle zu finden. Ich wartete ein bisschen und als ich einige Leute heraus kommen sah, wusste ich auch Markus wird gleich kommen. Ich freute mich so ihn endlich wieder zu sehen. Und er kam auch. Sehr locker und gelöst schlenderte er die Stufen herunter, Hand in Hand mit einem rothaarigen Mädchen. Sie lachten und waren sehr vertraut miteinander. Mir blieb das Herz stehen. Ich saß wie eingefroren da. Sie war vielleicht sechzehn oder siebzehn, auf jeden Fall jünger als er. Und jünger als ich. Viel jünger. Meine Hände begannen zu zittern, ich wollte schon aus dem Auto springen und ihn zur Rede stellen, doch da küssten sie sich auch noch. Das war zu viel. Mein Herz klopfte, nein es raste, ich schloss kurz meine Augen um sie wieder schnell zu öffnen, ich hoffte mich verschaut zu haben. Doch das Bild das sich mir offenbarte änderte sich nicht. Irgendwann verschwanden sie aus meinem Blickfeld und ich spürte wie mir langsam Tränen über die Wangen rollten. Ich war wie versteinert. Keine Ahnung wie lang, aber ich saß im Wagen und konnte mich nicht rühren. Niemals hätte ich ihm so etwas zugetraut. Niemals. Ich habe keine Erinnerung mehr daran, wie ich es schaffte nach Hause zu fahren. Alle möglichen Ausreden legte ich mir parat, die das Auftauchen mit diesem Mädchen erklären hätten können. Ich wollte es nicht glauben, ich konnte es einfach nicht glauben. Anrufen konnte ich ihn auch nicht. Ich hätte kein Wort herausgebracht. Er rief mich auch nicht an. Nicht am Montag und auch nicht am Dienstag. Mittwoch meldete er sich dann. Ich hatte mich zwar ein wenig gefangen, trotzdem konnte ich kaum sprechen.
„Warum meldest du dich denn gar nicht?“, beschwerte